Breel Embolo Reife statt Badewannen – der Teenie-Star ist erwachsen geworden

Von Marcel Allemann

13.10.2021

Breel Embolo beim Verteilen von kleinen Fussbällen für die Nati-Fans beim Training in Lausanne. Diese aus seinen Händen dürften im Moment besonders begehrt sein.
Breel Embolo beim Verteilen von kleinen Fussbällen für die Nati-Fans beim Training in Lausanne. Diese aus seinen Händen dürften im Moment besonders begehrt sein.
Bild: Keystone

Zwei Tore vorbereitet gegen Nordirland, zwei Tore erzielt gegen Litauen. Und zweimal Top-Kritiken. Breel Embolo ist der Mann der Stunde in der Nationalmannschaft. Das ist aufgrund der letzten Monate, aber auch Jahre nicht selbstverständlich.

Von Marcel Allemann

Im Januar dieses Jahres hatte Breel Embolo mächtig viel Ärger am Hals. Während des neuerlichen Lockdowns in Deutschland soll er in Essen an einer illegalen Party teilgenommen haben. Der Schweizer Nationalspieler war eine von 23 Personen, deren Personalien die Polizei in jener Nacht aufgenommen hatte. Und dies wurde publik.

Wobei der Stürmer nicht im Partylokal, sondern in der Badewanne einer angrenzenden Wohnung aufgegriffen wurde. Embolo selbst bestritt stets, mitgefeiert zu haben, er hätte in besagter Wohnung lediglich bei einem Freund Basketball geschaut. Seinen Fehler gestand er in seiner Entschuldigung trotzdem ein. Weiter dazu geäussert hat sich der Profi von Borussia Mönchengladbach nie mehr.

Der Aufschrei war damals gross. Unter anderem wurde Embolo nach sämtlichen Kampagnen-Gepflogenheiten des deutschen Boulevards durch den Kakao gezogen. Eine der heftigen Schlagzeilen in der «Bild» lautete: «Die Skandal-Akte Embolo» (Bezahlschranke), wo dann im Text selbst seine Bubenstreiche ausgebreitet wurden. Aber auch in der Schweiz entstand der Eindruck, dass dieser doch eigentlich gute Junge seine Flausen einfach nicht aus dem Kopf kriegt.

Eine Badewanne wird zur Bremse

Embolo kam an die Kasse, auch finanziell. Sein Verein Mönchengladbach brummte ihm eine hohe Busse in unbekannter Höhe auf, von der Stadt Essen erhielt er zudem einen Strafbefehl von 8400 Euro. Auch auf dem Fussballplatz musste er hartes Brot essen. Während er bis zum Badwannen-Vorfall bei der Borussia Stammspieler war, galt es danach, hinten anzustehen und für den Rest der Saison mehrheitlich mit einer Joker-Rolle vorliebzunehmen.

Und es wurde sogar gemutmasst, er werde in der Bundesliga nur noch aus dem Grund eingesetzt, damit Embolos Wert auf dem Transfermarkt nicht komplett einbreche. Und ihn die Gladbacher wegen des Imageschadens wegen der Badewanne-Geschichte lieber schon heute als erst morgen los wären.

Es brauchte offensichtlich einen Sommer und anschliessend noch eine an der EM zugezogene Oberschenkelblesser, um Gras über die ganze Sache wachsen und die Aufregung hinter sich zu lassen. In Gladbach meldete Embolo sich unlängst in einer Topverfassung und mit einem spektakulären Fallrückzieher-Treffer in der Partie gegen Wolfsburg zurück. Und nun also diese beiden überragenden Nati-Spiele. Die Lobeshymnen überschlagen sich.

Das Missverständnis mit Schalke

Mit 18 debütierte Embolo in der Nati. Rasch wurde er wegen seiner unbekümmerten Art zum Liebling der Fans, die ihm an der EM 2016 sogar einen eigenen Song («Oh Embolo») schenkten. Dem Youngster schien die Welt zu Füssen zu liegen. Doch nach dem Wechsel zu Schalke, der im Nachhinein betrachtet ein grober Fehler war, lernte der Schweizer mit kamerunischen Wurzeln die Schattenseiten des Fussballs kennen.

In Schalke wurde er nie glücklich, als Rekordtransfer der Vereinsgeschichte (26,5 Mio.) den himmelhohen Erwartungen gerecht zu werden, war für den jungen Mann das eine Problem, das andere seine gravierenden Verletzungen.

Ein Bruch des Sprunggelenks nach einem Horror-Foul vom damaligen Augsburg-Spieler Konstantinos Stafylidis kostete ihn fast ein Jahr und brachte seine Karriere in Gefahr. Über Jahre schien es danach noch so, als sei durch diese schwere Verletzung etwas bei ihm verloren gegangen.

Erst mit dem Wechsel zu Gladbach 2019 kehrte das Glück zu Embolo zurück, im inzwischen zu Dortmund abgewanderten Marco Rose fand der Basler einen Trainer, der auf ihn setzte, an seiner Spielweise Gefallen fand und diese weiterentwickelte. Bis die Nacht in Essen kam und diese Badewanne.

Der Wink mit dem Zaunpfahl

Hört man dieser Tage bei den Interviews von Breel Embolo mit, dann ist es augenfällig, es hört sich so an, als sei der Teenie-Star von einst nun ernsthaft erwachsen geworden. Seine Worte nach dem Doppelpack gegen Litauen waren gewählt, seine Aussagen wirkten sehr reflektiert und reif. Der Auftritt war sympathisch und demütig.

Sich und seine starken Auftritte wollte er auf gar keinen Fall in den Vordergrund gestellt haben. Vielmehr war es ihm wichtig zu sagen: «Wir können alle glücklich sein, wie wir in diesen zwei Spielen aufgetreten sind, mit dieser Spiellaune und mit dieser Mentalität. Das müssen wir sicher mitnehmen.»

Es scheint so, dass durch den Badewannen-Wirbel für Embolo ein Wink mit dem Zaunpfahl war. Solche Aktionen genauso seine Karriere gefährden können wie schwere Verletzungen. Und es für einen zweifachen Vater an der Zeit ist, sich die Flausen allmählich auszutreiben, stattdessen an Format und Souveränität zu gewinnen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Auf und neben dem Platz. 

«Er hat gemerkt, auf wen er hören muss»

Marco Streller, Experte von blue Sport, ebenfalls Basler und ein Vorgänger von Embolo im Nati-Sturm, meint: «Breel hat schon viel durchgemacht, hatte mit Verletzungen und der einen oder anderen Geschichte, die unter jugendlichem Leichtsinn abgebucht wird, zu kämpfen. Aber das hat ihn sicherlich reifer gemacht.» Ein wichtiger Punkt dabei für Streller: «Er hat gemerkt, auf wen er hören muss.» Und auf wen eben nicht.

Es bleibt Breel Embolo zu seinem Jubiläum mit dem 50. Länderspiel am Dienstag zu wünschen, dass er in den nächsten Jahren weniger mit Verletzungen zu tun haben wird als in den letzten. Und dass er den nun eingeschlagenen Weg fortsetzen kann, sich ihm keine Badewannen oder Ähnliches in den Weg stellen. Dann wird auch die Schweizer Nati noch viel Freude an ihm haben. Denn Streller ist sich sicher: «Er hat die Fähigkeiten, ein absoluter Topstürmer zu sein.» 

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blue Sport-Fussballexperte Marco Streller analysiert den Auftritt der Schweizer Nati gegen Litauen.

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