Ein Jahr nach dem BankenbebenWar die CS für die UBS am Ende doch ein Schnäppchen?
gbi, SDA
19.3.2024
Die Credit Suisse ist gescheitert, die UBS schluckt ihre Konkurrentin: Heute vor genau einem Jahr erschütterte ein Bankenbeben die Schweiz. Was ist seither passiert? Und was kommt noch? Eine Bestandesaufnahme.
gbi, SDA
19.03.2024, 15:34
19.03.2024, 17:10
gbi, SDA
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Vor genau einem Jahr verkündeten Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter, Bundespräsident Alain Berset, die Spitzen von UBS, Credit Suisse und Schweizerischer Nationalbank das Aus der krisengeschüttelten CS.
Die Lösung: Die UBS übernahm die kleinere Konkurrentin für rund drei Milliarden Franken.
Der Prozess der Zusammenlegung der beiden Grossbanken ist nach wie vor im Gange.
blue News gibt dir einen Überblick über die Folgen dieses Bebens auf dem Schweizer Finanzplatz.
Auch wenn Herr und Frau Schweizer noch wenig vom Untergang der Credit Suisse in ihrem Alltag bemerken: Das wird sich ändern. Das CS-Logo wird aus dem Schweizer Stadtbild verschwinden, ausserdem zahlreiche Filialen. Derzeit gibt es in der Schweiz rund 190 UBS-Filialen und 95 CS-Filialen.
Die ersten CS-Filialen werden im April 2024 ihre Türen schliessen. Das bestätigte die UBS den Titeln von CH Media. Konkret gibt es fünf Standorte, an denen in einer Pilotphase die Bankfilialen zusammengelegt werden: Mendrisio TI, Delsberg, Grenchen SO und die beiden Aargauer Gemeinden Rheinfelden und Frick. An diesen Standorten wolle man nun erste Erfahrungen sammeln, so die UBS. Im dritten Quartal 2024 sollen weitere 20 Standorte folgen.
Schweizweit seien 85 Standorte ermittelt worden, an denen Filialen von UBS und CS in unmittelbarer Nähe zueinander stehen. Laut UBS-CEO Sergio Ermotti könnten sogar rund 100 Filialen der Fusion zum Opfer fallen. Dieser Konsolidierungsprozess soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus?
Die Übernahme soll laut dem offiziellen Zeitplan bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Und das UBS-Management unter CEO Sergio Ermotti gibt Gas: Die erste von drei Phasen ist bereits abgeschlossen. Dabei ging es vor allem darum, die krisengeschüttelte CS wieder zu stabilisieren.
In der jetzt laufenden zweiten Phase geht es darum, das kombinierte Geschäft der beiden Grossbanken zu optimieren und zu restrukturieren. Der wohl wichtigste Schritt dabei ist die Fusion der noch immer separat geführten rechtlichen Einheiten, der UBS AG und der Credit Suisse AG. Diese soll bis Mitte 2024 vollzogen sein.
Die Fusion der hiesigen Ländergesellschaften UBS Switzerland AG und Credit Suisse (Schweiz) AG folgt dann gemäss den Plänen der UBS im dritten Quartal 2024, wobei die CS Schweiz bis 2025 schrittweise in die UBS-Systeme überführt werden soll.
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Hohe Priorität räumt das Management dem Senken der Kosten bei. Bis Ende 2026 sollen 13 Milliarden Dollar eingespart werden. Per Ende 2023 waren rund vier Milliarden Dollar bereits eingespart. Dies im Vergleich zu den Kosten, die beide Grossbanken noch 2022 ausgewiesen hatten. Natürlich geht diese Sparübung auch zulasten des Personals (siehe unten).
Ab 2027 – wenn die Restrukturierung abgeschlossen ist – will die UBS nicht mehr in erster Linie mit sich selbst beschäftigt sein, sondern auch wieder wachsen.
Wie viele Angestellte verlieren ihre Stelle?
Die Übernahme der CS führt zu einem Stellenabbau im grossen Stil. Bereits per Ende 2023 waren rund 10’000 Vollzeitstellen weggefallen: Zusammen beschäftigten UBS und CS noch 113’000 Personen.
Wie die neue UBS aussehen werde, sei immer noch offen, erklärt Natalia Ferrara, Geschäftsführerin des Bankenpersonalverbands SBPV, auf Anfrage von blue News. Der Verband setzt sich dafür ein, dass der Stellenabbau so klein wie möglich ausfällt. «Dieser Erhalt der Arbeitsplätze mit den verbundenen Ausbildungsplätzen ist für den Finanzplatz Schweiz zentral.»
Wichtig sei es, dass alle Mitarbeitenden der beiden Banken gleich behandelt würden. Ausserdem müssten vor allem ältere Angestellte besonders geschützt werden.
Für jene rund 3000 Angestellten, die ihre Stelle verlieren, sei ein guter Sozialplan ausgearbeitet worden: «Wir nehmen die UBS hier beim Wort», betont Ferrara. Indem die Grossbank die Restrukturierung über mehrere Jahre durchführe, nehme sie ihre soziale Verantwortung wahr. «Dies schmälert nicht die Einzelschicksale.»
Springen CS-Kund*innen ab?
Laut einer Auswertung der Hochschule Luzern sind bereits kurz vor der CS-Notrettung rund 60 Milliarden Franken an Kund*innengelder abgeflossen, mehr als die Hälfte davon zu den Kantonalbanken. Doch der Chef der Zürcher Kantonalbank ZKB wehrt sich gegen den Eindruck, die Kantonalbanken seien die grossen Profiteure: «Im Allgemeinen wird der CS-Effekt, vor allem wenn wir unser Institut anschauen, überschätzt», sagte Urs Baumann in der SRF-Sendung «Eco Talk» vom Montagabend.
Baumann räumte zwar ein, dass auch die ZKB Kund*innen von der CS gewonnen habe. Jedoch gebe es seit einigen Jahren ohnehin eine «Bewegung zu sicheren Häfen», so der ZKB-Chef. Die Kantonalbanken gelten wegen der in den meisten Fällen garantierten Staatsgarantie als besonders krisenfest.
Für die besonders gut betuchte CS-Kundschaft mit zweistelligen Millionenbeträgen auf der hohen Kante seien global tätige Grossbanken die bessere Anlaufstelle, glaubt Banken-Professor Maurice Pedergnana von der Hochschule Luzern. Diese würden wohl eher bei J.P. Morgan oder Goldman Sachs andocken statt bei der UBS, sagte er zu SRF.
Hat sich die Übernahme für die UBS gelohnt?
Als die UBS die CS für rund drei Milliarden Franken schluckte, war oft von einem Superdeal die Rede. UBS-Chef Sergio Ermotti widerspricht dem vehement. «Ich muss wirklich lachen, wenn ich höre, dass das ein Geschenk war», erklärte er in der Talksendung «Gredig direkt» von SRF etwa.
Im dritten und vierten Quartal 2024 musste die UBS wegen der CS-Übernahme tatsächlich einen Verlust ausweisen. Im vierten Quartal waren es 279 Millionen Dollar, im dritten Quartal 785 Millionen Dollar. Aber: Über das gesamte Jahr 2023 betrachtet, resultierte bei der UBS ein Rekordgewinn von 29 Milliarden Dollar. Und dieser war laut SRF eine direkte Folge der CS-Übernahme. Und zwar in Form von «negativem Goodwill» von 28,9 Milliarden Dollar, «da der Kaufpreis deutlich unter dem Buchwert der damals zweitgrössten Schweizer Grossbank lag».
Wie gross ist die neue Supergrossbank?
Die Zahlen zeigen: Die neue Super-UBS hat nach der Übernahme eine eindrückliche Grösse erreicht. Sie wies per Ende 2023 eine Bilanzsumme von 1718 Milliarden Dollar aus, wovon rund zwei Drittel aus der alten UBS und ein Drittel aus der ehemaligen CS stammten. Zum Vergleich: Die UBS-Bilanz ist damit mehr als doppelt so gross wie das gesamte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz.
In der Schweiz ist die fusionierte Bank zu einer noch grösseren Macht geworden und jetzt unangefochtene Marktführerin. Die kombinierten Kund*inneneinlagen erreichten Ende 2023 rund 270 Milliarden Franken und das Kreditvolumen überstieg 280 Milliarden Franken. Damit überholte die UBS den bisherigen Spitzenreiter, die Raiffeisen Schweiz.
Auch auf internationalem Parkett ist die UBS ein Schwergewicht geworden. Das zeigt sich etwa im Bereich Vermögensverwaltung: 5,7 Billionen Dollar an Kund*innengeldern betreut sie. Vor der Übernahme waren es bei der UBS noch vier Milliarden Dollar gewesen.
Zulegen konnte die UBS auch im Bereich Asset Management, dem Vermögensverwaltungsgeschäft für institutionelle Kunden wie etwa Pensionskassen: Sie stieg hier zur Nummer 3 in Europa und zur Nummer 11 der Welt auf.
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Und wer soll diese Supergrossbank zähmen?
Vor einem Jahr war der Aufschrei in der Politik gross: Dass der Staat für die Rettung einer Grossbank einspringen müsse, so etwas dürfe nie wieder passieren. Für einmal waren sich die Parteien von links bis rechts einig, dass es gesetzliche Anpassungen brauche.
Seither hat sich vor allem im bürgerlichen Lager die Lautstärke normalisiert. Im Nationalrat bremste etwa SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi vergangene Woche einen Vorstoss aus seiner eigenen Partei aus. Die Motion wollte den Bundesrat dazu verpflichten, ein Gesetz vorzulegen, das «keine Schweizer ‹Too big to fail›-Banken» mehr erlaube. Doch Aeschi brachte die Mehrheit im Nationalrat dazu, den Vorstoss vorerst zurückzustellen, wie die Tamedia-Titel berichteten.
Aeschis Argumentation: Erst einmal solle der Bericht der eigens für den CS-Untergang eingesetzten Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) abgewartet werden. Und dieser wird erst Ende Jahr erwartet.
Dafür nahm der Nationalrat eine andere SVP-Motion an, mit der die Top-Kader von systemrelevanten Banken in die Pflicht genommen werden sollen. Muss der Bund einer strauchelnden Bank mit öffentlichen Geldern zur Hilfe eilen, soll die Bankspitze finanziell dafür geradestehen. Der Vorstoss geht nun in den Ständerat.
Bereits im April wird die geltende «Too big to fail»-Regulierung in den Fokus rücken. Nach dem CS-Untergang hatte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) von Bundesrätin Karin Keller-Sutter eine Beurteilung des Regelwerks angekündigt. Deren Ergebnisse sollen nun in einen Bericht des Bundesrats zu systemrelevanten Banken einfliessen.
Dabei dürfte es auch um die Frage gehen, warum die Behörden als Lösung die CS-Übernahme durch die UBS wählten und nicht etwa eine Sanierung gemäss «Too big to fail»-Regelungen.
In die Kritik geraten waren nach dem Bankenbeben alle involvierten Behörden: die Finanzmarktaufsicht (Finma), die Schweizerische Nationalbank (SNB) und auch das EFD und dessen früherer Vorsteher, SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Aber auch die Zusammenarbeit der Behörden wurde teilweise als nicht optimal kritisiert.
Dass die Nervosität vor dem PUK-Bericht hoch ist, zeigte sich auch daran, dass die Rücktrittsankündigung von SNB-Chef Thomas Jordan von Anfang März in mehreren Medien sofort damit verknüpft wurde – was Jordan allerdings klar zurückwies.