Auch wegen seiner Fans will Roger Federer seine Karriere nach wie vor nicht beenden. Hinter der Rückkehr auf den Tennisplatz stehen aber dicke Fragezeichen.
Vergangene Woche noch stellt der populäre Trainer Darren Cahill ein Blitz-Comeback von Roger Federer in Aussicht und spricht von der möglichen Teilnahme des Baslers bei den Australian Open im Januar. Die geweckten Hoffnungen der Federer-Fans währen aber nur kurz.
«Die Wahrheit ist, dass ich unglaublich überrascht wäre, wenn ich im Sommer in Wimbledon schon wieder spiele würde», widerlegt der Maestro die Aussagen von Cahill im Gespräch mit dem Westschweizer Journalisten Mathieu Aeschmann. «Ich muss geduldig sein, meinem Knie Zeit geben, damit es sich 100 Prozent erholen kann.»
Federer hütet sich aus guten Gründen vor einer überstürzten Rückkehr auf den Court. In den letzten zwei Jahren kann er bloss 6 Turniere und 19 Matches bestreiten. Seit der ersten Knieoperation nach dem Halbfinal-Aus bei den Aussie Open 2020 spielt der Körper nicht mehr wie erhofft mit. Nach einem zweiten Eingriff im Sommer 2020 gibt Federer erst im März dieses Jahres und nach über 400 Tagen Zwangspause in Doha sein Comeback.
Mit Schmerzen im Wimbledon-Viertelfinal
Von der Verletzungshexe bleibt er aber nicht lange verschont. Bereits im Juni beim Vorbereitungsturnier in Halle gegen Auger-Aliassime merkt er, dass etwas nicht stimmt. Trotzdem spielt er sich kurz darauf in Wimbledon unter Schmerzen in den Viertelfinal, wo das Abenteuer gegen Hubert Hurkacz aber brutal endet. Den vierten und letzten Satz verliert Federer gar gleich mit 0:6.
Im Anschluss muss Federer erneut unters Messer, diesmal aber ohne mögliche Alternativen. «Ich hätte diese Operation auf jeden Fall durchführen müssen, um mein langfristigeres Wohlergehen zu sichern», unterstreicht der Baselbieter die Notwendigkeit des Eingriffs. Der unglückliche Abgang in Wimbledon ist denn auch Ansporn für die angepeilte Rückkehr. «Dass ich noch alles investiere, um nochmals zurückzukommen, ist auch meine Art, mich bei den Fans zu bedanken. Sie haben Besseres verdient als das Bild, das meine Rasensaison hinterlassen hat», so Federer.
Mut macht ihm dabei der erste abgehaltene Check nach der dritten Operation am lädierten Knie, der gemäss dem Basler ermutigend verläuft. So ermutigend, dass ein Rücktritt derzeit kein Thema ist. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, welch erneut langer und beschwerlicher Weg vor dem Maestro liegt.
«Mein Herz sagt heute ja»
In diesen will Federer aber all sein Herzblut stecken. «Ob ich 2022 oder erst 2023 zurückkehre, mit 40 oder 41 Jahren – das macht für mich keinen grossen Unterschied. Die Frage ist vielmehr: Werde ich es schaffen, mich für mein Comeback nochmals Tag für Tag zu quälen? Mein Herz sagt heute ja. Also gehe ich die Dinge Schritt für Schritt an.»
Bei einem normalen Heilungsverlauf erhoffen sich die Ärzte, dass der 20-fache Grand-Slam-Sieger im Januar wieder mit leichtem Jogging loslegen kann. Ab März oder April sollte das Knie Trainings mit Wettkampfbelastung wieder verkraften. «Obschon ich weiss, dass das Ende nah ist, möchte ich versuchen, nochmals ein paar grosse Spiele zu bestreiten», so Federer. Er wolle wissen, was er als Tennisprofi noch leisten kann.
Der Glaube an einen ganz grossen Titel lebt nach wie vor. «Niemand weiss das. Weder die Ärzte noch ich», sagt Federer und fügt an: «Aber es ist mein ultimativer Traum, noch einmal zurückzukehren. Und tatsächlich glaube ich immer noch daran. Ich glaube an diese Art von Wunder. Ich habe sie schon erlebt.»