Brienz droht die Evakuierung «Wir möchten hier nicht weg, weil es wunderschön ist»

Von Christian Thumshirn und Gil Bieler, Brienz

3.4.2023

Brienzer*innen müssen sich auf die Evakuierung vorbereiten

Brienzer*innen müssen sich auf die Evakuierung vorbereiten

Der Berg bedroht ihr Dorf: Die Bevölkerung von Brienz GR muss sich daher darauf einstellen, noch dieses Jahr ihre Häuser zu verlassen. Auch wenn das erst ein Notfallszenario ist: Allein der Gedanke schmerzt manche.

03.04.2023

Der Berg bedroht ihr Dorf: Die Bevölkerung von Brienz muss sich darauf einstellen, noch dieses Jahr ihre Häuser zu verlassen. Auch wenn das erst ein Notfallszenario ist: Allein der Gedanke schmerzt manche.

Von Christian Thumshirn und Gil Bieler, Brienz

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Berg oberhalb des Bündner Dorfes Brienz rutscht stärker als gewöhnlich. Die Gefahr eines grossen Felssturzes ist gestiegen.
  • Die Gemeinde hat die Bevölkerung darum am Montag angewiesen, sich auf eine allfällige Evakuierung ab dem Sommer vorzubereiten.
  • Die Evakuierung sei noch nicht definitiv und wäre nur vorübergehend, betonen die Verantwortlichen.
  • Den Menschen im Dorf bereitet das dennoch Sorgen. 

Christian Gartmann hat ein exzellentes Gehör: Obwohl der Wind pfeift, bemerkt er ein leises Geräusch im Gebirge über Brienz. «Sehen Sie, da steigt jetzt Staub auf», sagt er und lenkt die Blicke der Reporter an die richtige Stelle. Dann geht alles sehr schnell.

Erst löst sich ein wenig Schutt, später kommt ein grösserer Brocken ins Rollen. Direkt auf die Hauptstrasse zu. Das Überwachungssystem springt an und sperrt die Hauptstrasse umgehend für den Verkehr.  Doch der Brocken bleibt auf halbem Weg liegen. Fehlalarm.

Die gesamte Bündner Gemeinde Brienz ist schon länger in Bewegung –  genauso der Berg darüber. Im März aber hat dessen Rutschung ein prekäres Ausmass angenommen: Die sogenannte «Insel», ein Teil des Hangs, rutscht mittlerweile mit 25 bis 32 Meter pro Jahr ab – Tendenz zunehmend.

Die Situation ist ernst. Die Gemeinde hat die Bevölkerung darum am Montag angewiesen, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Diese wäre aber nur vorübergehend, wie Christian Gartmann im Gespräch mit blue News betont. Er ist der Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Albula/Alrva, zu der Brienz gehört. 

Bis zu 2 Millionen Kubikmeter könnten runterkommen

Unmittelbar drohe keine Gefahr. Aber irgendwann zwischen Sommer und Ende Jahr könnte das Fundament der Insel kollabieren. 1,5 bis 2 Millionen Kubikmeter Gestein könnten talwärts donnern, sagt Gartmann. Und da wollen die Verantwortlichen kein Risiko eingehen.

Auch wenn die Evakuierung noch nicht beschlossen ist und nur vorübergehend sein soll: Den Bewohner*innen der 100-Seelen-Gemeinde geht dieser Gedanke, ihre Häuser zu verlassen, nahe. «Wir möchten hier nicht weg», sagt eine Dame zu blue News, «weil es wunderschön ist.»

Die ausführliche Reportage aus Brienz erscheint über Ostern auf blue News.