Sauberer Radsport? Gammenthalers Zweifel an WM-Favorit Pogacar: «Unmenschliche Leistungen»

Luca Betschart

20.9.2024

Krönt sich Tadej Pogacar in Zürich zum Weltmeister?
Krönt sich Tadej Pogacar in Zürich zum Weltmeister?
Bild: Keystone

Die Rad-Welt gastiert ab Samstag für die Weltmeisterschaften in Zürich. Die einst so gebeutelte Sportart bleibt in junger Vergangenheit von grossen Doping-Skandalen verschont. Wieso bei den Top-Stars um Tadej Pogacar dennoch Zweifel mitfahren.

Luca Betschart

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  • Ab Samstag gehen in und um Zürich die Strassen- und Para-Cycling-Weltmeisterschaften 2024 über die Bühne. Bei den Elite-Athleten zählt Tadej Pogacar zu den grossen Favoriten auf den WM-Titel.
  • Der diesjährige Sieger der Giro d'Italia und der Tour de France weckt mit seinen herausragenden Leistungen aber immer wieder Zweifel – obwohl er noch nie in einer Dopingprobe hängen blieb.
  • Velo-Experte Henri Gammenthaler rätselt über die Leistungen des Slowenen und erklärt, wieso es trotz ausbleibender Skandale durchaus Dopingsünder in der Rad-Elite haben könnte.  

Rad-Star Tadej Pogacar fährt seine Konkurrenten in diesem Jahr regelmässig in Grund und Boden, holt sich in überragender Manier die Gesamtsiege beim Giro d'Italia und der Tour de France und will seine Saison in Zürich krönen und endlich zum ersten Mal Weltmeister werden. Dagegen spricht nach der jüngsten Machtdemonstration in Montreal nur wenig.

Die Auftritte des Slowenen sind so gut, dass sie immer wieder Anlass zu Diskussionen geben. So legt er bei der diesjährigen Tour den Anstieg nach Plateau de Beille in nur 39:50 Minuten zurück – und ist damit 3:44 Minuten schneller als der vorherige Rekordhalter Marco Pantani. Was manche in der Folge als grösste Kletterleistung der Radsport-Geschichte würdigen, ist für andere der Beweis, dass etwas faul ist.

Unmögliche Leistungen

Henri Gammenthaler
Bild: zVg

Henri Gammenthaler analysiert das Radsport-Geschehen für «blue Sport». Der Zürcher war einst selbst Fahrer, später TV- und Radio-Experte und Kommentator der Tour de Suisse.

«Es ist physiologisch nicht möglich, sich derart zu verbessern. Sie führen uns an der Nase herum», sagt etwa Antoine Vayer im Gespräch mit der «NZZ». Der ehemalige Trainer war Teil des französischen Teams Festina, als deren systematisches Doping während der Tour de France 1998 aufflog, und erhebt schwere Vorwürfe gegen Pogacar und sein Team. Beweise für seine Aussagen hat er keine. «Was wir mit eigenen Augen sehen, genügt als Beweis», sagt Vayer.

Das gilt nicht für die Dopingjäger. Trotz besseren und häufigeren Kontrollen haben weder Pogacar noch andere Spitzenfahrer in junger Vergangenheit einen positiven Dopingtest abgeliefert. Allgemein nehmen die nachgewiesenen Dopingfälle an der Tour de France in den letzten Jahren ab. 

«Die Stars werden mit Substanzen präpariert, die in keiner medizinischen Kontrolle nachweisbar sind», sagt Rad-Experte Henri Gammenthaler darauf angesprochen. Die Möglichkeiten, sich einen Vorteil zu verschaffen, seien sehr vielseitig. «Klar ist für mich: Diese unmenschlichen Leistungen sind ohne medizinische Unterstützung unmöglich.»

Einen Schritt voraus

Über die Methoden der Spitzenfahrer und deren Legalität kann aber auch Gammenthaler nur spekulieren. Was er betont: Die Fahrer werden heutzutage rund um die Uhr überwacht und von einem professionellen Umfeld betreut und beraten. «Da wird nichts dem Zufall überlassen. Und oft sind die Gejagten ihren Jägern einen Schritt voraus. »

Am Rande der Tour de France im Juli sorgt eine Methode, bei der Kohlenmonoxid inhaliert wird, um die Leistung zu steigern, für viel Wirbel. Das Kohlenmonoxid-Rückatmungs-Gerät, das eigentlich zur Messung der Blutwerte benutzt wird, erlaubt auch die Abgabe geringer Mengen von Kohlenmonoxid. Wird dieses inhaliert, sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, was die Bildung roter Blutkörperchen anregt und so leistungssteigernd wirken kann.

Auf Nachfrage räumt unter anderen das Team Emirates ein, mit solchen Geräten zu arbeiten. Man beteuert aber, diese nur zu Messzwecken der Blutwerte einzusetzen. Das reicht für den Moment aus. Denn noch ist das Prozedere nicht auf der verbotenen Liste der Welt-Anti-Doping-Agentur zu finden.

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