Der Schweizer Torhüter Nikola Portner hat eine schwierige Zeit hinter sich. Will das Team in Herning den Einzug in die WM-Hauptrunde schaffen, braucht es ihn in Topform.
Nikola Portner ist kein Lautsprecher, aber ein Mann der klaren und direkten Worte. Am Yellow Cup in Winterthur, den die Schweizer hinter der Niederlande auf dem 2. Platz beendet haben, sagte er zu einem Mitspieler, wenn er so weitermache, müsse er nicht an die WM kommen. «Es ist nie persönlich, aber es kann weh tun», schildert er in einem Mediengespräch in Stans seinen Führungsstil als Captain.
Portners Worte haben Gewicht. Er ist mit 31 Jahren der älteste im Schweizer Team und der einzige, der mehr als 100 Länderspiele (135) absolviert hat. Die Erfolge können sich ebenfalls mehr als sehen lassen. Sowohl mit Montpellier (2018) als auch mit seinem aktuellen Verein Magdeburg (2023) gewann er die Champions League.
Insbesondere im vergangenen Jahr erlebte er aber auch die Schattenseiten im Sport. Mitte April wurde er nach einem positiven Test auf Methamphetamin vom Spielbetrieb suspendiert. Ende Juni sprach ihn die Handball-Bundesliga unter anderem deshalb frei, weil die Menge der verbotenen Substanz in Portners Körper sehr gering war. Ausgestanden ist der Fall für ihn allerdings noch nicht, da die Nationale Anti-Doping Agentur Deutschlands (NADA) den Freispruch nicht akzeptiert und das Internationalen Sportgerichtshof CAS anrief.
Danach gefragt, wie er mit dem Ganzen umging respektive umgeht, antwortet er: «Es ist Scheisse, aber es geht mir wirklich sehr gut im Leben. Meine Frau und meine beiden Töchter sind gesund, ich habe etwas zu Essen. Vor viereinhalb Jahren ist mein Vater gestorben, dann merkst du, was richtig schlimm ist.» Diese Einstellung sagt einiges aus über Portner. Kurz vor den Festtagen erlebte er ein weiteres Schreckensszenario, als es in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung in Magdeburg einen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt gab. «In einer solchen Situation stellst du dir viele Fragen», sagt er dazu.
Der Traum von einer Medaille
Nun aber ist sein gesamter Fokus auf die WM gerichtet. Sein Status in der Mannschaft ist auch darauf zurückzuführen, dass er gross denkt. So sagt er: «Mein allergrösster Traum ist, irgendwann mit dem Schweizer Nationalteam eine Medaille zu gewinnen, egal wie verrückt das tönt und obwohl es unerreichbar aussieht. Diese Mentalität hat mich in die Champions League gebracht.»
Portner ist zufrieden mit der Entwicklung im Schweizer Handball. Er hebt das Beispiel des 19-jährigen Gino Steenaerts hervor; der Flügelspieler wechselt im Sommer von Kriens-Luzern zum deutschen Topteam Rhein-Neckar Löwen. «Vor zehn Jahren wäre das unvorstellbar gewesen», so Portner. «Damals musste man bei den Kadetten Schaffhausen spielen und auf einem Top-Level performen, um vielleicht – ich möchte nicht respektlos sein – bei einem Verein wie Minden unterschreiben zu können.»
Heute würden Top-Klubs Scouts in die Schweizer Liga senden, gebe es diverse Schweizer Talente mit einer äusserst professionellen Einstellung. «Als ich im Nationalteam debütierte (im November 2011), gab es Spieler, die direkt vom Ausgang zum Lehrgang kamen und nach dem Training rauchten. So war es damals. Ich bin stolz darauf, wie es momentan ist.»
Nichtsdestotrotz sieht Portner bei der Mentalität noch Steigerungspotenzial. «Wir vertreten die Schweiz manchmal so, wie wir als Volk sind. Wir sind auf dem Handballfeld zu lieb, und das ist nicht gut.» Manchmal sei es notwendig, aus dem System auszubrechen und ein Zeichen zu setzen. «Das fehlt uns manchmal in der Verteidigung. Wenn du die Gegner zum Nachdenken bringst, hast du mehr Chancen, erfolgreich zu sein.»
Voller Fokus nötig
Klar ist, dass die Schweizer, umso mehr nach dem Ausfall von Spielmacher Manuel Zehnder, am Optimum spielen müssen, um die Vorrunde unter den ersten drei abzuschliessen und damit die Hauptrunde zu erreichen. In der zweiten Partie am Freitag gegen den Olympia-Zweiten Deutschland sind sie klare Aussenseiter. Die beiden Duelle im vergangenen Jahr gingen 14:27 an der EM-Endrunde und 26:35 in der EM-Qualifikation klar verloren. «Irgendetwas passt uns nicht an ihrem Spielstil», sagt Portner. Wird zu viel in diese spezielle Begegnung investiert? «Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber bei mir spielt es keine Rolle, ob ich gegen Deutschland oder den Kosovo spiele.»
Wie sieht er die Ausgangslage in den Duellen gegen Tschechien, am Mittwochabend um 18.00 Uhr der erste Gegner, und Polen am Sonntag? Sind das für ihn 50:50-Partien? «Das sind zwei Spiele, die wir gewinnen aber auch mit zehn Toren Unterschied verlieren können, wenn wir unseren Plan nicht umsetzen. Das sind Gegner, die viel mehr Erfahrung auf internationalem Level haben als wir.» Darum gelte es, in jeder Sekunde voll fokussiert zu sein. Sollte das nicht der Fall sein, wird Portner das klar und direkt ansprechen.