Massiver Abbau: Streicht VW bis zu 30.000 Stellen?
Hamburg/Wolfsburg, 19.09.24: Volkswagen steckt in einer tiefen Krise und will mittelfristig kräftig sparen. Laut einem Bricht des Manager-Magazins könnte es bis zu 30.000 Stellen in Deutschland treffen.
Ein Konzernsprecher wollte die Informationen nicht kommentieren.
VW hat in der Kernmarke VW Pkw mit hohen Kosten zu kämpfen. Der Autobauer hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt.
Werksschliessungen und betriebsbedingte Entlassungen stehen zur Debatte. Am 25. September starten die Verhandlungen mit der IG Metall.
23.09.2024
Die Autoindustrie ist gemessen am Umsatz die grösste Industriebranche in Deutschland. Sie ist aber unter Druck geraten. Wirtschaftsminister Habeck hat zu einem «Autogipfel» eingeladen.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Die Autoindustrie als deutsche Schlüsselbranche steckt in einer Krise.
- Auf einem digitalen «Autogipfel» heute Nachmittag suchen der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Autohersteller, Verbände und Gewerkschaften nach Auswegen.
- Vor dem Gespräch wurden viele Forderungen erhoben, um die eingebrochene Nachfrage vor allem nach Elektroautos wieder anzukurbeln.
- Ob bei dem «Autogipfel» konkrete Massnahmen auf den Weg gebracht werden, ist aber offen.
Die Autoindustrie als deutsche Schlüsselbranche steckt in einer Krise. Auf einem digitalen «Autogipfel» heute Nachmittag suchen der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Autohersteller, Verbände und Gewerkschaften nach Auswegen. Vor dem Gespräch wurden viele Forderungen erhoben, um die eingebrochene Nachfrage vor allem nach Elektroautos wieder anzukurbeln. Ob bei dem «Autogipfel» konkrete Massnahmen auf den Weg gebracht werden, ist aber offen.
Die Lage:
Die deutschen Hersteller kämpfen mit schwachen Absatzzahlen und hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Vor kurzem musste Mercedes wegen eines stotternden Laufs in China seine Gewinnprognose für dieses Jahr kappen. Zuvor hatte bereits BWM seine Absatz- und Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gesenkt.
Volkswagen hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt und Werksschliessungen und betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr ausgeschlossen. Dagegen gibt es erbitterten Widerstand von Betriebsrat und IG Metall. Auch bei den Automobilzulieferern ist die Krise angekommen. Zugleich drängen neue Wettbewerber wie Tesla und Hersteller aus China in den Markt.
In einem Papier von SPD-Wirtschaftspolitikern ist die Rede von einer nicht ausreichenden Modellpalette, insbesondere für den Massenmarkt. Verwiesen wird auch auf zu spät ausgebaute Ladeinfrastrukturen.
In einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft heisst es, seit Jahren schrumpfe die Produktion in Deutschland. Sie sei inzwischen im Vergleich zu 2018 rund 25 Prozent niedriger. Der Standort gerate zudem durch hohe Energiekosten immer weiter unter Druck.
Der Gipfel:
Habeck hat für diesen Montag von 15.30 Uhr bis 17 Uhr zu einer Videokonferenz eingeladen. Es geht um einen «Austausch» über die aktuelle Lage der Automobilindustrie, wie aus der Einladung hervorgeht. Eingeladen sind Vertreter des Branchenverbands VDA, der IG Metall, von Volkswagen, BMW, Mercedes Benz, Tesla Deutschland, Bosch, Continental und ZF.
Eine der Leitfragen ist, was die grössten Hemmnisse für den Hochlauf der E-Mobilität in Deutschland ist und wo der dringendste Handlungsbedarf gesehen wird.
Die Ankündigung:
Habeck hatte neue staatliche Fördermassnahmen für Elektroautos in Aussicht gestellt. «Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung zu sehen, dass der Markt jetzt wieder anzieht», sagte er bei einem Besuch des VW-Werks in Emden.
Habeck verwies darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Dadurch soll auch der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos gestärkt werden, weil Firmenwagen relativ schnell zu einem günstigen Preis als Gebrauchtwagen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas geht, sagte Habeck.
Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Massnahmen beschliesst, um die Nachfrage nach Elektroautos anzukurbeln. Nach dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung Ende des vergangenen Jahres sind die Neuzulassungen von E-Autos eingebrochen.
Die Vorschläge:
Vor dem «Autogipfel» überschlugen sich Politiker und Verbände mit Vorschlägen, um die Autokonjunktur zu stärken. «Wir müssen den Markt stimulieren», sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). «Wir müssen jetzt aus dem grossen Topf möglicher Massnahmen mit der grossen Kelle schöpfen.» Lies nannte etwa Kaufanreize für private Autokäufer oder vergünstige Leasingmodelle.
SPD-Wirtschaftspolitiker schlagen eine neue «Abwrackprämie 2.0» vor. Wer seinen Verbrenner «abwrackt» und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6000 Euro bekommen. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3000 Euro geben. Ausserdem könnte ein «Social Leasing-Programms» nach französischem Vorbild eingeführt werden – Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen.
Aus Sicht des Umweltverbands Greenpeace sollte die Bundesregierung eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen und diese mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanzieren. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, forderte, drohende Strafzahlungen von Autobauern bei geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoss aussetzen.
Die Warnung:
Habeck hatte in Emden betont, mögliche neue Fördermassnahmen würden rückwirkend gelten. Die Botschaft dahinter lautet: Potenzielle Käufer von E-Autos sollen sich nun nicht zurückhalten. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer warnt: «Das grosse Risiko der jetzt losgetretenen Autogipfel-Diskussion ist eine weitere Verunsicherung der Verbraucher. Natürlich warten Käufer jetzt erst mal ab, ob eine Prämie kommt.» Für den Markt für Elektroautos bedeute das nichts Gutes.
Von Andreas Hoenig, dpa