Linienrichter Zogaj muss aufhören Der beste seines Fachs ist mit 45 Jahren zu alt für die Super League

Michael Wegmann

2.1.2025

Bekim Zogaj musste dieses Jahr als Linienrichter altersbedingt aufhören.
Bekim Zogaj musste dieses Jahr als Linienrichter altersbedingt aufhören.
Bild: Imago

Bekim Zogaj stand an der EM an der Seitenline, im Camp Nou, im Joggeli – nun ist seine Aktivkarriere mit 45 Jahren als Schiedsrichter-Assistent zu Ende. Frustriert ist er trotz Altersguillotine aber nicht.

Michael Schifferle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Bekim Zogaj war 15 Jahre lang Schiedsrichter-Assistent auf höchster Stufe. Im Sommer stand er gar an der Seite von Sandro Schärer an der EM in Deutschland im Einsatz.
  • Seine Karriere beendete er am 21. September beim Klassiker zwischen Basel und Zürich. Bis Ende Jahr hätte er noch pfeifen dürfen, länger aber nicht.
  • Denn in der Schweiz sind die Regeln strikt: 45 darf ein Unparteiischer auf höchstem Level sein – kein Jahr älter. Für die Champions League dagegen wäre er noch nicht zu alt.
  • Künftig amtiert Zogaj als Stellvertreter von Schiri-Boss Daniel Wermelinger, er wird Chef der Schweizer Ref-Assistenten – nebst einem 100-Prozent-Job beim Tiefbauamt Winterthur.

Es war der 21. September beim Klassiker Basel gegen Zürich vor 36’000 Fans. Die Nachspielzeit hatte eben begonnen, als Bekim Zogaj ein erstes Mal loslassen konnte. «Ich sagte mir, so, jetzt geniesst du die letzten Minuten.»

Es war eine Woche vor seinem 45. Geburtstag, und er wusste, dass er seine letzten Minuten im Spitzenfussball erleben würde. Nach 15 Jahren als Schiedsrichter-Assistent auf höchster Stufe würde bald Schluss sein. Nach Einsätzen in der Super oder der Champions League oder zuletzt gar an der EM in Deutschland, als er Sandro Schärer zu Seite stand – «und mich über jedes Spiel genau gleich freute, egal wo, egal wann, egal wer spielte».

Mit dem Schlusspfiff im St. Jakob-Park war die Aktivkarriere zu Ende. Ein bisschen früher als nötig, denn Zogaj hätte bis Ende des Kalenderjahres aktiv sein können. Und Zogaj, der gebürtige Winterthurer, ist mit sich auch im Reinen. Beide Klubs hatten ihm auch noch ein Dress geschenkt, der FCB und der FCZ. Zogaj: «Das ist keine Selbstverständlichkeit.»

Strikte Regeln in der Schweiz

Gleichwohl wars ein Abschied, der nicht ganz freiwillig war. Denn auch bei Zogaj hätte Ende Jahr die Altersguillotine den Entscheid übers Karriereende gefällt. Mit 45. Der Deutsche Felix Brych pfeift mit 49 noch, der Italiener Daniele Orsato leitete noch mit 48 EM-Partien. In der Schweiz aber sind die Regeln strikt: 45 darf ein Unparteiischer auf höchstem Level sein – kein Jahr älter.

Zogaj hätte gerne weitergemacht – zu sehr liebt er den Beruf als Unparteiischer. Frustriert ist er aber keineswegs. Er kennt zum einen die nationalen Regeln, zudem steht er vor interessanten Aufgaben: Künftig amtiert er als Stellvertreter von Schiri-Boss Daniel Wermelinger, er wird Chef der Schweizer Ref-Assistenten – nebst einem 100-Prozent-Job beim Tiefbauamt Winterthur.

Dass nicht jeder verstehen muss, dass die Schiedsrichter genau in jenem Alter ausscheiden, in denen sie kraft ihres Alters und ihrer gewachsenen Persönlichkeit über mehr Autorität und Erfahrung verführen denn je? Das versteht auch Zogaj. Er aber behält die schönen Erinnerungen.

«Ich schlafe besser dank VAR»

Er denkt gerne zurück. Das erste Champions-League-Spiel etwa, 2020, Barcelona gegen Ferencvaros. Aber auch Negativbeispiele. Eins vor allem: Mal assistierte er Sascha Amhof, als der im Rahmen eines Schiri-Austauschs in der österreichischen Bundesliga pfiff – und übersah, dass das Siegtor von Altach gegen Grödig in der Nachspielzeit aus einer Offside-Position fiel. Zogaj: «Er stand um eine Schuhspitze im Offisde. Aber Amhofs Bild wurde eine Woche durch die Medien gezerrt. «Da hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen», sagt Zogaj.

Auch darum schätzt er den VAR. «Ganz ehrlich: Ich schlafe besser. Und auch wenn noch immer mal Fehler passieren – unterm Strich macht der VAR den Fussball fairer.» Dennoch setzt sich Zogaj zum Ziel, die Assistenten, für die er künftig die Verantwortung trägt, zu mutigen, selbstbewussten Unparteiischen zu schulen. «Sie sollen so entscheiden, als gäbe es keinen VAR.» Zudem will er ihr Einfühlungsvermögen schärfen. «Das brauchst du als Ref und als Assistent. Es braucht auch Menschlichkeit. Darum hatte ich es mit fast allen gut, ob mit Spielern oder Trainern.»

«Mit Social Media wurden die Beleidigungen schlimmer»

Leben gelernt hat er mit der Kritik, die jeden Unparteiischen trifft – zwischendurch auch mit Morddrohungen. «Als ich anfing, war Social Media kein Thema. Heute sind sie omnipräsent und führen dazu, dass die Hemmschwelle immer mehr sinkt und die Wortwahl immer bedenklicher wird», sagt Zogaj. «Aber mehrheitlich werden wir Schiedsrichter respektiert.»

Er selbst spielte als 17-Jähriger in der 2. Liga beim FC Wiesendangen, dem Stammklub von Manuel Akanji, und leitete 1.-Liga-Partien als Hauptschiri – bis er sich auf die Assistentenkarriere konzentrierte und besonders unter Schärer das internationale Parkett entdeckte. Und dort seine Passion auslebte. Nun gibt er sie als Verbandsfunktionär (Coach/Instruktor) und Supervisor im Video Operationsraum in Volketswil weiter.


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