US Open, Tag 8 US Open, Tag 8: Williams nach hartem Kampf durch ++ Machtdemonstration von Thiem ++ Hasstiraden gegen Linienrichterin ++ Geldstrafe für Djokovic

lbe

8.9.2020

Tag 8 bei den US Open: Dominic Thiem zieht mit einer Machtdemonstration in den Viertelfinal ein, Serena Williams ist einen Schritt näher am 24. Major-Titel und die von Novak Djokovic getroffene Linienrichterin erhält Morddrohungen.

Hasstiraden gegen getroffene Linienrichterin

Laura C. erlangt am Sonntag von einer Sekunde auf die andere unfreiwillig Berühmtheit. Hauptverantwortlich dafür ist Novak Djokovic, der in seiner Achtelfinal-Partie der US Open kurzzeitig die Beherrschung verliert und einen Ball unkontrolliert wegschlägt. Er trifft C. genau an der Kehle, die Linienrichterin geht sofort zu Boden und ringt nach Luft. Damit aber nicht genug.

Am Montag folgt das böse Erwachen. Weil Djokovic wegen dieser Unbeherrschtheit disqualifiziert wird, ist die Frau das Ziel von zahlreichen Anfeindungen im Netz. Denn während die Organisatoren der US Open mit der Veröffentlichung ihres Namens zögern, macht eine serbische Boulevardzeitung Clarks Instagram-Profil öffentlich, wie die «dailymail» berichtet. Und so lernt C. vor allem die negativen Seiten des Berühmtseins kennen.

Novak Djokovic entschuldigt sich nach dem Volltreffer bei Linienrichterin Laura C. (links).
Novak Djokovic entschuldigt sich nach dem Volltreffer bei Linienrichterin Laura C. (links).
Bild: Getty

Grenzen gibt es keine

In zahlreichen Kommentaren wird der Linienrichterin vorgeworfen, geschauspielert und so die Disqualifikation von Djokovic provoziert zu haben. Auch für ihre Vorliebe für Wein wird sie beschimpft. «Du kannst literweise Alkohol trinken, aber keinen kleinen Tennisball überleben? Schlechte Schauspielerei. Schamlos», schreibt ein User beispielsweise. Beinahe jeder Beitrag auf ihrem Profil – das erste Foto geht immerhin ins Jahr 2011 zurück – ist mittlerweile mit Hasskommentaren versehen.

Grenzen gibt es dabei offenbar keine. 2008 verlor die Linienrichterin ihren Sohn Josh, der im Alter von nur 25 Jahren durch einen Velounfall ums Leben kam. «Mach dir keine Sorgen, du wirst bald zu ihm stossen», ist auf ihrem Instagram-Profil gemäss Berichten von «dailymail» zu lesen. Aufgrund der Hasstiraden sollen die Organisatoren der US Open in Erwägung ziehen, sie vorerst nicht mehr einzusetzen. 

Geldstrafe für Djokovic nach Disqualifikation

Aufgrund seines unsportlichen Verhaltens muss Novak Djokovic zusätzlich 10'000 US-Dollar Strafe zahlen. Das berichtete die Nachrichtenagentur AP am Montag. Auch sein gewonnenes Preisgeld in Höhe von 250'000 US-Dollar werde Djokovic verlieren, hatte der amerikanische Tennisverband angekündigt.

Australian-Open-Siegerin Kenin scheitert im Achtelfinal – Medwedew weiter

Die Australian-Open-Siegerin Sofia Kenin scheidet beim US Open überraschend klar im Achtelfinal aus. Kenin unterliegt der Belgierin Elise Mertens mit 3:6, 3:6.

Mertens erreichte damit wie schon im letzten Jahr in New York die Viertelfinals. Die Weltranglisten-18. überzeugte gegen die favorisierte und an Nummer 2 gesetzte Kenin mit einer fast fehlerfreien Vorstellung. Während Kenin nun bald nach Europa reist, wo sie sowohl in Rom als auch in Paris antreten wird, bekommt es Mertens im Viertelfinal mit Victoria Asarenka zu tun, die nach dem Erfolg gegen die Tschechin Karolina Muchova weiter vom dritten Grand-Slam-Titel träumen kann.

Im Männertableau unterstrich Vorjahresfinalist Daniil Medwedew seine herausragende Form. Der 24-jährige Russe liess dem Amerikaner Frances Tiafoe beim 6:4, 6:1, 6:0 keine Chance. Der Match dauerte bloss 100 Minuten. Medwedew hat zusammen mit Thiem zuletzt den stärksten Eindruck in New York hinterlassen. Die beiden könnten im Halbfinal aufeinander treffen. Dafür muss Thiem den Australier Alex De Minaur schlagen und Medwedew seinen Landsmann Andrej Rublew.

US-Open: Die Nacht auf Dienstag

Thiem eliminiert Auger-Aliassime in 3 Sätzen

Dominic Thiem bezwingt den kanadischen Youngster Felix Auger-Aliassime mit 7:6, 6:1 und 6:1. Nach einem umkämpften ersten Satz, der in beide Richtungen hätte gehen können, spielt Thiem immer stärker auf und treibt seinen Gegner zunehmend in die Verzweiflung. Was auch immer der 20-jährige Auger-Aliassime versucht, Thiem hat immer eine Antwort und am Ende ganze 31 Punkte mehr auf dem Konto. Im Viertelfinale geht es für Thiem übermorgen gegen den Australier Alex de Minaur.


Williams nach hartem Kampf durch

Serena Williams nimmt den nächsten Schritt auf dem Weg zum erhofften 24. Grand-Slam-Titel. Die sechsmalige Titelträgerin schlägt Maria Sakkari, der sie vor rund zwei Wochen noch unterlag, mit 6:3,6:7 und 6:3 und zeigt mal wieder, dass sie am gefährlichsten ist, wenn sie mit dem Rücken Richtung Wand steht. Im ersten Satz hat sie drei Breakbälle gegen sich, nur um dann zuerst alle Breakbälle abzuwehren und dann selber ein Break zu holen.



Auch im dritten Satz muss sie sich von einem Rückschlag erholen, als sie zunächst Satz Zwei abgibt und dann auch noch 0:2 hinten liegt. Wieder kann sie das Momentum und den Spielstand drehen und so geht sie als verdiente Siegerin vom Court, auch wenn man eine gut spielende Maria Sakkari loben muss. Williams trifft in der Runde der letzten Acht auf Tsvetana Pironkova, die ihrerseits gegen die Französin Alizé Cornet in drei Sätzen die Oberhand behält.


Oberschiedsrichter erklärt Djokovics Disqualifikation

Sören Friemel ist seit 2014 «Head of Officiating» beim Tennis-Weltverband ITF und damit quasi die oberste Instanz des Schiedsrichterwesens. Bei den US Open fungiert er seit dem letzten Jahr zudem als Oberschiedsrichter, weshalb der Deutsche am Sonntag den undankbaren Entscheid treffen musste, Novak Djokovic nach einer Unbeherrschtheit vom Turnier auszuschliessen. In einer virtuellen Medienrunde erklärt er danach, wieso ihm keine andere Wahl blieb.



«In diesem Fall gab es meiner Meinung nach keine Möglichkeit für eine andere Entscheidung als Novak zu disqualifizieren. Denn die Fakten waren so klar, so offensichtlich. Die Linienrichterin war eindeutig verletzt und Novak war wütend. Er schlug den Ball ohne Rücksicht zurück. Wenn man alles in Betracht zieht, war kein Ermessensspielraum vorhanden», schildert Friemel. Zudem habe Djokovic auf dem Platz zugegeben, den Ball aus Wut weggeschlagen zu haben.

Ob mit Absicht oder nicht, spiele in diesem Fall eine untergeordnete Rolle. «Die Absicht wird miteinbezogen, aber vor allem gibt es zwei Faktoren: die Handlung und das Resultat. Und die Handlung – selbst ohne Absicht – mit dem Ergebnis, dass die Linienrichterin getroffen und verletzt wird, ist in diesem Entscheidungsprozess der wesentliche Faktor», erklärt Friesel und erwähnt: «Hätte er es mit Absicht gemacht, hätten wir auch nicht diese lange Diskussion gehabt – so aber wollten wir alles berücksichtigen.»

Sören Friemel (links) und Novak Djokovic diskutierten nach dem verhängnisvollen Zwischenfall minutenlang.
Sören Friemel (links) und Novak Djokovic diskutierten nach dem verhängnisvollen Zwischenfall minutenlang.
Bild: Getty
Überraschungsmann Pospisil ausgeschieden

Für Vasek Pospisil bedeutet der US-Open-Achtelfinal gegen Alex de Minaur Endstation. Nachdem der Kanadier auf dem Weg dahin überraschend Bautista Agut und Raonic schlagen konnte, muss er sich dem Australier deutlich in drei Sätzen mit 6:7, 3:6, 2:6 geschlagen geben. De Minaur trifft im Viertelfinal auf den Sieger der Partie zwischen Dominic Thiem und Félix Auger-Aliassime.


Wer krönt sich zum Grand-Slam-Sieger?

Mit der Disqualifikation von Novak Djokovic nach dessen Unbeherrschtheit im Spiel gegen Pablo Carreño Busta scheitert am Sonntagabend der letzte verbliebene aktive Major-Sieger im Männer-Tableau. Damit ist klar: Es wird einen neuen Grand-Slam-Sieger in der Geschichte des Männer-Tennis geben. Aber wer hat die besten Karten? Zum Favoriten-Check.



Die ausstehenden Achtelfinals der Männer

Die ausstehenden Achtelfinals der Frauen


Becker: «Verrücktes Turnier – verrückter Sieger»

Nach dem Skandal bei den US Open traut Tennis-Ikone Boris Becker auch dem deutschen Spitzenspieler Alexander Zverev den Titel zu. Ein klarer Favorit sei nach der Disqualifikation des serbischen Topfavoriten Novak Djokovic aber nicht auszumachen. «Dies wird ein verrücktes Turnier mit einem verrückten Sieger», sagte der Eurosport-Experte (52) am Montag und meinte mit Blick auf den Hamburger Viertelfinalisten Zverev: «Es ist sicher eine Chance für ihn, aber es ist eine Chance für jeden, der noch übrig ist im Turnier. Er wird noch viele Chancen haben, einen Grand Slam zu gewinnen, er könnte hier bei den US Open anfangen.»

Nach Meinung des dreimaligen Wimbledonsiegers steigt jetzt aber auch der Druck. «Es kann nervenaufreibend sein, diese einmalige Chance zu haben. Wir müssen sehen, wer damit am besten umgehen kann», sagte Becker: «Ich kann keinen speziellen Namen nennen.»


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