Eine ganze Branche ist in der Krise Darum bleibt das E-Auto bei vielen Marken ein Ladenhüter

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7.9.2024

Die Autoindustrie macht einen Wandel durch.  (Archivbild)
Die Autoindustrie macht einen Wandel durch.  (Archivbild)
Xiao Yijiu/Xinhua/dpa

Egal ob Deutschland, Schweden oder Frankreich, die Autoindustrie steckt in einem Wandel. Während viele Marken nur noch E-Autos anbieten wollen, macht Volvo einen Rückzieher.

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Volvo gab bekannt, sich mit der Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektroantrieb noch Zeit zu lassen.
  • Volkswagen steckt in einer Krise und muss nicht nur Stellen abbauen, sondern auch Werke schliessen.
  • Dutzende weitere Unternehmen aus der Autoindustrie sind betroffen von starkem Stellenabbau.

Was ist mit der Autoindustrie los? Die einen fahren nur noch elektrisch, andere schwimmen in die andere Richtung und wollen so lange wie möglich Verbrenner verkaufen. Und die dritten müssen ihre Werke schliessen.

Volvo hat seine Pläne für eine rein elektrische Zukunft über Bord geworfen. Ursprünglich wollte der schwedische Autohersteller ab 2030 nur noch vollelektrische Fahrzeuge verkaufen, doch nun wird auch weiterhin auf Hybridmodelle gesetzt. Bis 2030 sollen mindestens 90 Prozent der verkauften Autos elektrisch oder Plug-in-Hybride sein. Der Rest wird aus Mild-Hybriden bestehen, bei denen ein Elektromotor den Verbrennungsmotor unterstützt.

Volvo erklärt diese Änderung mit veränderten Marktbedingungen und den Wünschen der Kunden. Trotz dieser Anpassung bleibt der Konzern laut CEO Jim Rowan überzeugt, dass die Zukunft elektrisch ist.

Volkswagen muss handeln. Es drohen nicht nur ein Stellenabbau, sondern auch Werkschliessungen.
Volkswagen muss handeln. Es drohen nicht nur ein Stellenabbau, sondern auch Werkschliessungen.
KEYSTONE/DPA/Julian Stratenschulte

Volkswagen steckt in der Krise

Nicht nur in Schweden gibt es Änderungen, auch in unserem nördlichen Nachbarland stehen die Zeichen auf Sturm. Die Situation bei Volkswagen, dem grössten Autohersteller Europas, verschärft sich. Im Zuge eines milliardenschweren Sparprogramms spricht die Kernmarke VW neuerdings auch von Werksschliessungen und zusätzlichen betriebsbedingten Kündigungen.

Der Vorstand des Autoriesen ist überzeugt, dass die Kernmarke VW umfassend restrukturiert werden muss: «Auch Werkschliessungen von Fahrzeugproduzierenden und Komponenten-Standorten können in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden», heisst es. Der bisher geplante Stellenabbau reiche nicht mehr aus, um die Sparziele zu erreichen.

Kunden wollen kein E-Auto mehr

«Die Situation auf dem Neuwagenmarkt ist äusserst angespannt», sagte Constantin Gall von der Beratung EY zur Nachrichtenagentur dpa. «Von einer nachhaltigen Erholung sind wir weit entfernt, die Lücke zum Vorkrisenniveau bleibt sehr gross.» Im bisherigen Jahresverlauf wurden in Deutschland fast 590'000 Neuwagen weniger verkauft als im Vergleichszeitraum 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Angesichts der wenigen Elektroauto-Neuzulassungen wies EY darauf hin, dass im August 2023 ungewöhnlich viele solcher Fahrzeuge zugelassen wurden. Damals hätten Last-Minute-Käufe gewerblicher Kunden noch die Elektro-Neuzulassungen in die Höhe getrieben.

In Deutschland kümmert sich die Bundesregierung um den Automarkt. Sie plant nun wieder eine staatliche Unterstützung, um den Absatz von Elektroautos neu anzukurbeln. Konkret geht es um stärkere steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen. Die Nachfrage nach E-Autos war nach dem Stopp der staatlichen Förderung eingebrochen.

Weitere Unternehmen müssen Personal entlassen

Zu Beginn des Jahres musste die Automobilbranche heftig zurückschrauben. Dutzende Autohersteller und Zulieferer weltweit haben umfangreiche Stellenstreichungen angekündigt. Autoliv plant den Abbau von rund 8000 Arbeitsplätzen, Bosch will bis 2026 insgesamt 1200 Stellen im Software- und Antriebsbereich abbauen, hauptsächlich in Deutschland. Continental wird in seiner Autosparte weltweit Tausende Stellen, vor allem in der Verwaltung, streichen.

Ab wann Unternehmen nur noch E-Autos produzieren

Michelin zieht sich aus der Lkw-Reifenproduktion in Deutschland zurück und streicht über 1500 Jobs. Polestar baut 15 Prozent seiner weltweiten Belegschaft ab, etwa 450 Stellen. Stellantis reagiert auf schwache Nachfrage mit Kurzarbeit und dem Abbau von 600 Stellen. Grund für diese starke Veränderung sind die steigende Inflation und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.

Mercedes will bis in die 2030er-Jahre nur noch Elektromotoren produzieren.
Mercedes will bis in die 2030er-Jahre nur noch Elektromotoren produzieren.
Bernd Weißbrod/dpa

Mercedes-Benz will Marktführer in Sachen Elektroantrieb werden

Weitere Änderungen kommen im Bereich E-Autos und erneuerbare Energie. Dass Mercedes-Benz stark in die E-Mobilität investiert, ist lange bekannt. Doch jetzt setzt Mercedes-Benz noch einen drauf. Im Juli eröffnete der Konzern den sogenannten eCampus in Stuttgart. Da soll die Entwicklung der Lithium-Batterien stattfinden. Hunderte Mitarbeiter sollen bereits dieses Jahr in der Forschung und Optimierung im eCampus ihren Arbeitsplatz einnehmen.

Zudem will Mercedes bis 2030 nur noch E-Autos im Sortiment haben. Die Vision: Alle Menschen sollen sich in Zukunft einen Mercedes mit einem Elektroantrieb leisten können. Kritiker*innen sehen aber eine Hürde. Denn Mercedes-Benz ist im Vergleich zu anderen Marken auf der teuren Seite. Zudem ist nicht ersichtlich, wie ein Konzern mehrere Hundert Millionen Euro in die Entwicklung und Produktion eines eCampus investieren kann und gleichzeitig eine E-Klasse um 20'000 Euro zu senken.


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