Hinter der Feuerfront Freiwillige retten bei Waldbrand zurückgelassene Haustiere

Von Jamie Ding und Ty O'Neil, AP

3.8.2024

«Park Fire»: Einer der grössten Waldbrände der Geschichte Kaliforniens

«Park Fire»: Einer der grössten Waldbrände der Geschichte Kaliforniens

Seit Tagen kämpft die Feuerwehr in Kalifornien gegen einen gewaltigen Waldbrand mit dem Namen «Park Fire» nördlich von Sacramento an. Dabei handelt es sich laut Angaben der Behörden bereits jetzt um den sechstgrössten Waldbrand in der Geschichte Kaliforniens.

03.08.2024

Auf der Flucht vor Waldbränden in den USA müssen viele Menschen ihre Haustiere zurücklassen. Freiwillige versorgen sie. Darüber freuen sich nicht nur die Besitzer.

Von Jamie Ding und Ty O'Neil, AP

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Müssen Menschen bei Waldbränden aus ihren Häusern schnell evakuiert werden, bleiben nicht selten die Haustiere zurück.
  • Freiwillige kümmern sich um überlebende Tiere, bringen ihnen Futter und Wasser.
  • Denn wenn das Feuer in einem Gebiet erloschen ist, kann es noch Tage dauern, bis der Evakuierungsbefehl aufgehoben wird.

Der grösste Waldbrand dieses Jahres in Kalifornien hat Zehntausende Menschen in die Flucht getrieben. Zurückgelassen haben sie nicht nur ihr Hab und Gut, sondern auch ungezählte Katzen, Hunde, Hühner, Pferde, Ziegen und andere Tiere. Die sind nicht nur von Flammen bedroht, sondern – falls sie das Feuer überleben – vom Hungertod, weil alles verkohlt ist.

Um sie kümmern sich Menschen wie Norm Rosene. In Cohasset im Norden Kaliforniens stösst der 66 Jahre alte Freiwillige mit seinem Team in einer alten Holzscheune auf ein neugeborenes Kalb. Es ist offenbar erst wenige Tage alt. Die Mutterkuh umsorgt, schützt und säugt es.

«Es ist wichtig, dass wir Futter und Wasser bekommen (...) besonders, weil die Temperatur in den nächsten Tagen auf mehr als 38 Grad Celsius steigen soll», sagt Rosene. «Sie trinken viel Wasser, besonders die Mutter wird Wasser und Futter brauchen, um das Kalb säugen zu können.»

Rosene stellt sicher, dass glimmendes Heu und Flämmchen in der Nähe der Scheune gelöscht werden, alarmiert die nahe gelegenen Feuerwehrleute und zieht mit seinen Leuten weiter zum nächsten Haus.

Leute möchten ihre Tiere in Sicherheit wissen

Das sogenannte Park-Feuer hat knapp 1600 Quadratkilometer verwüstet – ein Fläche fast doppelt so gross wie die Insel Rügen. Mehr als 26'000 Menschen wurden evakuiert. Ihre Haustiere mussten sie oft zurücklassen und sind dann auf Freiwillige wie Rosene angewiesen.

Während Tausende Feuerwehrleute gegen die Flammen ankämpfen, arbeiten Freiwillige wie Rosene um die 18 Stunden am Tag gewissermassen hinter der Feuerfront. «Wenn die Leute ihre Tiere nicht mitnehmen können, wollen sie manchmal bleiben», sagt Rosene. «Wenn wir ihnen helfen können, ihre Tiere mitzunehmen, dann kommen sie aus dem Katastrophengebiet heraus und sie sind sicherer und fühlen sich besser, weil sie ihre Tiere nicht zurückgelassen haben.»

Ein Haus und ein Lastwagen liegen in Trümmern, nachdem der Waldbrand durch ein Wohngebiet in Butte County, Kalifornien, gefegt ist.
Ein Haus und ein Lastwagen liegen in Trümmern, nachdem der Waldbrand durch ein Wohngebiet in Butte County, Kalifornien, gefegt ist.
Ty ONeil/AP

Als das Park-Feuer ausbrach, dachte Rosene erst, es komme nicht in seine Richtung. Doch schon am Abend des ersten Tages drehte sich der Wind. Rosene und seine Frau Janice mussten mitten in der Nacht ihr Haus in Chico verlassen. «Es ist fast beängstigend, weil der Wind blies und das Feuer brüllte. Und es kommt direkt auf dich zu, und die Funken fliegen wie Glühwürmchen am Himmel», sagt Rosene und zeigt Bilder eines blutrot gefärbten Himmels mit schwarzen Rauchwolken.

Das Team ist für alle Arten von Katastrophen ausgebildet

Doch das Feuer zog in seiner Gegend schnell durch und liess sein Haus zum Glück unversehrt. Nach ein paar Stunden waren Rosene und seine Frau bereits damit beschäftigt, Tiere zu retten. Das Paar hat vor zwölf Jahren begonnen, mit der North Valley Animal Disaster Group zu arbeiten, einem Team von mittlerweile etwa 300 Freiwilligen. Sie sind für alle Arten von Katastrophen ausgebildet, von Überschwemmungen bis hin zu Bränden. Sie übernehmen nahezu jede Art von Rettung, mit dem Hubschrauber, Hochseilrettung, Such- und Rettungseinsätze und natürlich Tiere.

«Unser Team darf hinter die Feuerlinien gehen und im Katastrophensystem arbeiten, weil wir uns integrieren und den Feuerwehrleuten nicht im Weg stehen», sagt Rosene. «Sie sind froh, uns dort zu haben, denn wenn sie ein Tier finden, wissen sie nicht, was sie tun sollen.»

Die North Valley Animal Disaster Group hat bereits mit allen möglichen Tieren zu tun gehabt. Rosene ist der ausgewiesene Experte für Schlangen und Echsen im Team. Er hat auch schon zwei riesige Emus und ihre Küken in Sicherheit gebracht.

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Jedes Haustier sei es wert, gerettet zu werden, sagt Rosene. «Wenn sie durch Feuer und Rauch gestresst werden (...) versucht man eben, sie in einen Anhänger oder Lastwagen zu laden», sagt er. «Das kann eine echte Herausforderung sein.» Rosene und die anderen locken Tiere, die evakuiert werden müssen, in den Anhänger und fahren sie zum Camelot Equestrian Park. Kleinere Tiere wie Katzen und Hunde werden in eine Notunterkunft in Oroville gebracht.

Die Tier-Retter helfen auch in anderen Ländern 

Manchmal bringen Besitzer ihre Tiere selbst, wenn sie sich nicht um sie kümmern können, sagte Rosene. In der kleinen Tierunterkunft für das Park Fire sind etwa 100 Tiere untergebracht, in der grossen 70. Ausserdem kümmert sich die Gruppe um weitere 850 Tiere innerhalb der Evakuierungszone.

Wenn das Feuer in einem Gebiet erloschen ist, kann es noch Tage dauern, bis der Evakuierungsbefehl aufgehoben wird. Die Teams müssen die zahlreichen Gefahren beseitigen, die der Brand hinterlassen hat: Bäume, die nicht mehr standsicher sind, Stromleitungen, Nägel, zerborstenes Glas, Baumstümpfe voller Glut.

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03.08.2024

Während des verheerenden Camp-Feuers im Jahr 2018, das mehrere Städte zerstörte, haben Rosene und andere mehr als 4000 vertriebenen Tieren geholfen. Er und Gruppenleiter John Maretti sind in mehr als ein Dutzend Länder gereist, um auch dort zu helfen und um ihre Erfahrungen weiterzugeben.

«Wenn es eine Lektion gibt, dann die, dass die Menschen darauf vorbereitet sein sollten, ihre Haustiere während eines Feuers mitzunehmen», sagte Rosene. «Wenn sie also eine Notfalltasche für sich selbst haben, sollten sie eine Notfalltasche für ihre Haustiere haben.»