Olympia-Drama um Fanny Smith Schweizer Cheftrainer Pfäffli: «Der Entscheid ist ein völliger Unsinn»

Von Luca Betschart

17.2.2022

Alle Diskussionen helfen nichts – Fanny Smith wird die Bronzemedaille von der Jury aberkannt.
Alle Diskussionen helfen nichts – Fanny Smith wird die Bronzemedaille von der Jury aberkannt.
Bild: Keystone

Mit harten Bandagen kämpft sich Fanny Smith im Skicross zu Bronze. Im Ziel wird der Schweizerin die Medaille von der Jury aber wieder aberkannt. Selbst bei der direkten Konkurrenz sorgt der Entscheid für Unverständnis.

Von Luca Betschart

In einem packenden Skicross-Olympiafinal schenken sich die verbliebenen Medaillen-Kandidatinnen gar nichts. Besonders der Kampf um die Plätze zwei und drei – hinter der überragenden Olympiasiegerin Sandra Näslund – hat es in sich. Mittendrin ist die Schweizerin Fanny Smith, die die Ziellinie schlussendlich als Dritte überquert und über Bronze jubelt. Die Freude über die 13. Schweizer Medaille ist aber verfrüht.

Im Ziel müssen die Fahrerinnen lange warten, weil der Run wegen eines möglichen Regelverstosses noch einmal angeschaut wird. Und tatsächlich: Nach mehrminütiger Konsultation der Videobilder wertet die Jury eine Aktion von Smith kurz vor dem Ziel, als der Ski der Schweizerin ausscherte und die Deutsche Daniela Maier behinderte, als regelwidrig. Smith wird auf Platz vier zurückversetzt, Maier steht plötzlich doch auf dem Podest. «Das ist ein Witz», lautet Smiths fassungsloser Kommentar im Zielraum. Auch Maier ist zu hören. «Nein, nein, nein. Das war korrekt. Das war ganz normales Skicross», so die Deutsche.



Bronze-Erbin von Jury-Entscheid überrascht

Im SRF-Interview klärt Renndirektor und Jurymitglied Klaus Waldner auf: «Nach unserer Ansicht hätte Fanny geradeaus fahren können. Sie macht aber einen grossen Schritt nach links, was sie nicht hätte tun müssen. Mit diesem Schritt ist sie Maier auf die Bindung gestanden, die hat dadurch die Balance und Geschwindigkeit verloren. Sie waren schon auf gleicher Höhe – wahrscheinlich hätte Daniela Fanny eh überholt bis ins Ziel», so der Österreicher. «Wir haben zehn Minuten diskutiert, weil es eine sehr harte Entscheidung ist. Aber es sind die Regeln.»

Regeln, die offenbar auch die aus Sicht der Jury benachteiligte Daniela Maier überraschen. «Ich muss das erst mal sacken lassen. Ich habe Heat für Heat gekämpft, auch in der Schlussphase über die Ziellinie war es ein harter Fight», sagt die Bronze-Erbin im Interview und gibt zu, gar nicht an ein Eingreifen der Jury gedacht zu haben: «Im Ziel habe ich schon versucht, mit dem vierten Platz abzuschliessen. Das es jetzt so ausgeht, ist gut für mich, tut mir aber unglaublich leid für Fanny. Ein Juryentscheid – mehr kann ich nicht dazu sagen.»

«Ein völliger Unsinn»

Auch bei Ralph Pfäffli ist die Verwunderung gross. «Es sind alle überrascht, niemand kann es genau verstehen», sagt der Cheftrainer Skicross bei Swiss Ski und macht klar: «Es ist erklärbar, wieso der Ski von Fanny rausgeht. Die Deutsche fährt ihr auf die Bindung, das gibt einen Druck auf die Kante und der Ski geht raus. Wir haben immer wieder solche Situationen, wir probieren der FIS schon lange zu erklären, dass es ganz sicher keine Absicht sein kann.»

Gebracht hat das offensichtlich nichts. «Sie haben das Gefühl, es sei eine Side-Kick-Bewegung. Aber eine solche würde nie jemand bei dieser Geschwindigkeit über die Wellen machen wollen. Von dem her ist der Entscheid ein völliger Unsinn», so Pfäffli, der sich bewusst vor zu harscher Jury-Kritik hütet. «Ich muss die Contenance wahren. Es ist an einem solchen Rennen schwer zu akzeptieren.»

Eine Möglichkeit, den Entscheid anzufechten, gibt es gemäss Pfäffli nicht. «Das Einzige, was man tun kann: Es gibt eine Post-Race-Review, in der man das Rennen noch einmal anschauen kann. Es werden verschiedene Headcoaches für die Beurteilung hinzugezogen – und dann wird die Gelbe Karte zurückgezogen», erklärt er und hält noch einmal fest: «Es ist selbst für Dani Meier unerklärlich, dass dies geahndet wurde. Man unterstellt Fanny eine Absicht zum Blockieren. Diese ist nicht nachvollziehbar.»