CEO der neuen Superbank Sergio Ermotti spricht Klartext, auch wenn er damit aneckt

Von Gil Bieler

29.3.2023

Sergio Ermotti: «Ich bin mir der Verantwortung und der Erwartungen voll bewusst»

Sergio Ermotti: «Ich bin mir der Verantwortung und der Erwartungen voll bewusst»

Der künftige UBS-Chef Sergio Ermotti konnte nicht anders, als den Job bei der grössten Schweizer Bank noch einmal anzunehmen. Er fühle sich geehrt, gefragt worden zu sein, diese Transformation zu managen, sagte Ermotti am Mittwoch vor Medien.

29.03.2023

Er ist ein Mann der deutlichen Worte und spart nicht mit Kritik – selbst wenn er damit aneckt. Das hat Sergio Ermotti in seiner ersten Amtszeit als UBS-CEO bewiesen. Ein Blick ins Archiv.

Von Gil Bieler

29.3.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der neue UBS-CEO ist kein Unbekannter: Sergio Ermotti hat die Bank bereits von 2011 bis 2020 geführt.
  • In seiner ersten Amtszeit fiel der Bankenchef öfter mit markanten Aussagen auf.
  • Ein Blick zurück zeigt: Ermotti sparte auch nicht mit Kritik an Bundesrat und Schweizerischer Nationalbank.

Er übernehme in einem «wichtigen Moment» für die UBS, sagte Sergio Ermotti am Mittwoch vor den Medien, als er als neuer CEO vorgestellt wurde. Der 62-jährige Tessiner wird ab April die Geschicke der UBS leiten, die durch die Übernahme der Credit Suisse zur Megabank wird.

Der neue CEO startet mit viel Vorschusslorbeeren. Ermotti hat sich während seiner ersten Amtszeit bei der UBS von 2011 bis 2020 grosse Anerkennung in der Branche erarbeitet. Er übernahm die Grossbank damals in turbulenten Zeiten, nachdem sie durch den Staat gerettet werden musste. Jetzt, bei der zweiten Runde, dürfte der Tessiner noch stärker im Fokus der Öffentlichkeit stehen.

Etwas dürfte aus seinem bisherigen Wirken als Banken-CEO bereits deutlich geworden sein: Sergio Ermotti redet gerne Klartext und spart nicht mit Kritik an den Behörden. Da der Bund und die Nationalbank mit Garantien von 109 Milliarden respektive 100 Milliarden Franken im Boot sitzen, dürfte das interessant zu beobachten werden. 

Aus aktuellem Anlass: Eine Auswahl von Ermottis pointiertesten Aussagen während seiner ersten UBS-Amtszeit.

2015: UBS gar nicht so gross

In einem Interview mit der «Finanz und Wirtschaft» wurde Ermotti auf die Bilanzsumme der UBS angesprochen, die viel grösser war als die gesamte Wirtschaftsleistung (BIP) der Schweiz. Sollte die UBS noch einmal in Not geraten, wäre dies für die Schweiz fatal.

Darauf antwortete der UBS-Chef: «Das ist ein hypothetischer Einwand. Die Grösse der Bank im Verhältnis zur Volkswirtschaft ist nicht von so entscheidender Bedeutung. Die Erfahrung spricht für sich: Die Schweiz konnte die Rettung der UBS im Oktober 2008 verkraften.»

2017: Drohen mit dem Wegzug ins Ausland

In einem Interview mit «Le Matin Dimanche» drohte Ermotti damit, den Sitz der UBS ins Ausland zu verlegen. «Ich bin Schweizer, ich will, dass die UBS in der Schweiz bleibt. Doch nichts ist zu 100 Prozent sicher», sagte er der Westschweizer Zeitung. Der Tessiner brachte nicht zum ersten Mal eine Abwanderung ins Spiel – und wehrte sich damit gegen eine zu strenge Bankenregulierung in der Schweiz.

2018: Kritik an Nationalbank

«UBS-Chef Ermotti kritisiert Nationalbank», titelte die «SonntagsZeitung» im Oktober 2018. Konkret ging es um die seiner Meinung nach aufgeblähte Bilanzsumme der Schweizerischen Nationalbank (SNB). «Ich wundere mich vor allem, wenn im Stabilitätsbericht der Nationalbank das Wachstum der Grossbanken als Risiko thematisiert wird. Ich glaube, die Negativzinsen und die Grösse der Bilanz der Nationalbank sind die viel grösseren Risiken», sagte Ermotti.

Von der UBS gehe dagegen – zehn Jahre nach der Staatsrettung – kein Risiko mehr aus. Die «Too big to fail»-Problematik sei entschärft, wer das Gegenteil behaupte, betreibe «Angstmacherei».

2018/19: Vom Bundesrat im Stich gelassen

Die UBS wehrte sich 2019 in Paris gegen eine milliardenschwere Busse und Schadenersatzzahlungen an den französischen Staat. Die Bank war von einem Gericht wegen Geldwäsche und Beihilfe zu Steuerhinterziehung verurteilt worden, focht das Urteil aber an.

Ermotti sagte 2019 in einem Interview mit dem «Blick», er fühle sich vom Bundesrat «ein bisschen» im Stich gelassen. Der französische Finanzminister habe sich noch während der laufenden Untersuchung öffentlich eine Verurteilung der UBS gewünscht – «und die Schweiz reagiert nicht darauf». Das könne nicht sein. «Stellen Sie sich vor, was los wäre, wenn ein Schweizer Bundesrat während eines Verfahrens die Verurteilung eines Unternehmens wünschen würde!»

Ähnlich äusserte er sich bereits 2018 in der «SonntagsZeitung»: «Wo bleibt da die Gewaltentrennung?», fragte er auf den französischen Finanzminister angesprochen. «Aus Bern gab es dazu überhaupt keine Reaktion», für ihn sei das «unverständlich».

Der Gang durch die Instanzen hat sich für die UBS in Frankreich übrigens gelohnt: Die Strafe von ursprünglich 3,7 Milliarden sank auf eine Busse von 3,7 Millionen Euro.

2019: Rentenalter 72

Im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» dachte Ermotti darüber nach, wie die Altersvorsorge reformiert werden könnte. «Ein Vorschlag wäre: Alle, die heute 35 oder jünger sind, sollten sich darauf einstellen, bis 70 oder 72 zu arbeiten.» Denn diese würden ja auch «sehr viel älter werden». «Für heute 50- oder 55-Jährige wäre das natürlich anders.»

Gleichzeitig müsse darüber nachgedacht werden, wie das AHV-Geld verteilt werde. «Leute wie ich sind nicht auf die AHV angewiesen. Umgekehrt gibt es Leute, die eine höhere Mindestrente nötig hätten.»

2020: Zu strenge Vorschriften

Am Ende seiner ersten Amtszeit bei der UBS warnte Ermotti, dass die Schweiz bei der Bankenregulierung den Bogen überspannt habe. «Dass es Verschärfungen gab, war wichtig und richtig. Aber in einigen Bereichen ist man zu weit gegangen», sagte der Tessiner den Zeitungen von CH Media, ohne konkret zu werden. Zudem kritisierte er, ein «Missbrauch der direkten Demokratie mit extremen Volksinitiativen» habe zusätzliche Unsicherheiten geschürt.

Er warnte, der Finanzplatz Schweiz drohe ins Hintertreffen zu geraten: «Nach dem Brexit werden die Briten mit aller Kraft versuchen, den Finanzplatz zu stärken. Durch eine strenge, aber pragmatische Regulierung», sagte Ermotti. «In der Schweiz fehlt dieser Pragmatismus manchmal.»

2022: Zu viele Banken in der Schweiz

War es eine Vorahnung? «Die Schweiz braucht nicht zwei Grossbanken», sagte Ermotti vor nicht einmal einem halben Jahr der «NZZ am Sonntag». Zwar sei es schön, dass UBS und CS in der Schweiz präsent seien, doch: «Der Inlandmarkt ist nicht von den beiden Grossbanken abhängig.» Der Swiss-Re-Präsident ging noch einen Schritt weiter: «Ebenso könnte man sich fragen, ob die Schweiz 24 Kantonalbanken braucht. Ich denke nicht.»

Ist das Vertrauen in die Schweizer Banken noch intakt?

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Zerstört die Zwangsheirat zwischen UBS und Credit Suisse das Vertrauen in die Schweizer Banken? Und wie sehen die Menschen auf der Strasse die Rettungsaktion? blue News hat sich in Zürich umgehört.

20.03.2023

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