Prämien-Hammer 2025 «Kassen müssen sich jetzt bemühen, Kunden zu behalten»

Lea Oetiker

4.10.2024

Die Krankenkassenprämien steigen nächstes Jahr im Durchschnitt um sechs Prozent. Das führt nun dazu, dass viele Menschen ihre Krankenkasse wechseln wollen.
Die Krankenkassenprämien steigen nächstes Jahr im Durchschnitt um sechs Prozent. Das führt nun dazu, dass viele Menschen ihre Krankenkasse wechseln wollen.
KEYSTONE

Eine neue Befragung der Deloitte zeigt: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung erwägt einen Wechsel der Krankenkasse oder eine Anpassung. Was heisst das jetzt für die unterschiedlichen Kassen? Eine Einschätzung.

Lea Oetiker

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nach dem erneuten Anstieg der Krankenkassenprämien im nächsten Jahr erwägen nun mehr als die Hälfte einen Wechsel oder Anpassung ihrer Krankenkasse.
  • In Zahlen sind dies 1.1 Millionen Menschen. 
  • Marcel Thom, Studienleiter der Deloitte, gibt blue News eine Einschätzung.

Die Krankenkassenprämien steigen nächstes Jahr im Durchschnitt um sechs Prozent. Das führt nun dazu, dass viele Menschen ihre Krankenkasse wechseln wollen. Dafür hat man noch bis zum 30. November Zeit.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung erwägt einen Wechsel oder eine Anpassung, dies jedenfalls zeigt eine neue Befragung des Beratungsunternehmens Deloitte. Konkret denken 34 Prozent darüber nach, zu einer anderen Kasse zu gehen. Weitere 20 Prozent erwägen, ihr Versicherungsmodell oder ihre Franchise zu optimieren.

Das sind die Handlungsabsichten. Tatsächlich umsetzen werden sie aber nicht alle. Dennoch erwartet die Deloitte eine Wechselquote von 8 bis 12 Prozent. In Zahlen heisst das: 700'000 bis 1,1 Millionen Menschen dürften demnach ihre obligatorische Krankenversicherung wechseln.

Die Einheitskasse wird immer beliebter

Gemäss der Umfrage befürworten 70 Prozent der Schweizer*innen zudem einen Systemwechsel und würden einer Einheitskasse zustimmen. Das deutet darauf hin, dass sich die Menschen von einer Einheitskasse in erster Linie tiefe Prämien erhoffen. Diese Erwartungen seien überzogen, denn die Verwaltungskosten der Krankenkassen würden im Durchschnitt fünf Prozent der Prämien betragen. Laut Communiqué könnte selbst eine sehr effiziente Einheitskasse die Prämien nur marginal reduzieren.

Nichtsdestotrotz sagen 75 Prozent der Befragten, dass sie mit ihrer Krankenkasse «zufrieden» oder «sehr zufrieden» seien.

Die KPT ist nur noch in Appenzell Ausserrhoden preislich führend

Versicherte der Kassen Assura, Concordia und KPT wechseln häufig ihre Versicherung. Dies könnte mit den attraktiven Prämien zusammenhängen, die diese Kassen in den letzten Jahren angeboten haben. Viele preisbewusste Kunden haben sich dadurch anlocken lassen, sind aber auch bereit, erneut zu wechseln, wenn sie anderswo ein besseres Angebot finden.

Laut der Befragung gehört die Concordia in fast der Hälfte aller Prämienregionen zu den drei günstigen Anbietern. Auch Helsana, Sanitas, Sympany und ÖKK könnten von der aktuellen Situation profitieren.

Die KPT steht diesmal jedoch auf der Seite der Verlierer*innen. Die Krankenkasse ist nur noch in Appenzell Ausserrhoden preislich führend und hat in zwei Drittel der Regionen ihre Position verschlechtert. Auch die Groupe Mutuel und die CSS, die grössten Krankenkasse der Schweiz, könnten Marktanteile verlieren.

Krankenkassen sollten Werbung und Kundenbetreuung intensivieren

Und was heisst das jetzt konkret für die Krankenkassen? «Diese müssen sich jetzt stark drum bemühen, Kunden zu behalten», so Marcel Thom, Studienleiter der Deloitte, im Gespräch mit blue News.

Dafür gäbe es verschiedene Möglichkeiten: «Beispielsweise durch Werbung oder, dass die Kassen ihre Kundenbetreuung intensivieren, damit die Versicherten merken, dass ihre Versicherung sich um sie bemüht.» Dies braucht allerdings Zeit und Kontinuität. «Wie viel Geld die verschiedenen Krankenkassen dafür ausgeben werden, ist aber individuell», so Thom.

Aber: Eine Krankenkasse, die eine ungenügende Solvenz hat, darf gar nicht viel wachsen. So viel Geld kann sie kurzfristig gar nicht aufbauen. «Mit dem Wachstum müssen die Versicherer deshalb auch vorsichtig sein», erklärt Thom.

Kundenverluste können positive finanzielle Auswirkungen haben

Dazu kommt, dass jeder Versicherungswechsel administrativen Aufwand und Kosten verursacht. Wenn also bis zu 1,1 Millionen Menschen ihre Kasse wechseln wollen, kommt eine hohe Summe zusammen. «Wie hoch diese Kosten sein werden, lässt sich kaum vorhersagen», so Thom. Auch das sei von Kasse zu Kasse wieder unterschiedlich.

Kundenverluste können für Krankenkasse kurzfristig sogar positive finanzielle Auswirkungen haben. Thom erklärt es so: «Wenn beispielsweise eine Reserve von 10 Franken für ursprünglich fünf Personen aufgebaut wurde und nun drei Personen die Krankenkasse verlassen, hat die Versicherung immer noch 10 Franken. Die Reserven werden nicht abgezogen.» Ein Kundenabgang stärke die Reserven bei Krankenkassen.

Dies kann dazu führen, dass Krankenkassen ihre Prämien ab und zu erhöhen müssen, um ihre Kosten zu decken und einen kontrollierten Kundenabgang zu bewirken. Ziel ist dabei, die finanzielle Situation langfristig zu stabilisieren. «Für eine Krankenkasse ist es oftmals schwieriger, wenn sie stark wächst, anstatt wenn sie einige Kunden verliert», erklärt