Tour-Direktor Senn «Die letzten zweieinhalb Tage waren wie ein schlechter Film»

sda / mar

18.6.2023 - 13:04

Auch Tour-de-Suisse Direktor Olivier Senn hat der Tod von Gino Mäder stark mitgenommen.
Auch Tour-de-Suisse Direktor Olivier Senn hat der Tod von Gino Mäder stark mitgenommen.
Keystone

Der Direktor der Tour de Suisse hat turbulente Tage hinter sich. Im Interview blickt er auf die traurigen Ereignisse zurück und wagt einen Blick nach vorne, wo sich vieles ändern soll.

Die Tour de Suisse steht in diesem Jahrzehnt unter einem schlechten Stern. Auf die coronabedingte Absage 2020 folgte ein Jahr später die Durchführung ohne Rahmenprogramm und Zuschauer. Im letzten Sommer sorgte eine Corona-Welle dafür, dass zahlreiche Teams und Fahrer die Rundfahrt aufgeben mussten – und nun der Tiefpunkt mit dem tödlichen Unfall von Gino Mäder. Dabei hatte die 86. Ausgabe der Schweizer Landesrundfahrt mit dem Auftaktsieg von Stefan Küng aus einheimischer Sicht so vielversprechend begonnen.

Tour-Direktor Olivier Senn versucht im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA die vergangenen Tage einzuordnen und wirft einen Blick auf 2024 voraus.

Olivier Senn, wie fällt Ihr Fazit nach den aufwühlenden letzten Tagen aus?

«Es fällt mir schwer, das Ganze einzuordnen. Am Ende gibt es ein Ereignis, das alles andere überschattet. In der Retrospektive betrachtet hat die Tour de Suisse eigentlich perfekt begonnen, mit einem Velo-Fest in Einsiedeln und dem Sieg von Stefan Küng im Auftaktzeitfahren. Der Sport, das Wetter und auch die Umgebung, alles war top.»

Auch in den Tagen danach ging es erfreulich weiter.

«Ja, wir haben auch bei der Sprintankunft in Nottwil sowie den beiden Bergankünften in Villars-sur-Ollon und Leukerbad hochstehenden und spannenden Velosport gesehen. Bis Donnerstag war es die perfekte Tour de Suisse.»

Dann kam die Königsetappe nach La Punt und mit ihr der folgenschwere Sturz von Gino Mäder in der letzten Abfahrt vom Albulapass.

«Seit Donnerstagabend ist alles anders. Wir haben als Organisator die Aufgabe, möglichst viele Leute in die nächsten Entscheide einzubeziehen. Das war sehr schwierig. Auch wir haben Gino gekannt, haben einen Freund verloren, einen Rennfahrer verloren. Die letzten zweieinhalb Tage waren wie ein schlechter Film. Nichtsdestotrotz hat mein Team einen super Job gemacht.»

Am Freitagabend stellte sich die Frage: Abbrechen oder weiterfahren. War es richtig, das Rennen am Samstag wieder aufzunehmen?

«Ich bin heute (Sonntag) hundert Prozent sicher, dass es der richtige Entscheid war. Als wir ihn gefällt haben, war ich mir zwar sicher, dass es der bestmögliche Entscheid ist, aber ob es auch der richtige ist, das war ich mir nicht sicher. Mir persönlich war wichtig, sich nicht nur der Trauer zu widmen, sondern auch den schönen Erinnerungen. Rückblickend war die Gedenkfahrt am Freitagnachmittag etwas vom Wichtigsten, das wir gemacht haben. Ohne hätten wir wohl nicht weiterfahren können.»

Sie haben stets betont, dass es weiter geht oder weiter gehen muss. Sind schon Details zur Tour de Suisse 2024 spruchreif?

«Aktuell nicht. Für uns endet der Zeithorizont mit dem Ende der Tour de Suisse der Frauen am Dienstagabend. Vor dieser Tour de Suisse waren wir mit der Vorbereitung für 2024 sehr weit fortgeschritten. Wir haben fast alle Etappenorte beisammen. Ich denke nicht, dass wir grundsätzlich etwas ändern wollen. Wir werden uns mit etwas Abstand zusammensetzen, um die nächsten Schritte zu planen und die Lehren und Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Mein persönliches Gefühl ist: Die Tour de Suisse wird es weiterhin geben, aber wie diese genau aussieht, werden wir noch sehen.»

«Warum um Gottes Willen muss man solche Pässe einbauen?»

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Henri Gammenthaler, langjähriger Kommentator der Tour de Suisse, spricht mit blue News über die Folgen des tragischen Todes von Radfahrer Gino Mäder.

16.06.2023

sda / mar