Valon Behrami exklusiv «Xhaka testete seine Grenze – und niemand sagte Nein»

Von Andreas Böni, aus Bukarest

20.11.2023

Valon Behrami: «Xhaka testete seine Grenze – und niemand sagte Nein»

Valon Behrami: «Xhaka testete seine Grenze – und niemand sagte Nein»

Valon Behrami spricht, wie er spielte: geradlinig, klar und offen. Und so sagt der heutige TV-Experte im Interview mit blue Sport, welchen Fehler Granit Xhaka gemacht hat.

20.11.2023

Valon Behrami spricht, wie er spielte: geradlinig, klar und offen. Und so sagt der heutige TV-Experte im Interview mit blue Sport: «Granit Xhaka ist über die Grenze gegangen – und weder Trainer noch Verband haben reagiert.»

Von Andreas Böni, aus Bukarest

Wenn er kam, tat’s dem Gegner weh: Valon Behrami (38) gilt als Nati-Legende, als Mann mit Herz, als einer der beliebtesten Nationalspieler der letzten Jahre. Heute kommentiert er Spiele im italienischen und im Westschweizer Fernsehen.

Behrami sitzt in seiner Tessiner Wohnung, im Hintergrund sind Berge zu sehen. Er nutzt die Zeit, in der er auf seine Ehefrau Lara Gut-Behrami wartet, für ein grosses Interview mit blue Sport. Seine Frau war in Zermatt, wo leider kein Ski-Rennen stattfand. Behrami selbst hat in jenen Tagen für das Tessiner Fernsehen gearbeitet.

Valon, die Schweiz grummelt trotz der EM-Qualifikation über die Nati. Was ist Ihr Fazit über die letzten Monate?

Valon Behrami: Am Anfang war die Reaktion nach der WM sehr gut. Wenn du 1:6 gegen Portugal verlierst, dann hat man vielleicht Angst, dass innerhalb der Mannschaft etwas kaputt geht. Aber die Reaktion auf dieses WM-Aus war extrem gut. Aber dann, nach dem 2:2 im Kosovo, hat sich alles geändert. Die Beziehung zwischen Spielern und Trainer hat sich von einer sehr negativen Seite gezeigt.

Sie reden vom Interview von Granit Xhaka, in dem er nach der Partie Trainer Murat Yakin schlampiges Training vorwarf.

Granit ist einer der besten Spieler unserer Geschichte. Er verdient grossen Respekt. Aber da hat er für mich einen Fehler gemacht. Als Spieler versuchst du immer, über die Grenze zu gehen. Gerade die Mentalität von Spielern mit grosser Persönlichkeit ist es, es immer zu probieren. Ich weiss es, ich war selbst Spieler. Es ist wie mit meinen Kindern. Die versuchen etwas und dann sage ich Nein. Nur hat bei Granit niemand Nein gesagt. Da war keine Reaktion vom Verband und auch keine vom Trainer. Und so war am Ende nicht das Interview das grosse Problem, sondern das Verhalten der Bosse.

Xhaka und Yakin im persönlichen Austausch.
Xhaka und Yakin im persönlichen Austausch.
Bild: Keystone

Inwiefern?

Der Spieler, dem keine Grenzen gesetzt wurden, fühlt, dass er solche Dinge machen kann. Die Teamkollegen auch. Und du hast keine Grenzen mehr im Team in diesem Moment. Dabei kenne ich Granit, er hätte Murat seine Probleme sicher auch eins zu eins ins Gesicht gesagt. Da aber dann keine Reaktion kam, auch vom Verband, kann ich mir vorstellen, dass der Trainer jetzt ein wenig alleine ist.

Der Leadership könnte auch von Pierluigi Tami kommen in so einem Moment.

Ja klar, wenn ich über den Verband spreche, rede ich auch über ihn. Er hat viele Sachen gut gemacht im Verband, aber in solchen Momenten muss da jemand sein, der diese Grenzen macht.

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Der Jubel über die EM-Teilnahme war auch nicht gerade gross auf dem Platz.

Ja. Aber wenn ich ein Ziel erreicht habe, interessiert mich nicht, wie es gekommen ist. Ich muss zeigen, dass ich stark bin als Verband. Das ist sehr wichtig. Gestern mit dieser Reaktion, wo jeder ein wenig negativ war, hast du alle Tore geöffnet zur Kritik. Es ist einfach für uns Journalisten und Experten, nach diesem Jubel über eine Mannschaft zu reden, die keine Freude hat, keinen Spass hat. Als Verband musst du immer zeigen, dass du sicher bist, immer konzentriert bist.

Darum hätten Sie sich mehr Euphorie gewünscht.

Warum nicht? Ich feiere. Ich muss zeigen, dass ich ein gutes Resultat erreicht habe. Klar gibt es Fehler und viele negative Sachen. Aber in diesem Moment muss ich zeigen, dass ich froh über meine Arbeit bin.