Muss man vor der Tigermücke Angst haben?
Tessin, Graubünden, Basel und seit Sommer 2019 auch in Zürich: Die asiatische Tigermücke ist auf dem Vormarsch und beunruhigt die Bevölkerung. Schliesslich gilt das Insekt als Überträger tropischer Virus-Erkrankungen. Sind wir in Gefahr?
17.01.2020
Der Wetterumschwung von kühl und nass zu warm und sonnig bietet ideale Bedingungen für Stechmücken. Was heisst das für die Mücken – und für dich? Droht eine frühsommerliche Plage?
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Der Wetterumschwung von kühl und nass zu warm und sonnig ist für Stechmücken ideal.
- Der Parasitologe der Universität Zürich sagt, ob du dich bereits gegen Mücken wappnen musst.
- Für deren Entwicklung kommt es auf die Tageslichtdauer und die Wassertemperatur an.
Nach dem durchschnittlich niederschlagsreichen und kühlen April klopft während der nächsten Tage der Sommer an die Tür.
Der abrupte Wetterwechsel bringt vermeintlich gute Bedingungen für Mücken. Bevor du jetzt denkst: Oh nein! Diese nervigen Blutsauger sind schon wieder da, hier ein paar interessante Fakten zu den Insekten.
Haben Mücken überhaupt eine sinnvolle Aufgabe?
In der Tat haben Stechmücken eine wichtige Funktion im Ökosystem. Sie sind Futter für zahlreiche Amphibien-, Fisch-, Vogel- und Insektenarten.
Für den Parasitologen der Universität Zürich, Alexander Mathis, haben Mücken auch eine noch wenig diskutierte Rolle: «Sie trainieren unser Immunsystem.» Durch den Mückenstich würden auch Krankheitserreger übertragen, welche das menschliche Abwehrsystem fordern, erklärt Mathis. In der Schweiz habe man momentan das Glück, dass Mücken keine schwere Krankheitserreger übertragen. Allfällige Erkrankungen würden in den meisten Fällen (rund 80 Prozent) mit milden Erkältungssymptomen verlaufen, so der Parasitologe.
Welche Mückenarten gibt es in der Schweiz?
Gemäss Bundesamt für Umwelt Bafu, gibt es in der Schweiz rund 35 heimische Mückenarten. Die am häufigsten verbreitete ist die Gemeine Hausmücke (Culex pipiens).
Mit Ausnahme von Australien und der Antarktis ist die Gemeine Hausmücke weltweit verbreitet, schreibt das deutsche Institut für Schädlingskunde. Sie hat sich an das Leben um und in Gebäuden angepasst und fliegt zur Nahrungssuche gezielt in Gebäude.
Während sich die männlichen Culex pipiens von Nektar ernähren, müssen die Weibchen für ihre Eierproduktion Blut zu sich nehmen. Die Weibchen der einheimischen Stechmückenarten saugen in der Regel in der Dämmerung und nachts Blut, manche Arten können aber auch tagsüber zustechen.
Es gibt aber auch gebietsfremde, sogenannte invasive Stechmückenarten. Das sind die Asiatische Tigermücke, die Asiatische Buschmücke und die Koreanische Buschmücke. Die drei Arten seien besonders aggressiv und saugen auch tagsüber Blut, schreibt das Bafu.
Weil die Asiatische Tigermücke mehr als 20 Krankheitserreger wie etwa das Dengue-, Chikungunya und das Zika-Virus übertragen kann, wird deren Population und Entwicklung durch den Bund und die Kantone überwacht und bekämpft.
Wie können Stechmücken Blut saugen?
Damit die weiblichen Stechmücken wissen, wo sie zustechen können, orientieren sie sich an verschiedenen Faktoren. Etwa der Körperwärme, dem ausgeatmeten Wasserdampf und Kohlendioxid, sowie dem Schweiss und anderen Substanzen, die der Körper abgibt.
Gemäss Alexander Mathis würden Mücken in den wenigsten Fällen Menschen stechen. Sondern vielmehr Vögel und andere Säugetiere. Eigentlich seien die Blutsauger kleine Opportunisten, meint Mathis: «Die stechen, was ihnen vor den Schnabel kommt.»
Apropos: Eine weibliche Mücke schlägt ihre Flügel 350-mal pro Sekunde. Männchen sogar noch mehr. Und im Maximum lebt eine Gemeine Hausmücke zwei Wochen.
Wo halten sich die Mücken auf?
Stechmücken legen ihre Eier ins Wasser oder in dessen Nähe ab. Also am Ufer, in einer Pfütze oder anderen Wasserlachen. Ihre Larven entwickeln sich im Wasser, verpuppen sich und die ausgewachsene Mücke kann das Wasser verlassen.
Bemerkenswert ist, welche Rolle die Wassertemperatur bei der Larvenentwicklung spielt. Laut Mathis muss das Wasser 6 bis 7 Grad warm sein, damit sich überhaupt Mückenlarven bilden können. Dann könne es bis zu einem Monat dauern, bis die Larve alle vier Larvenstadien durchlaufen habe, so Mathis. Mit steigender Wassertemperatur verkürzt sich die Entwicklungszeit. Deshalb könne im Hochsommer die Mückenpopulation explodieren, wenn das Wasser plötzlich auf 25 Grad ansteige und die Entwicklungszeit nur noch fünf Tage daure, erklärt Mathis.
Gibt's wegen der steigenden Temperaturen eine Mückenplage?
Mit einer sogenannten Mückenplage rechnet Mathis nicht: «Für die Larvenentwicklung ist es noch zu kalt.» Wichtig sei, dass die Wassertemperatur stimme, die durch die Lufttemperatur beeinflusst werde. Die gefühlten Mückenplagen gebe es in der Schweiz meist im Juli, in seltenen Fällen im Juni, wenn der Mai zu warm und zu nass war, sagt Mathis.
Nebst der Wasser- und Lufttemperatur seien aber auch die länger werdenden Tage entscheidend. Damit Mücken im Frühjahr aus der Winterruhe erwachen und sich entwickeln, brauchen sie eine gewisse Tageslänge, erklärt der Parasitologe weiter.
Ab wann ist es eine Mückenplage?
«Das ist sehr individuell», sagt Mathis. Eine wissenschaftliche Definition einer Mückenplage gebe es nicht.
Wie schützt man sich am besten vor Mückenstichen?
Mann kann einige Massnahmen treffen, um das Risiko von Mückenstichen zu verringern:
- 1) Insektenschutzgitter an den Fenstern anbringen – das verhindert, dass die Mücken ins Heim fliegen.
- 2) Abweisende Substanzen (gibt's in der Drogerie oder Apotheke) verhindern, dass sich die Mücken auf ungeschützte Hautpartien setzen.
- 3) Um zu verhindern, dass die Mücken in der Umgebung des Hauses ihre Eier ablegen können, sollte man Regentonnen abdecken, Vogeltränken, Untersetzer von Pflanzentöpfen usw. entleeren.
- 4) Lange, helle Kleider tragen, denn die fliegenden Blutsauger lassen sich von Dunklem leiten.
Was tun, wenn eine Mücke doch zugestochen hat?
Es gibt zwei Methoden, sagt Mathis: «Kühlen oder wärmen.» Denn wenn die Mücke zusticht, injiziert sie mit ihrem Speichel Eiweisse in die Stichwunde. Darauf würden einige Menschen allergisch reagieren. Dann könne man entweder wärmen, um die Entzündung zu lindern, oder kühlen, um den Juckreiz zu stillen, erklärt Mathis.