Mario Sager trainierte gleich sechs U14-Spieler, die es in den Profifussball schafften. Er erlebte aber auch, wie brutal das Schicksal zuschlagen kann.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Mario Sager coachte beim FC Luzern gleich sechs U14-Spieler, die es später in den Profifussball schafften.
- Mit blue Sport blickt der 39-Jährige zurück und plaudert ein paar Anekdoten aus. Es sind schöne Episoden dabei, die ihn mit Stolz erfüllen, aber auch traurige.
- Dass gleich mehrere seiner damaligen Spieler Profis wurden, will er aber keinesfalls für sich in Anspruch nehmen. Es seien sehr viele Personen involviert gewesen und natürlich verfügten auch die Spieler selbst über grosses Talent.
Ein Nachwuchs-Team zu trainieren, kann unheimlich zufrieden machen – erst recht, wenn man es mit den Besten eines Jahrgangs zu tun hat. Sie formen, sie schleifen, sie entwickeln und womöglich durchstarten sehen. Davon träumen Ausbilder, egal in welcher Sportart und unabhängig auf welcher Stufe.
Glück – und eiserner Willen
Mario Sager kann ein Lied davon singen. 2009/10 trainierte er die U14 des FC Luzern – ein Team, das herausragt. Sechs Spieler, die durch Sagers Schule gingen, haben es zum Profi gebracht. Namen wie Aldin Turkes, der zuletzt in Lausanne und Winti spielte und nun in Sarajewo unter Vertrag steht; Nicolas Haas, der es in die Serie A zu Atalanta und nun Empoli schaffte; Stefan Knezevic, der den FCL regelmässig als Captain aufs Feld führt; Remo Arnold, seit Jahren Teamleader in Winterthur; Harun Alpsoy, den es in die Türkei zog, erst zu Antalyaspor und dann zu Adanaspor; oder Noam Baumann, der einstige Goalie von Lugano, der inzwischen auf Kreta spielt.
0 bis 1 heisst die Quote von U14-Spielern, die es bis zum Profi schaffen. Was also hat Sager richtig gemacht? Er selbst spielte im FCL-Nachwuchs, auch zweimal zu Challenge-League-Zeiten in der Mitte der Nullerjahre in der ersten Mannschaft, später 1. Liga und 2. Liga Inter, zum Beispiel in Eschenbach, wo sein Team im Cup gegen den FC Basel und die damaligen Challenge-Ligisten Winterthur und Wohlen antraten. Danach ist der Trainerjob seine Berufung geworden. «Es war natürlich auch Glück, dass so viele Spieler zur selben Zeit in derselben Mannschaft spielten, aber ich wusste, wie ich jeden Einzelnen anpacken musste.»
Dass Sager, inzwischen 39 Jahre alt, ein Gespür für Menschen haben muss, belegt sein beruflicher Weg: 38 Mitarbeitende führt er als Geschäftsführer einer Firma, die Sportcamps und Sportevents anbietet. Beim FCL kommt die Wende der U14 nach einer 0:5-Niederlage in St. Gallen, bei der Teamleader Haas sogar noch einen Penalty verschoss. Sager tritt angefressen vor die Truppe und stellt ihr die Sinnfrage: «Habt ihr Lust, jedes Wochenende zu opfern, um in der Schweiz herumzufahren und dann 0:5 zu verlieren? Mir ist die Zeit zu schade», wirft der damals 24-jährige Trainer entgegen.
Er wusste, die Mannschaft hat zwar Riesenpotenzial, aber eben auch das Problem, dass ihr das vollauf bewusst war – ein Hang zur Genügsamkeit entwickelte sich, etwa in Person von Knezevic. «Stefan war ein Riesentalent, das sieht man heute ja auch. Eine Persönlichkeit. Aber wenn er keinen Sinn hinter einer Übung sah, zum Beispiel im Kondi-Training, war er einfach faul. Sobald es aber nur schon bei einem Lattenschiessen um den teaminternen Sieg ging, da brannte er.»
Sager lenkte das in die richtige Bahn. Oder das Beispiel Nicolas Haas. «Er studierte vielleicht zu viel und hemmte sich immer wieder selbst. Da ging es darum, Lockerheit zu vermitteln, Druck von ihm zu nehmen.»
Nach dem 0:5 in St. Gallen verliert die U14 des FCL kein Spiel mehr – fegt unter anderem die beiden Tabellenleader, den FCZ auswärts und Basel zuhause 5:2, vom Feld. Die Mannschaft hat einen Riesenlauf, und Sager verfolgt auch danach jeden Einzelnen mit grösstem Interesse und auch ein bisschen Stolz.
Gerade das Beispiel Knezevic zeigt Sager im Übrigen, dass neue Ausbildungsmodelle im U14-Bereich, wie sie im Verband gepflegt werden, seines Erachtens nicht die entscheidenden Fähigkeiten fördern: «7 gegen 7 quer über das Feld und ohne Resultat – das bringt doch nichts.» So früh wie möglich, zumal mit 14, sollen auch Fähigkeiten geschult werden, die man als Profi braucht: Wettkampfhärte, Siegeswillen, Unnachgiebigkeit. «Diese Mentalität hat die Jungs von damals in die Super League gebracht.» Die Jungs hatten aber etwas gemeinsam. Eine grosse Liebe zum Fussballspiel und Spass und Freude in jedem Training.
Der Fall Rupperswil
Wie brutal und unfair das Schicksal zuschlagen kann, erlebt Sager aber auch. Zur U14 gehört auch Dion Schauer. Beim 5:2 gegen Basel erzielte er damals gar zwei Tore. Später wird er mit seiner Mutter, seiner Freundin und seinem kleinen Bruder Opfer des Vierfach-Mordes in Rupperswil. Schauer ist damals 19-jährig. «Dion war ein derart guter Typ, sympathisch, herzlich. Wie auch seine Mutter, die an fast jedes Spiel kam, oder sein Vater, der ihn immer von Rupperswil nach Luzern ins Training fuhr.»
Schauer habe nach der U14 Zeit dann bald einmal zurück in seine Heimat gewechselt, weil der Weg nach Luzern dann doch zu viel wurde. «Dann las ich etwas von einem Vierfach-Mord, und plötzlich merkte ich, dass Dion ein Opfer ist.» Ein Schock, den Sager wie alle, die die Familie kannten, nur mühevoll verarbeiteten.
Wichtig in jeder Phase des Lebens ist die Familie. Sager hat vier Kinder, zwischen eins und zehn Jahre alt. Die beiden älteren Kids Fabian und Emilia trainiert er inzwischen beim SC Seengen. Irgendwann wurde der Aufwand zu viel. Er spielte selber, trainierte – später noch die 1. Mannschaften in Hitzkirch oder Küssnacht am Rigi. Seine Firma wuchs, und es war immer schwerer, den Beruf mit dem 50-Prozent-Pensum beim FCL zu vereinbaren. Sager entschied sich für die Firma – und später für die Familie. «So kann ich allen nahe sein. Das ist einfach nur schön.»
Stolz über seine Erfolge als Ausbilder beim FCL ist er aber nach wie vor. Er möchte jedoch betonen, dass sehr viele Trainer und ganze Ausbildungsteams während den Juniorenjahren mit den sechs genannten Profi-Spielern gearbeitet haben.
Saison 2009/10: Mannschaftsfoto von Luzerns U14
Oben von links nach rechts: Mario Sager, Fabio Niederhauser, Ramon Barmettler, Stefan Knezevic, Alex Halef, Aldin Turkes, Ivo Thalmann, Joel Steiger, Dion Schauer, Yves Roeskens.
Unten von links nach rechts: Luca Müller, Harun Alpsoy, Fabio Rutschi, Jeffrey Keiser, Marco Vrhovac, Noam Baumann, Joel xy , Marcell Wicki, Robin Zemp.