Die Dänen werden auch nach ihrem Aus als Europameister der Herzen in Erinnerung bleiben. Doch vor nicht allzu langer Zeit wurden Christian Eriksen, Simon und Kjaer und Co. in der Heimat noch regelrecht verachtet.
Erst der Schock um Christian Eriksen, dessen Herz beim Auftaktspiel gegen Finnland einfach stehen blieb. Dann der aufopferungsvolle Kampf im weiteren Verlauf des Turniers und schliesslich das bittere EM-Out gegen England. Es gibt wohl wirklich keinen, der diesen Dänen den Finaleinzug nicht gegönnt hätte.
So wird die Mannschaft von Kasper Hjulmand am Tag nach der 1:2-Pleite nach Verlängerung von der heimischen Presse auch heroisch gefeiert. «Ihr habt die Herzen ganz Dänemarks – und auch Europas – gewonnen», schreibt etwa die Zeitung «BT». Auch «Ekstrabladet» konstatiert: «Sie sind mit Ehre und Würde gefallen.» Und «Berlingske» schreibt: «Die Niederlage nach Verlängerung schmälert nicht die fantastische Leistung.»
Zwischen der Nation und ihrer Nationalelf passt in diesen Tagen kein Blatt mehr. Insbesondere das Eriksen-Drama schweisste «Danish Dynamite» und seine Fans zusammen. Doch das war nicht immer so. Vor drei Jahren wurden die Fussballer in ihrer Heimat noch als «geldgierige Söldner» verpönt.
Mit Halbprofis und Futsalspielern an den Match
Ausschlaggebend dafür war ein Testspiel gegen die Slowakei kurz nach der WM 2018. Im Vorfeld entbrannte ein heftiger Streit zwischen den Nationalspielern und dem Fussballverband DBU. Offiziell ging es um «besseren Versicherungsschutz» und die «Wahrung der Persönlichkeitsrechte». In Wahrheit drehte sich alles ums liebe Geld.
Die Spieler wollten die Möglichkeit haben, individuelle Sponsorenverträge abzuschliessen, auch wenn diese in Konkurrenz zum Teamsponsor stehen. Rädelsführer waren ausgerechnet Christian Eriksen, um dessen Leben vor wenigen Wochen die ganze Welt bangte, und Simon Kjaer, der nun als Lebensretter und Held gefeiert wird.
Weil der Verband nicht einlenken wollte, kündigten Eriksen und Co. an, dem Testspiel gegen die Slowakei fernzubleiben. Der Druck auf den Verband war gross, denn bei einer Absage des Spiels hätten hohe Strafen gedroht. Man müsse angesetzte Länderspiele bestreiten, um eine millionenschwere Geldstrafe und einen möglichen Ausschluss für mehrere Jahre zu verhindern, teilte der DBU mit.
Die Stars weigerten sich aber weiter und wurden in der Heimat als «geldgierige Millionäre» abgestempelt. Und so musste der Verband quasi über Nacht ein komplett neues Team auf die Beine stellen. Letztlich traten die Dänen mit lauter Halbprofis und sogar Futsal-Spielern an – und verloren den Testkick gegen die Slowaken nur mit 0:3.
Die negative Haltung gegenüber der Nationalmannschaft hielt in Dänemark lange an – bis zum Auftaktspiel dieser Europameisterschaft. Seither ist alles anders, die Dänen sind wieder stolz auf ihre Fussballer. Und auch wenn es mit dem zweiten Sensations-Triumph an der EM nach 1992 nicht geklappt hat – einen Titel haben die Dänen dennoch sicher: Sie sind die Europameister der Herzen.