Novak Djokovic, Roger Federer und Alexander Zverev fallen für die US Open aus und auch hinter Rafael Nadals Formstand steht ein Fragezeichen. Macht das Titelverteidiger Daniil Medvedev zum ganz grossen Favoriten?
Die Ausgangslage vor dem Grand-Slam-Turnier in New York ist bei den Männern so spannend wie schon lange nicht mehr. Hauptgrund dafür ist die Abwesenheit von Überflieger Novak Djokovic, der wegen der fehlenden Corona-Impfung nicht in die USA einreisen darf. «Djokovics Absenz macht das Turnier wesentlich offener», glaubt Tennis-Experte Heinz Günthardt.
«Es ist gut denkbar, dass wir einen Sieger sehen, der erstmals ein Grand-Slam-Turnier gewinnt», sagt der 63-Jährige im Gespräch mit blue Sport (im Video am Anfang des Artikels). Neben Djokovic sind mit Alexander Zverev und Roger Federer zwei weitere grosse Namen nicht am Start. Wer kann daraus Profit schlagen? Der grosse Favoritencheck vor dem Turnierstart am Montag.
Die Top-Favoriten
ATP 1
Daniil Medvedev
Der Titelverteidiger ist gemäss Buchmachern auch Top-Favorit. Unantastbar wirkt Medvedev in den letzten Wochen allerdings nicht. Nach der Zwangspause in Wimbledon gewinnt der Russe zu Beginn des Monats zwar das Turnier im mexikanischen Los Cabos, muss sich nur kurz darauf in Montreal aber bereits in der Startrunde nach einer Pleite gegen Kyrgios verabschieden. In Cincinnati unterliegt er im Halbfinal Stefanos Tsitsipas. Zumindest die Auftaktpartie gegen den Amerikaner Stefan Kozlov dürfte für Medvedev aber keine grosse Hürde darstellen.
ATP 3
Rafael Nadal
Wie fit ist der vierfache US-Open-Champion? Seit Juli in Wimbledon, wo der Spanier verletzungsbedingt nicht zum Halbfinal gegen Kyrgios antreten kann, bestreitet Nadal bloss ein Turnier. Beim Comeback in Cincinnati muss er gegen Borna Coric gleich zum Auftakt eine Niederlage einstecken. Dass Nadal aber auch nach einer suboptimalen Vorbereitung Matches und Turniere gewinnen kann, hat der 36-Jährige längst bewiesen. «Ich hoffe, dass ich mit den Mitteln, die ich heute habe, wettbewerbsfähig bin», dämpft Nadal vor dem Duell mit dem Australier Rinky Hijikata die Erwartungen. Auch das muss beim Spanier aber nichts zu bedeuten haben.
ATP 4
Carlos Alcaraz
Vor einem Jahr prescht der Spanier in Flushing Meadows bis in den Viertelfinal vor und meldet damit erstmals seine grossen Ambitionen auf höchster Stufe an. Diese stellt er in der ersten Hälfte der laufenden Saison eindrücklich unter Beweis und gewinnt in Rio de Janeiro, Miami, Barcelona und Madrid gleich vier Titel. Die Vorbereitungsturniere in Montreal und Cincinnati verlaufen für den erst 19-Jährigen zwar nicht wie erhofft, dennoch gehört die Nummer 3 der Setzliste auch bei den Buchmachern bereits zu den Top-Favoriten.
ATP 26
Nick Kyrgios
Der Bad Boy kann sein enormes Potenzial immer konstanter ausschöpfen. In Wimbledon erst im Final gestoppt, spielt er sich Anfang August in Washington zum Turniersieg. In Montreal bezwingt er kurz darauf mit Medvedev die Weltnummer 1, scheitert im Viertelfinal aber an Hurkacz. Zuletzt setzt es in Cincinnati einen Dämpfer ab, dennoch zählt der Australier mit einer Bilanz von 17:3-Siegen in den letzten 20 Partien zu den grossen Titelanwärtern. Vorausgesetzt, Kyrgios übersteht die unangenehme Aufgabe zum Auftakt gegen seinen guten Freund und Landsmann Thanasi Kokkinakis.
Die Wundertüten
ATP 29
Borna Coric
Borna Coric ist auf der ATP-Tour der Mann der Stunde. Der Kroate weist in Cincinnati die gesamte Konkurrenz eindrücklich in die Schranken, schlägt auf dem Weg zum Titel unter anderem Nadal, Auger-Aliassime und Tsitsipas und verliert dabei nur einen einzigen Satz. Die Auslosung in New York meint es zudem gut mit Coric, der zuerst auf einen Qualifikanten trifft. Experte John McEnroe traut dem 25-Jährigen gar den ganz grossen Wurf zu: «Borna sah für mich in Cincinnati besser aus als alle anderen. (…) Er ist einer derjenigen, die die US Open für sich entscheiden können.»
ATP 288
Stan Wawrinka
Die Liste der potenziellen Mitfavoriten ist lang. Dazu gehören Stefanos Tsitsipas, Jannick Sinner, Taylor Fritz oder auch Félix Auger-Aliassime. Und mit etwas Wunschdenken ist aus Schweizer Sicht auch Stan Wawrinka nicht ganz zu vergessen.
Der Romand kommt seit seinem Comeback nur schwer in die Gänge und muss zuletzt fünf Pleiten in Folge einstecken. Doch Wawrinka ist einer der wenigen Spieler im Tableau, die wissen, wie man das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres für sich entscheidet. Bei seinem bisher letzten Auftritt in New York 2019 schlägt der Schweizer etwa Novak Djokovic und stösst bis in den Viertelfinal vor. Übersteht der Schweizer die ersten Runden schadlos, ist er erfahrungsgemäss nicht mehr so leicht zu stoppen.