Marco Odermatt krönt sich in Courchevel zum Doppelweltmeister. Die Jubelschreie waren aber nicht so laut wie in der Abfahrt. Genossen hat er den Doppelerfolg zusammen mit Loic Meillard trotzdem in vollen Zügen.
«Wenn du einmal gewinnst, dann willst du es auch ein zweites Mal», so hatte es Marco Odermatt nach seinem Triumph in der Abfahrt gesagt. Gleich bei seinem nächsten WM-Einsatz setzte der Ausnahmekönner seine Worte in Taten um.
Odermatts Triumph im Riesenslalom – womit er neben dem Norweger Aksel Svindal (2007 in Are) in den letzten 50 Jahren der einzige Doppelweltmeister in diesen zwei Disziplinen ist – hat eine überaus logische Komponente. Schliesslich handelt es sich dabei um seine stärkste Disziplin, in welcher er im Weltcup seit fast zwei Jahren nach jedem Einsatz auf dem Podest gestanden hatte. Exakt 13-mal in Serie, dazu kam vor Jahresfrist noch der so befreiende Sieg im Olympia-Riesenslalom.
Weniger Emotionen als beim Abfahrtssieg
Vielleicht aufgrund dieser Serie spürte der 25-Jährige «nur die Hälfte der Emotionen wie nach meiner überwältigenden Fahrt am Sonntag». Der erste Schweizer WM-Sieg im Riesenslalom seit Carlo Janka 2009 im nahen Val d'Isère hat trotz des fehlenden Überraschungsmoments dennoch auch eine grosse emotionale Komponente, «weil ich ihn mit Loïc feiern kann. Einen solchen Doppelsieg kann man nicht erwarten, aber wir haben ihn uns alle gewünscht.»
Aus dem Doppelsieg der zwei Freunde, die sie in den letzten sieben Jahren als Teamkollegen und aufgrund vieler gemeinsamen Trainings geworden sind, ergaben sich zudem auch historische Komponenten. Vor 34 Jahren standen an Weltmeisterschaften letztmals zwei Schweizer Männer zuoberst auf dem Podest: Im Super-G in Vail, Colorado, wurde Pirmin Zurbriggen Zweiter hinter Weltmeister Martin Hangl.
Im Riesenslalom jedoch gab es an eigenständigen Weltmeisterschaften noch nie einen Doppelsieg. 1976 in Innsbruck, als Heini Hemmi vor Ernst Good gewann, war an Olympischen Winterspielen, bei welchen damals zugleich auch noch WM-Medaillen vergeben wurden.
Schwarz mit Fehlern im Final
Bis der historische WM-Doppelsieg am Freitag allerdings feststand, mussten Odermatt und Meillard im Ziel zwei Minuten bibbern. Schliesslich stand mit Marco Schwarz der überlegen Führende nach dem ersten Lauf noch oben. Doch der Österreicher zeigte – mit Gold vor Augen – vor allem in Zielnähe nicht mehr die unwiderstehliche Fahrt wie am Morgen. Unwiderstehlich, das traf für einmal im Riesenslalom auch nicht auf Marco Odermatt zu. Er gab zu, dass er die «zwei WM-Wochen und die doch auch schon lange Weltcup-Saison» spüre und dieser Sieg vor allem dank «Kampfgeist» zustande gekommen sei.
Der Nidwaldner bekam zudem die Erwartungshaltung seiner näheren Umgebung mit. Einige Trainer und Betreuer seien ihm vor dem entscheidenden Lauf etwas gar optimistisch erschienen, so Odermatt. «Aber sechs Zehntel holt man nicht einfach so auf.» Da brauchte es dann schon «die paar kleinen Fehler des anderen Marco», wie Odermatt es formulierte, um noch an Schwarz vorbeizuziehen. Immerhin blieb dem Österreicher, der zu WM-Beginn schon den Sieg in der Kombination erst kurz vor dem Ziel entschwinden sah, mit vier Zehnteln Rückstand Bronze.
Meillards beeinträchtigte Vorbereitung
Während der Sieger davon sprach, wie er auf dem immer dunkler werdenden Hang «Mühe hatte, klar zu sehen» – aber trotzdem schnell genug war -, berichtete Loïc Meillard von ganz anderen Eindrücken. Auf dem vom Schweizer Trainer Helmut Krug gesteckten Kurs gelang dem Walliser mit Neuenburger Wurzeln die Bestzeit, womit er vom 4. noch in den 2. Rang vorstiess. Im Gegensatz zum ersten Lauf – «ein grosser Kampf» – habe er im zweiten «in den Flow gefunden», so Meillard, alles sei ihm besser gelungen. «Ich hatte mehr Spass.»
Der Gewinn der WM-Silbermedaille, seiner ersten nach zwei Bronzenen 2021 in Cortina, «ist doppelt schön, denn meine Woche war nicht optimal. Ich lag drei Tage mit Fieber und Husten im Bett.» Deshalb habe ihm vor allem am Morgen die Energie etwas gefehlt, so der 26-Jährige. «Ich war nach der Fahrt richtig blau.» Und zwei Tage vor dem Rennen «habe ich mir im Training auch noch am Fuss wehgetan.» Eine Medaille ohne die perfekte Vorbereitung, Meillard nahm sie dankend und erwähnte speziell, dass dank Silber nun die Riesenslalom-Ehrenplätze 4 (2019 in Are) und 5 (2021 in Cortina) in den Hintergrund geraten seien.
sda / mar