Die Schweizer Slalom-Equipe überzeugt in Killington mit einer Machtdemonstration. Den letzten Doppelsieg feierten die Slalom-Spezialistinnen vor 28 Jahren. Nach dem Rennen betonen die Athletinnen den starken Zusammenhalt innerhalb des Teams.
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- Die Schweizer Slalom-Spezialistinnen zeigen sich in Killington (USA) von ihrer allerbesten Seite.
- Camille Rast holt am Sonntag ihren ersten Weltcup-Sieg, Wendy Holdener wird Zweite, Mélanie Meillard Fünfte und Aline Höpli holt als 15. die ersten Weltcup-Punkte ihrer Karriere.
- Um vor Camille Rast und Wendy Holdener letztmals zwei Schweizerinnen an der Spitze eines Weltcup-Slaloms zu finden, muss in den Geschichtsbüchern weit zurückgeblättert werden.
«Das ist alles so verrückt, es ist so schnell gegangen.», strahlt Siegerin Camille Rast im Interview nach dem ersten Weltcup-Triumph ihrer Karriere und analysiert locker: «Ich habe mir gedacht, man muss einfach Vollgas geben und nicht anders. Und ich habe es geschafft, das ist unglaublich.»
Rast ist mit 25 Jahren endgültig in der Ski-Elite angekommen. Dank den 100 Punkten für den Sieg im Slalom übernimmt die Walliserin auch die Führung im Gesamt- und Slalom-Weltcup von Mikaela Shiffrin, die nach ihrem Sturz im Riesenslalom tags zuvor auf den Start zum Slalom verzichten musste.
Komplikationen verhindern schnelleren Aufstieg
Der Weg an die Weltspitze schien für die starke Technikerin bereits früh vorgezeichnet. Im März 2017 fuhr Camille Rast in Are zu Junioren-WM-Gold im Slalom. Zwei Jahre später, noch immer keine 20 Jahre alt, gewann sie in Val di Fassa auf gleicher Stufe auch Silber im Riesenslalom.
Danach aber folgte der – vorläufige – Bruch in der Karriere. Probleme mit der Gesundheit, darunter neben einer Knieverletzung auch eine schwere Depression, und ebenfalls mit dem Material verhinderten während mehrerer Jahre Rasts Aufstieg.
Erst seit Anfang 2024 liefert Rast konstante Resultate in den Top 10, oftmals sogar in den ersten fünf, ab. «Endlich», konstatierte sie vor neun Tagen im Zielraum in Gurgl, mit Tränen in den Augen, nachdem sie mit Rang 3 erstmals über einen Weltcup-Podestplatz jubeln konnte. Am Tag vor ihrem Premierensieg doppelte sie als Dritte des Riesenslaloms in Killington nach.
Schweizer Slalom-Spezialistinnen so gut wie zuletzt 1996
Nach ihrem ersten Triumph betont die 25-Jährige auch den Zusammenhalt im Team: «Ich bin richtig glücklich. Wir haben so viel zusammen trainiert. Jetzt mit Wendy auf dem Podium zu stehen, ist grossartig. Ich bin so glücklich für das Schweizer Team. Das macht richtig Spass so.»
Nach dem Rennen wird Rast zusammen mit der Zweitplatzierten Holdener vom Schweizer Team im Zielraum gefeiert. «Heute werden wir einen sehr schönen Abend haben zusammen», lacht die 25-Jährige. Ihre Kollegin schlägt in dieselbe Kerbe. «Das Teamergebnis mit Camille, die gewinnt, und Mélanie, die Fünfte wird, ist super. Es macht Spass, hier Rennen zu fahren», strahlt Holdener.
Wie stark die Leistung des Schweizer Teams am Sonntag ist, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher: Zum letzten Mal standen am 26. Januar 1996 zwei Schweizerinnen an der Spitze eines Weltcup-Slaloms, als in Sestriere Sonja Nef mit 14 Hundertsteln Vorsprung vor Marlies Oester triumphierte.
Das vorletzte Mal, als es die Plätze 1 und 2 für zwei Schweizer Slalom-Spezialistinnen gab, war am 27. November 1994. Damals hatte sich in Park City, Utah, Vreni Schneider vor Martina Accola (und der Schwedin Kristina Andersson) durchgesetzt.
52. Weltcup-Podestplatz für Holdener
Vor gut einer Woche in Gurgl hatte Wendy Holdener den angestrebten Podestplatz noch um knapp zwei Zehntel verpasst. Nun in Killington – auf der Piste, auf welcher sie Ende November 2023 hinter Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova Dritte geworden war und ihren zuvor letzten Podestplatz erreicht hatte –, schaffte die 31-jährige Schwyzerin die Rückkehr in die Top 3.
Dank Laufbestzeit im Final stiess Holdener noch vom 9. Zwischen- in den 2. Schlussrang vor. Über das Ergebnis muss sie nach dem Rennen selbst staunen: «Ich habe mir vorgenommen, das Herz in die Hand zu nehmen. Das hat wirklich geklappt. Dass es so weit nach vorne reicht, hätte ich nicht gedacht.»
Ihr 52. Weltcup-Podestplatz, der 36. im Slalom, dürfte zu einem der schönsten gehören. Nach der im Dezember 2023 erlittenen Fraktur am linken Sprunggelenk bestritt die Innerschweizerin im vergangenen Winter kein Rennen mehr.
Auch, weil im Februar dieses Jahres ihr Bruder Kevin an den Folgen einer Krebserkrankung starb. Erst Anfang Oktober äusserte sich Wendy Holdener öffentlich über den frühen Tod ihres Bruders, der auch ihr Manager war. Dabei sagte sie, dass dieser Todesfall sie nach wie vor beschäftige, sie oft an ihren Bruder denke.
Meillard im Weltcup erst zweimal besser
Mélanie Meillard wurde Fünfte und erreichte im dritten Slalom des Winters die dritte Platzierung in den ersten zehn. Besser war die 26-jährige Walliserin mit Neuenburger Wurzeln im Weltcup erst zweimal klassiert; beide Male im Januar 2018 und damit vor ihrer schweren Knieverletzung, die sie im Februar des gleichen Jahres in der unmittelbaren Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Südkorea erlitt.
Aline Höpli (15.) – sie mit ihren ersten Weltcup-Punkten überhaupt –, und Michelle Gisin (19.) rundeten das Swiss-Ski-Topergebnis im Bundesstaat Vermont ab.