Viola Amherd im Porträt Die «stille Schafferin» geriet immer mehr unter Druck

Lea Oetiker

15.1.2025

Bundesrätin Viola Amherd hat soeben ihren Rücktritt angekündigt (Archivbild)
Bundesrätin Viola Amherd hat soeben ihren Rücktritt angekündigt (Archivbild)
sda

Viola Amherd hat am Mittwoch ihren Rücktritt bekannt gegeben. Die Mitte-Bundesrätin will ihr Amt per Ende März 2025 abgeben. Die «stille Schafferin» im Bundeshaus stand zuletzt stark in der Kritik.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mitte-Bundesrätin Viola Amherd tritt per Ende März 2025 von ihrem Amt zurück.
  • Der Höhepunkt ihrer Karriere kam am 5. Dezember 2018, als Amherd mit 148 Stimmen in den Bundesrat gewählt wurde.
  • Als erste Frau übernahm sie die Leitung des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
  • Ihre Karriere war jedoch nicht immer einfach, vor allem gegen den Schluss.
  • Ein Portrait über die «stille Schafferin».

Es ist noch keine Woche her, da hat die SVP eine verbale Attacke auf Bundesrätin Viola Amherd gefahren. Sie warf Amherd am Samstag «politische Fehltritte» und «Fehlbesetzungen» im Verteidigungsdepartement vor und forderte medienwirksam den Rücktritt der VBS-Vorsteherin.

Doch damit hatte niemand gerechnet: Nur vier Tage nach der SVP-Attacke kommt es zum Knall in Bern. An einer Medienkonferenz kündigt Bundesrätin Viola Amherd hat heute überraschend ihren Rücktritt an. Bereits in der Frühjahrssession Ende März tritt sie ab. Dass die vergangenen Wochen und Monate nicht spurlos an der Walliserin vorbeigingen, konnte sie vor den Journalisten nicht verbergen.

Knapp 6 Jahre wird Amherd bei ihrem Abgang im Bundesrat Die Mitte vertreten haben. Der Einstieg in die Politik aber verlief bei der 62-Jährigen aber nicht unbedingt nach Drehbuch. 

Karin Keller-Sutter, rechts, und Viola Amherd, werden nach ihrer Wahl in den Bundesrat am 5. Dezember 2018 vereidigt. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Karin Keller-Sutter, rechts, und Viola Amherd, werden nach ihrer Wahl in den Bundesrat am 5. Dezember 2018 vereidigt. (KEYSTONE/Anthony Anex)
KEYSTONE

Amherd wurde 1962 in Brig geboren und wuchs im Oberwallis in einer katholischen Familie auf.  Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg arbeitete sie als Anwältin und Notarin.

Ihre politische Karriere begann 1992 bei der Oberwalliser CVP in der Exekutive von Brig-Glis. Von 2000 bis 2012 war sie Stradpräsidentin, bevor sie 2005 in den Nationalrat einzog.

Die «stille Schafferin»

Am Anfang ihrer Laufbahn musste sie laut eigenen Aussagen eher dazu überredet werden, für ein Amt zu kandidieren. Auch in die nationale Politik stieg sie 2005 durch die Hintertüre ein. Als erster Ersatz auf der Liste der CVP konnte sie Jean-Michel Cina im Nationalrat beerben, als dieser in den Walliser Staatsrat gewählt wurde.

Bundespräsidentin Viola Amherd begrüsste in Zürich den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang.
Bundespräsidentin Viola Amherd begrüsste in Zürich den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang.
sda

Im Nationalrat galt Viola Amherd als «stille Schafferin», die ihre Dossiers im Griff hat. Ein Blick auf Abstimmungsverhalten und politische Vorstösse im Parlament zeigt, dass sich Amherd für die Berggebiete und einen starken Service publique in den Randregionen engagierte.

Ausserdem war sie stets eine vehemente Befürworterin des Ausbaus des Lötschbergtunnels, und sie überzeugte das Parlament davon, ein Verbot von Gefahrenguttransporten über den Simplon umzusetzen.

Erste VBS-Leiterin

Der CVP-Politikerin wurde von konservativen Kreisen oft das Etikett «zu links und zu feministisch» angeheftet. Sie kämpfte in den 1990er-Jahren für die Fristenlösung und spricht sich heute für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub und die Homo-Ehe aus.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Amherd an der Bürgenstock-Konferenz. 
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Amherd an der Bürgenstock-Konferenz. 
sda

Der Höhepunkt ihrer Karriere kam am 5. Dezember 2018, als Amherd mit 148 Stimmen in den Bundesrat gewählt wurde. Als erste Frau übernahm sie die Leitung des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).

In ihrer Amtszeit setzte sich Amherd für eine Modernisierung der Armee ein. Sie betonte die Rolle des Militärs bei aktuellen Bedrohungen wie Cyberangriffen und Naturkatastrophen und strebte eine Erhöhung des Frauenanteils in der Landesverteidigung an. Ein wichtiger Erfolg war die knappe Annahme der Vorlage zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge im September 2024.

Auch ihre Rolle in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU war in ihrer Amtszeit als Bundespräsidentin von grosser Bedeutung. Am 20. Dezember 2024 kam es zu einem Durchbruch in den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU.

Zusehends unter Druck

Doch ihre Amtszeit war auch nicht immer einfach. Beispielsweise forderte die SVP-Spitze zuletzt ihren Rücktritt, aus verschiedenen Gründen. Sie kritisierten unter anderem, dass die Schweiz unter ihrer Führung ihre Sicherheit nicht mehr eigenständig gewährleisten können und warf ihr vor, sich zu sehr mit Gender-Themen in der Armee zu beschäftigen. 

Amherd mit dem Chef der Armee, Thomas Süssli, im September.
Amherd mit dem Chef der Armee, Thomas Süssli, im September.
KEYSTONE

Zudem bezeichnete die SVP die Situation im VBS als chaotisch und machte Amherd für zahlreiche Missstände verantwortlich. Politische Fehlentscheidungen, wie die Lieferung von Waffen an die Ukraine, wurden ebenfalls angeführt.

Die Finanzaufsicht des Parlaments hat zuletzt in einem kritischen Brief an die Verteidigungsministerin eine «Liste des Versagens» veröffentlicht. Diese umfasst sieben Rüstungs- und IT-Projekte mit Gesamtkosten von 19 Milliarden Franken, die von massiven Problemen und Verzögerungen betroffen sind. Dazu zählen die Beschaffung eines neuen Luftraumsystems, dessen Inbetriebnahme sich aufgrund von Integrationsproblemen erheblich verzögert, sowie die Einführung einer neuen Logistik-Software, die gestoppt wurde, weil sie nicht robust genug ist.

Der Druck auf die Bundesrätin hat in den letzten Monaten merklich zugenommen. Jetzt hat Viola Amherd den Rücktritt eingereicht. Auf die Frage eines Journalisten, ob der Zeitpunkt ihres Rücktritts nicht seltsam sei, antwortet sie: «Den Zeitpunkt des Rücktritts zu bestimmen, ist der einzige Entscheid, den ein Bundesrat oder eine Bundesrätin alleine treffen kann. Ich habe das jetzt entschieden».