Was haben Alain Rochat, Mathias Seger, Denise Feierabend, Martina Kocher und Matthias Sempach gemeinsam? Sie erklärten alle 2018 ihren Rücktritt vom Spitzensport. Bei blue News blicken sie zurück und erzählen, wie sie sich im Leben nach dem Sport zurecht gefunden haben.
Matthias Sempach (35) war 2013 Schwingerkönig, 2014 Sieger des Kilchberger-Schwinget, er gewann 106 Kränze, davon 4 Eidgenössische (2007, 2010, 2013, 2016) und wurde 2012, 2013 und 2014 jeweils Schwinger des Jahres.
Heute ist er Landwirt mit eigenem Hof.
«Der Rücktritts-Entscheid fiel mir damals sehr schwer. Denn ich habe diesen Sport während 25 Jahren betrieben, er war lange das Wichtigste in meinem Leben und meine ganz grosse Leidenschaft. Ich erlebte sehr viel Schönes durch den Schwingsport, er hat mir enorm viel gegeben.
Wenn man dann merkt, dass man aus gesundheitlichen Gründen seine grosse Passion nicht mehr so ausüben kann, wie man das gerne möchte, dann kommt man nicht darum herum, eine unangenehme Entscheidung zu treffen. Das hat damals zwar sehr geschmerzt, doch als der Entscheid dann einmal gefallen war, war das eine Erleichterung. Es war wie eine Last, die abgefallen ist.
In ein Loch bin ich nach meinem Rücktritt nicht gefallen. Denn einerseits stand auch während meiner Aktivzeit mit einem Bein stets im Berufsleben. Und andererseits konnte ich im Sport alle meine Ziele erreichen und deshalb auch gut abschliessen. Hätte ich diese nicht erreichen können, dann hätte ich vermutlich mehr Mühe gehabt.
«Meine zwei grossen Lebensziele habe ich geschafft»
Ich hatte stets zwei grosse Lebensziele. Erstens wollte ich Schwingerkönig werden, zweitens eines Tages meinen eigenen Landwirtschaftsbetrieb führen. Nun habe ich beides geschafft. Zum Zeitpunkt des Rücktritts wusste ich noch nicht, dass ich schon bald im Entlebuch meinen eigenen Hof haben werde, dies ergab sich dann aber bereits in den ersten Wochen danach und wir entschieden uns als Familie dafür.
Dadurch waren wir nach meinem Rücktritt sogleich mit dem Projekt und anschliessend mit der Betriebsübernahme gefordert. Es stand auch ein Kantonswechsel an, von Alchenstorf im Emmental ging es ins Entlebuch. Doch es hat sich gelohnt, gerade für unsere Kinder ist es eine grosse Bereicherung, auf diesem Hof aufwachsen zu können.
Früher habe ich brutal gerne trainiert, Motivationsprobleme kannte ich nie. Seit meinem Rücktritt trainiere ich selber nicht mehr, ich leite aber hin und wieder ein Schwingtraining für Aktive und den Nachwuchs. Was ich manchmal vermisse, ist das Zusammensein unter den Athleten oder wenn wir als Berner Team auf ein Ziel hingearbeitet haben und dann gemeinsam am Eidgenössischen aufgetreten sind.
«Ich treffe wöchentlich auf Situationen, in denen ich auf das Mentaltraining zurückgreifen kann»
Man spricht ja oft von der Schwingerfamilie und die Kameradschaft mit Kollegen von früher pflege ich weiterhin, sie ist mir sehr wichtig. Wenn man selbst nicht mehr aktiv ist, ist das sogar noch wichtiger als zuvor. Ich geniesse und schätze diese Kontakte sehr.
Natürlich denkt man gelegentlich an die vielen schönen Momente der Karriere zurück. Doch ich will mich nicht beklagen, ich bin absolut zufrieden und glücklich mit meinem heutigen Leben. In diesem kann ich auch immer wieder von den Erfahrungen profitieren, die ich als Sportler gemacht habe.
Dass ich gelernt habe, mit Siegen und Niederlagen umzugehen, hilft mir beispielsweise enorm. Als Schwinger hatte ich damals ausserdem schon früh auf Mentaltraining gesetzt. Ich treffe auch in meinem jetzigen Leben wöchentlich auf Situationen, in denen ich darauf zurückgreifen kann.»