Karriere hing am seidenen Faden Der steile Aufstieg von Strahlemann Franjo von Allmen

Patrick Lämmle

17.1.2025

Franjo von Allmen wird eine grosse Karriere vorausgesagt – erste Erfolge hat er bereits vorzuweisen.
Franjo von Allmen wird eine grosse Karriere vorausgesagt – erste Erfolge hat er bereits vorzuweisen.
Keystone

Franjo von Allmen hat sein Potenzial schon mehrfach unter Beweis gestellt, der erste Sieg war nur eine Frage der Zeit. Nun hat er das Kunststück in Wengen vollbracht. Der 23-Jährige gewinnt den Super-G dank einer entfesselten Fahrt vor Routinier Vincent Kriechmayr und Stefan Rogentin.

Patrick Lämmle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Franjo von Allmen ist eines der grössten Schweizer Ski-Talente. Am Freitag gewinnt der 23-Jährige in Wengen den Super-G, es ist sein erster Sieg im Weltcup.
  • Die Vorbereitung auf die neue Saison lief nicht nach Plan. Eine Verletzung setzte ihn für sechs Wochen ausser Gefecht. In den letzten vier Rennen steht er drei Mal auf dem Podest.
  • Seine Karriere sei «sauber aufgegleist», meint der Mann, den man selten ohne dickes Grinsen im Gesicht sieht.
  • Von Allmen kennt aber nicht nur die Sonnenseite. Als er 17 Jahre alt ist, stirbt sein Vater und seine Karriere hängt aus finanziellen Gründen am seidenen Faden.

Beat Feuz schwärmt in höchsten Tönen von Franjo von Allmen. Und die Ski-Legende hat geahnt, dass am Freitag die Stunde des jungen Schweizers mit dem Dauergrinsen im Gesicht schlagen würde. In allen Interviews habe er gesagt, dass er Von Allmen auf die 1 gesetzt habe – und er hat es auch Franjo direkt gesagt, wie der im Interview bei SRF nach seinem sensationellen Sieg verrät.

Natürlich musste man Franjo von Allmen nach seinen zuletzt starken Auftritten auf dem Zettel haben. Ende Dezember wurde er im Super-G in Bormio 6., nachdem er tags zuvor in der Abfahrt Zweiter wurde, so wie schon eine Woche zuvor auch in Gröden.

Von Allmen selbst hatte die Erwartungen vor den Lauberhorn-Rennen aber noch gedrückt. «Man darf jetzt nicht in jedem Rennen ein Podest erwarten», sagte er im Rahmen einer Pressekonferenz (Video unten). Gleichzeitig strahlte er schon da viel Zuversicht aus. Man sieht ihm in jeder Sekunde an, dass er Spass an dem hat, was er tut.

Franjo von Allmen: «Man darf jetzt nicht in jedem Rennen ein Podest erwarten»

Franjo von Allmen: «Man darf jetzt nicht in jedem Rennen ein Podest erwarten»

Franjo von Allmen strahlt an der Pressekonferenz vor den Rennen am Lauberhorn viel Zuversicht aus, bleibt gleichzeitig aber bescheiden.

15.01.2025

Der harzige Beginn in die neue Saison

Zu Beginn der Saison sind seine Leistungen noch nicht herausragend gut, was auch damit zusammenhängt, dass er im September von einer Verletzung ausgebremst wird. Eine Knochenprellung am Schienbein und am Oberschenkelknochen zwingen ihn zu einer rund sechswöchigen Pause, in der er nicht Skifahren darf. Passiert sei es «privat», nicht im Training. Viel mehr wollte der 23-Jährige damals dazu nicht sagen.

Von Allmen nimmt es so, wie es ist. Jammern kennt er nicht. Und so kämpft er sich mit Ruhe und Geduld zurück, Stück für Stück. Dass er das Trainingslager in Portillo in Chile verpasst habe, das sei bedauerlich gewesen. Aber: «Sonst war es ja nicht so dramatisch.» Es bringe auch nichts, sich Gedanken über etwas zu machen, das man nicht beeinflussen könne. Viele sagen das einfach so dahin, ihm nimmt man es aber auch ab. 

Wenn ihn andere hochjubeln und mit Lob überschütten, dann scheint es ihn zu freuen. Mehr aber auch nicht. So sagte er etwa anfangs Saison, dass die Resultate im vergangenen Winter zwar gut gewesen seien, «aber auch nicht mehr. Das will noch nicht heissen, dass es so weitergeht. Man sollte nicht vergessen, dass ich vor meiner erst zweiten Saison im Weltcup stehe».

Für ihn sei immer noch vieles neu und er müsse die Strecken erst noch besser kennenlernen. Dabei hilft ihm ein bekannter Servicemann. Die Verantwortlichen seines Ausrüsters Head haben ihm den Südtiroler Sepp Kuppelwieser, den einstigen Weggefährten von Beat Feuz, zur Seite gestellt.

Als die Karriere auf der Kippe stand

Seine Karriere sei «sauber aufgegleist», sagte er jüngst. Dabei kann er auch auf die Unterstützung des Getränke-Konzerns Red Bull zählen. Denn auch dort hat man sein riesiges Potenzial erkannt. Im alpinen Skirennsport ist er der zweite Schweizer nach Odermatt, der von einer Partnerschaft profitiert, die weit über das Finanzielle hinausgeht. Die Athleten werden dort individuell betreut, Leistungsdiagnostik und Ernährungsberatung eingeschlossen. Kurz: «Es fehlt an nichts», so Franjo von Allmen. Auch während der Rekonvaleszenz hätte er auf die Unterstützung von Red Bull zählen dürfen. Allerdings zog er es vor, den Wiederaufbau in heimischen Gefilden bei seinem vertrauten Physiotherapeuten und in einem «sehr guten Fitnesscenter in der Nähe» zu verrichten.

Auch die Zusammenarbeit mit dem Uhren-Hersteller Breitling gibt ihm finanzielle Sicherheit. Und das ist nicht unerheblich. Denn er hat selbst einmal eine Phase durchgemacht, in der das Geld knapp wurde. Aus traurigem Grund rückt der Ski-Sport damals in den Hintergrund. Als Franjo 17 Jahre alt ist, stirbt sein Vater, zu dem er ein enges Verhältnis pflegt. «Damals war auch die Fortsetzung von meiner Rennfahrer-Karriere auf der Kippe», sagt er einst im «Blick». Er muss die Trauer bewältigen und gleichzeitig Geld auftreiben. «Doch dann wurde die Idee von der Lancierung eines Crowdfundings an mich herangetragen. Dadurch ist so viel Geld zusammengekommen, dass ich eine weitere Saison finanzieren konnte. Und nach dieser Saison habe ich den Sprung ins Swiss-Ski-Kader geschafft.»

Ein Steigerungslauf der Extraklasse

Am 4. März 2023 startet Von Allmen dann erstmals im Weltcup, wobei er die Ziellinie in der Abfahrt in Aspen als 46. überquert. Neun Monate später holt er im Super-G in Gröden als Neunter seine ersten Weltcup-Punkte. Es dauert nur zehn weitere Rennen, ehe Von Allmen am 28. Januar 2024 erstmals aufs Podest rast. In Garmisch-Partenkirchen wird er damals im Super-G hinter Marco Odermatt und Raphael Haaser Dritter. Dabei hatte er kein gutes Gefühl: «Bis zum Blick auf die Zeiten-Tafel war ich der Meinung, dass meine Fahrt richtig scheisse, viel zu wild, war. Aber offensichtlich war es schnell.»

Am 17. Januar 2025 ist er wieder schnell, sehr schnell, ja, er ist gar der Schnellste. In Wengen gewinnt er sein erstes Rennen im Weltcup. Und es soll nicht sein einziger Sieg bleiben. Am Samstag gehört er in der Lauberhorn-Abfahrt erneut zum Favoritenkreis, zumal er in den letzten beiden Abfahrten schon auf dem Podest stand. Darauf angesprochen sagt er: «Ich sehe keinen Grund, warum ich morgen nicht gewinnen sollte.» Er sagt es, ohne dabei überheblich zu wirken.

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