Urs Lehmann hat höhere Ambitionen. Der 51-jährige Aargauer, seit Juni 2008 an der Spitze von Swiss-Ski, will die Nachfolge von Gian Franco Kasper als FIS-Präsident antreten.
Der FIS-Kongress in Thailand ist zwar wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt worden. Die Wahl von Gian Franco Kaspers Nachfolger kann somit nicht am ursprünglich geplanten Datum Ende Mai, sondern frühestens im Herbst stattfinden. Dennoch entschloss sich Urs Lehmann, seine Kandidatur für das FIS-Präsidentenamt nun öffentlich zu machen. «Die Zeit war reif, Farbe zu bekennen», so der Abfahrts-Weltmeister von 1993, der seit über einem Jahrzehnt Geschäftsführer des Arzneimittel-Herstellers Similasan ist.
Lehmann wäre der dritte FIS-Präsident in Folge aus der Schweiz nach dem Berner Marc Hodler (1951 bis 1998) und dem in Bälde abtretenden Bündner Kasper. Lehmann ist nach dem schwedisch-britischen Milliardär Johan Eliasch (58), dem Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer von Head, der zweite Kandidat, der seine Ambitionen auf das höchste FIS-Amt offiziell kundtut.
Zwölfseitiges Wahlkampfprogramm
Interesse bekunden auch die langjährige FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis und Mats Arjes. Der 52-jährige Schwede, ein erfolgreicher Geschäftsmann und seit 2018 FIS-Vizepräsident, wäre bei einer Kandidatur der potenziell wohl gefährlichste Gegner von Lehmann. «Die Starken stark lassen, aber gleichzeitig versuchen, die schwächeren und mittleren Verbände zu stärken», so betont der Swiss-Ski-Präsident in seinem persönlichen Manifest zur Kandidatur. Auf den zwölf Seiten erläutert er ausführlich seine Vision und sein Leitbild.
Lehmann will eine geeinte FIS, eine Verbesserung deren Strukturen und eine moderne Governance-Kultur. Dazu will er eine Aufwertung des Sports für Athleten und Fans und nicht zuletzt eine optimale Nutzung des kommerziellen Potenzials von FIS-Events erreichen. Mit solchen Aussagen spricht der Schweizer natürlich nicht nur grosse Verbände wie Österreich, Italien und auch Frankreich an. Mit der Aussicht auf grössere Unterstützung, sei dies logistisch oder in Form von Know-how oder Geld, punktet Lehmann auch bei den 55 mittleren und kleinen Ski-Verbänden.
Folgt Barandun auf Lehmann?
Da der Zeitplan für die Wahl zum FIS-Präsidenten aufgrund der Coronavirus-Pandemie durcheinandergeraten ist, wird sich Lehmann Ende Juni an der Swiss-Ski-Delegiertenversammlung in Frutigen vorerst nochmals für vier Jahre im Präsidentenamt bestätigen lassen – sofern die DV überhaupt dannzumal durchgeführt werden kann.
Sollte er danach im Herbst, wo gemäss den vorläufigen FIS-Planungen während den traditionellen Vorsaison-Meetings in Zürich der Kongress in wohl nur einem Tag nachgeholt werden soll, zum Präsidenten des Weltverbands gewählt werden, so muss er sein Amt bei Swiss-Ski abgeben. Als Nachfolger stünde der bisherige Vizepräsident Peter Barandun bereit. Der 55-jährige Bündner, seit 2012 im Vorstand des nationalen Skiverbandes, ist CEO und Präsident des Verwaltungsrates von Electrolux Schweiz.