Zürcher Catering-FirmaEs geht schon heute ohne Palmöl, aber auch ohne Berliner
Von Gil Bieler
5.3.2021
Palmöl geniesst nicht den besten Ruf. In der Küche ganz darauf zu verzichten, ist trotzdem nicht einfach – wie es geht, zeigt die Firma Menuandmore aus Zürich, die das Zmittag für Schulen und Kinderhorte liefert.
Von Gil Bieler
05.03.2021, 16:18
05.03.2021, 20:47
Gil Bieler
Ohne Palmöl würde die Schweiz am Sonntag gar nicht über das Freihandelsabkommen mit Indonesien abstimmen. Palmöl ist vielfältig einsetzbar, es steckt in Lebensmitteln, Kosmetika und Biotreibstoff – aber es ist ein umstrittenes Gut. Auf einer immer grösser werdenden Zahl von Produkten im Supermarkt prangt daher der Aufdruck: «Ohne Palmöl.»
Auch Markus Daniel verfolgt die Diskussion genau. «Für uns war der Fall klar: Wir wollen im Moment einfach nichts mehr mit Palmöl zu tun haben.» So erklärt der Geschäftsführer von Menuandmore, wie sein Betrieb den Einkauf komplett umgestellt hat. Das Zürcher Unternehmen liefert das Essen für rund 550 Mittagstische von Schulhorten und Kinderkrippen in der ganzen Deutschschweiz. Und seit 2019 ist der gesamte Betrieb palmölfrei.
Markus Daniel ...
zvg
... ist Geschäftsführer von Menuandmore mit Sitz in Zürich.
«Dieser Entscheid fiel nicht unmittelbar, sondern war die Folge eines längeren Prozesses», sagt Daniel zu «blue News». Bei Menuandmore selbst habe man nie Palmöl verwendet, aber in Produkten der Lieferanten fand es sich. Daher wurde der Einkauf schon vor Jahren auf Produkte mit Palmöl aus zertifiziertem Anbau – zum Beispiel mit RSPO-Label – umgestellt. «Doch weil auch dieses Label immer wieder in die Kritik geriet, wollten wir die Menge an Palmöl-Produkten bis Ende 2019 drastisch reduzieren.» Als dieses Projekt einmal gestartet war, zeigte sich: Am Ende ging es ganz ohne Produkte mit Palmöl.
Eines der klassischen Produkte, die Palmöl enthalten, ist Margarine. Bei Menuandmore hat man diese durch Margarine mit gehärtetem Rapsöl ersetzt. «Auch Butter wäre eine Alternative gewesen, doch wollen wir den Einsatz von tierischen Lebensmitteln weiter senken statt ausbauen», erklärt der Geschäftsführer.
Die Berliner sind rausgeflogen
«Es gab natürlich die eine oder andere Hürde», sagt Daniel. So liess sich nicht für alle der einst 80 palmölhaltigen Produkte eine Alternative finden. «Berliner zum Beispiel, die gibt es jetzt bei uns nicht mehr.» Auch habe ein Lieferant die Umstellung auf zertifizierte Palmöl-Produkte nicht mittragen wollen, weshalb man sich von ihm getrennt habe. «Interessanterweise war er dann, als wir auf palmölfreie Produkte umgestiegen sind, wieder dabei.»
Es tut sich also etwas in der Lebensmittel-Branche. Die grossen Detailhändler wie Migros oder Coop haben Programme lanciert, mit denen zertifiziertes Palmöl und die Rückverfolgbarkeit gefördert werden sollen. Einen so konsequenten Bruch, wie ihn Menuandmore vollzogen hat, ist aber selten. «Bei vielen sind da wohl Kostenüberlegungen im Spiel», glaubt Daniel. Aber auch die spezifischen Eigenschaften des Palmöls würden es nicht immer einfach machen, einen Ersatz zu finden.
Chocosuisse, der Verband der Schweizer Schoggifabrikanten, umschreibt die Pluspunkte des Palmöls gegenüber anderen pflanzlichen Ölen wie folgt: Der Schmelzpunkt sei höher, weshalb Palmöl vor einer Weiterverarbeitung auch nicht gehärtet werden müsse. Deshalb gehe es in der Praxis nicht immer ohne Palmöl.
Das gilt im globalen Massstab umso mehr, denn die Ölpalme hat auch Vorteile: Sie produziert das ganze Jahr über Früchte und viel ertragreicher als andere Ölpflanzen. Um dieselbe Menge Öl zu gewinnen, braucht es mit Raps, Soja oder Sonnenblumen eine viel grössere Anbaufläche – bis zu neunmal mehr Land, rechnete Gabriele Manoli vom ETH-Institut für Hydrologie und Wasserwirtschaft vor einiger Zeit vor.
Manolis Schluss: «Produkte, die Palmöl enthalten, einfach zu boykottieren und Palmöl durch andere pflanzliche Öle zu ersetzen, wird kaum die erhofften Umweltvorteile bringen. Ganz im Gegenteil: Die Schäden für die Umwelt könnten sogar noch grösser werden, insbesondere bei Land- und Wasser-Ressourcen.» Zertifiziertes Palmöl sei die beste Lösung.
Auf Kosten von Flora und Fauna
Doch dann sind da die bekannten Nachteile: Für den Anbau von Ölpalm-Plantagen werden in Indonesien und Malaysia, den beiden grössten Produzenten der Welt, Urwälder gerodet. Dieselbe Entwicklung zeigt sich in Papua-Neuguinea, Kolumbien und der Elfenbeinküste. Das bedroht Tierarten, zudem werden grosse Mengen an im Boden gespeicherten Treibhausgasen freigesetzt.
Zertifikate sollen einen nachhaltigen Anbau garantieren, doch auch diese sind nicht unumstritten. Das RSPO-Label etwa ist Greenpeace zu lasch. Das Zertifikat könne keinen nachhaltigen Anbau garantieren und es fehle an unabhängigen Kontrollen.
Der WWF dagegen hat 2004 die RSPO-Initiative gemeinsam mit Ölproduzenten und Händlern mitbegründet und sieht darin einen Schritt in die richtige Richtung. Er hält aber auch fest: «Die Standards entsprechen nicht in allen Punkten den Forderungen des WWF.» Daher sagt Greenpeace auch Nein, der WWF dagegen zaghaft Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien.
Das UNO-Umweltschutzprogramm spricht also nicht umsonst von einem «Palmöl-Dilemma». Bei Menuandmore hat man dennoch einen klaren Entscheid getroffen: Solange es noch viele Unklarheiten gibt, will der Betrieb lieber ganz auf Palmöl verzichten. Wie sich die Schweizerinnen und Schweizer entscheiden, zeigt sich am Sonntag.