Bündner Dorf rutscht abBrienzer*innen sollen sich auf Evakuierung vorbereiten
Von Gil Bieler und Christian Thumshirn, Brienz
3.4.2023
Jährlich rutscht die Bündner Gemeinde Brienz über einen Meter talwärts. Nun spitzt sich die Lage zu: Die Bergsturzgefahr ist so gross, dass die Behörden die Evakuierung der Bewohner*innen vorbereiten.
Von Gil Bieler und Christian Thumshirn, Brienz
03.04.2023, 15:23
04.04.2023, 13:48
Gil Bieler und Christian Thumshirn, Brienz
Keine Zeit? Hier ist die Zusammenfassung für Eilige
Das Bergdorf Brienz rutscht jährlich über einen Meter den Hang hinunter.
Nun bereiten die Behörden eine Evakuierung vor. Grund ist der vermehrte Steinschlag am Berg oberhalb des Dorfes.
Detaillierte Informationen folgen am Donnerstag nach Ostern.
Massnahmen für rund 68 Millionen Franken sollen verhindern, dass die Bündner Gemeinde Brienz weiter abrutscht. Das auf rund 1100 Metern gelegene Bergdorf nahe der Lenzerheide steht auf instabilem Grund und verschiebt sich jährlich bis zu 1,30 Meter talwärts.
Am Montag wurden die Bewohner*innen informiert, dass sie sich für eine Notfall-Evakuierung bereithalten sollen. Denn: Oberhalb des Dorfes löst sich mehr und mehr Gestein. Die Gefahr von Steinschlag ist schon seit einiger Zeit erhöht, in der zweiten Jahreshälfte könnten sich aber grosse Gesteinsmassen lösen.
«Ein Abstürzen grosser Felsmassen ist zwar wenig wahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden», heisst es in einer Mitteilung der Gemeinde Albula/Alvra, zu der Brienz gehört.
Die Evakuierung ist noch nicht definitiv beschlossen, aber ab Sommer ein realistisches Szenario, wie Christian Gartmann, Medienverantwortlicher in Sachen Brienzer Rutsch und Teil des Führungsstabs der Gemeinde Albula/Alvra, beim Ortsbesuch zu blue News sagt. Die Gemeinde wird die rund 100 Bewohner*innen und die Ferienwohnungsbesitzer*innen am Donnerstag nach Ostern genauer informieren.
Entwässerung soll Abrutschen bremsen
Der Brienzer Rutsch gibt schon seit Jahren Anlass zur Sorge. Kanton und Gemeinde versuchen mit einem aufwändigen Projekt, die Rutschung des Dorfes zu verlangsamen. Unterhalb von Brienz wurde ein 635 Meter langer Sondierstollen gegraben, um dem Hang, auf dem das Dorf steht, Wasser zu entziehen. In einem nächsten Schritt soll dieser nun verlängert und zu einem vollwertigen Entwässerungsstollen erweitert werden.
Das Projekt wird auch unabhängig von einer vorübergehenden Evakuierung der Bevölkerung vorangetrieben, wie Gartmann bestätigte.
So lebt es sich in einem Dorf, das Richtung Tal abrutscht: Ein Besuch in Brienz 2021
Videoreportage aus Brienz: «Mittlerweile rutscht das Dorf 1,30 Meter pro Jahr»
Brienz ist ein spezieller Ort. Zum einen rutscht das ganze Bündner Dorf talwärts, zum anderen ist es von einem Bergsturz bedroht. Was kann man gegen diese Naturgewalten tun? Der Gemeindepräsident weiss es.