Wimbledon Federer: «Diesmal bin ich eher wütend als enttäuscht oder traurig»

Luca Betschart, Wimbledon

14.7.2019

Nach der bitteren Finalpleite gegen Novak Djokovic zeigt sich Roger Federer an der Pressekonferenz gefasst. Obwohl er den verpassten Chancen auch nachtrauert – beim Schweizer überwiegt die Wut.

Es sollte nicht sein. Trotz erneut starkem Auftritt verliert Roger Federer den Wimbledon-Final nach knapp fünf Stunden im alles entscheidenden Tiebreak beim Stand von 12:12 – eine Regelung, die an der Church Road dieses Jahr neu eingeführt wurde. «Es ist wie es ist. Ich respektiere die Regeln, wie sie sind», verschwendet er keine Gedanken daran, was gewesen wäre, wenn wie noch letztes Jahr der fünfte Satz ausgespielt worden wäre.



Es sind andere Dinge, die dem Schweizer so kurz nach der Partie durch den Kopf schwirren. Zum Beispiel, dass er bereits die Sätze zwei und drei in der Kurzentscheidung abgeben musste. «Ich glaube, es war im zweiten Tiebreak, als ich sehr viele Chancen hatte. Aber es lief dann häufig nicht zu meinen Gunsten. Ich spielte mich in den Punkten in perfekte Situationen, war dann aber doch nicht erfolgreich. Das hat sicher weh getan.»

Sein serbischer Kontrahent dagegen habe in allen Tiebreaks jeweils sehr gut gespielt. «Es ist klassisch: Wenn du der sichere Spieler bist, dann spielst du es auch im Tiebreak einfach runter und schaust, was der andere machen kann. Das macht Djokovic generell immer sehr gut.»

Ein falscher Entscheid beim Matchball

Federer lässt aber auch nach dem Verlust des dritten Satzes den Kopf nicht hängen, schlägt zurück und ist schlussendlich nur einen Schlag vom Sieg entfernt, als er beim Stand von 8:7 im fünften Satz bei eigenem Aufschlag zu zwei Matchbällen kommt. «Wenn der erste (Service, Anm. der Redaktion) bei 40:15 rüber geht, ist es wahrscheinlich ein Servicewinner oder ein Ass. Djokovic ging auf die andere Seite.»

Der erste Aufschlag bleibt aber im Netz hängen, der Baselbieter muss über den zweiten und macht da wohl ausnahmsweise einen taktischen Fehler. «Ich hatte da noch andere Ideen, es ist letztlich schade, dass ich diese nicht umgesetzt habe. Ich wollte beim zweiten Matchball Serve and Volley spielen – er chippte den Ball dort nur zurück, dann hätte ich einen einfachen Volley gehabt.» In dem Moment habe er sich aber gesagt, dass er das jetzt so runterspiele wie bis anhin. «Denn ich kam damit sehr gut durch.»

In der Tat bringt Federer die Weltnummer eins dank seiner offensiven taktischen Ausrichtung an den Rand der Niederlage, hat auch im beim Stand von 11:11 nochmals zwei Chancen, erneut mit Break vorzulegen. Kurze Zeit später ist die dramatische Partie aber verloren.

«Bin ich eher wütend als enttäuscht oder traurig»

Erinnerungen an 2008 werden wach, als Federer – damals gegen Nadal – ebenfalls in einem epischen Finalduell den Kürzeren zog. Im Unterschied zu heute war dem Schweizer die Enttäuschung damals noch mehr anzumerken. «Ich bin älter», sagt er darauf angesprochen: «Diesmal bin ich eher wütend als enttäuscht oder traurig. So spür ich es momentan.»

Dennoch wird er auch im Alter von beinahe 38 Jahren etwas Zeit brauchen, um diesen Rückschlag wegzustecken: «Irgendwann vergisst man es, meistens recht schnell. Ich finde, desto weniger man darüber reden muss, desto besser. Denn es bringt ja nichts, ich kann nicht zurückgehen und nochmals spielen.» Leider hat er Recht…

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