Popstar droht Stadt lahmzulegen So ungewiss ist es, als Zürcher in Taylor Swifts Sperrzone zu sitzen

Stefan Michel

5.7.2024

Sie stellen eine Stadt nach der anderen vor eine Herausforderung: Die Swifties folgen ihrem Idol von Konzert zu Konzert, hier am 4. Juli in Amsterdam. 
Sie stellen eine Stadt nach der anderen vor eine Herausforderung: Die Swifties folgen ihrem Idol von Konzert zu Konzert, hier am 4. Juli in Amsterdam. 
IMAGO/ANP

Die Anwohner*innen des Letzigrund-Stadions befürchten einschneidende Sperrungen während den Konzerten von Taylor Swift am 9. und 10. Juli. Die Polizei beschwichtigt, weiss aber nicht genau, was auf Zürich zukommt.

Stefan Michel

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Am 9. und 10. Juli spielt Taylor Swift im Stadion Letzigrund in Zürich. 
  • Zweimal 45'000 Konzert-Besucherinnen und Fans ohne Ticket in unbekannter Zahl könnten den Verkehr in den angrenzenden Quartieren lahmlegen.
  • Die Anwohner*innen fürchten aber ebenso rigorose Sperrungen durch die Polizei.
  • Die Polizei betont, es werde nur Sperrungen geben, wenn zu grosse Menschen-Ansammlungen entstehen. Die Anwohner*innen dürften immer in die Sperrzone hinein und wieder hinaus.

Wenn Taylor Swift ein Konzert gibt, kommt nicht nur sie und ihr 1000-köpfiges Event-Team. Zum Letzigrund strömen auch nicht nur zweimal 45'000 Glückliche, die ein Ticket ergattern konnten. Früher oder später werden auch jene Swifties auftauchen, die ihrem Idol nachreisen, auch wenn sie keine Konzertkarte haben. Wie viele es sind, das ist die grosse Frage.

Es könnte sein, dass die Swifties in so grosser Zahl nach Zürich pilgern, dass sie in der Nähe des Letzigrund-Stadions den Verkehr lahmlegen. Dies zu verhindern, ist das Ziel eines weitreichenden Polizeieinsatzes in einem Umkreis von mehr als einem Kilometer rund um das Stadion.

Nachdem am Donnerstag die Stadtpolizei den Plan der Sperrzone veröffentlich hat, befürchten einige Anwohner*innen, dass ihre Bewegungsfreiheit sowieso leidet, sei es durch Massen von Konzertbesucher*innen und Zaungästen oder durch einen grossflächigen und rigorosen Einsatzplan der Stadtpolizei.

Stadtpolizei relativiert Sperrzone

Vor den Konzerten im Letzigrund laden die Veranstalter die Anrainer*innen jeweils zu einem Info-Apéro ein. Meist geht es dabei um Zahlen und Fakten zur Show, allenfalls vereinzelte Verkehrsbehinderungen durch zu- und wegfahrende Lastwagen. 

Am Donnerstagabend vor den beiden Taylor-Swift-Konzerten ist die Spannung etwas grösser als sonst. Am Nachmittag hat die «riesige Sperrzone» die Runde durch die Online-Medien gemacht. Ihre Ausdehnung ist tatsächlich eindrücklich. 1,3 Kilometer misst sie an ihrer längsten, 1,1 Kilometer an ihrer breitesten Stelle.

Veranstalter und Stadtpolizei Zürich informieren die Anwohner*innen darüber, womit sie während den zwei Konzerten von Taylor Swift zu rechnen haben.
Veranstalter und Stadtpolizei Zürich informieren die Anwohner*innen darüber, womit sie während den zwei Konzerten von Taylor Swift zu rechnen haben.
Stefan Michel

Anders als bei «normalen» Konzerten wie jenen von AC/DC, den Büezer Buebe oder The Rolling Stones ist auch eine Vertreterin der Stadtpolizei anwesend. Sie erklärt, was es mit der Sperrzone auf sich hat. Sie sei nämlich so lange keine, wie sich keine allzu grossen Menschenmassen in ihr bilden.

«Die Sperrzone ist dazu da, bei einem hohen Personenaufkommen die Sicherheit rund um das Stadion zu gewährleisten», doppelt Michael Walker, Sprecher der Stadtpolizei, auf Anfrage von blue News nach. «Ein Sperrkonzept gibt es bei jedem Fussballspiel im Letzigrund. Aber solange sich nicht so viele Menschen in der Nähe des Stadions aufhalten, wird nicht gesperrt.»

So werde es auch in den kommenden Tagen sein. Es sei denn, die Swifties strömen in der befürchteten Grössenordnung nach Albisrieden. 

Die Bedenken von Auto- und Velofahrer*innen

Die grössten Befürchtungen haben die Autofahrer*innen. Sie befürchten, nicht rechtzeitig zur Arbeit oder nicht mehr nach Hause zu kommen. Die Polizeibeamte versichert, die Anwohner*innen würden, wenn immer möglich, durchgelassen. «Vielleicht müssen sie einmal zehn Minuten warten, bis sie passieren können.»

Michael Walker räumt ein, dass es unter Umständen schon zu einem Fahrverbot kommen könnte, «aber nur dann, wenn sich so viele Menschen im Gebiet bewegen, dass Sie mit dem Auto sowieso nicht mehr durchkommen.» 

Ein Anwohner findet, die Stadt müsse Ersatz bieten für aufgehobene Blaue-Zone-Parkplätze. Die Polizistin macht ihn darauf aufmerksam, dass es ohnehin weniger Plätze als Parkkarten für die blaue Zone gebe. 

Der «Tages-Anzeiger» schreibt unter Berufung auf einen anderen Polizeisprecher, das Fahrverbot gelte auch für Fahrräder. Walker präzisiert: «Das Velo werden Sie als Anwohner immer mitnehmen können. Wenn Fahrverbot gilt, müssen Sie es schieben, aber dann ist Fahren sowieso kaum noch möglich.»

Ein anderer beklagt sich, dass ihm dann wieder in den Garten gepinkelt werde. Es gibt aber auch Besucher des Info-Anlasses, die die Ankunft des Swift-Hype nach Albisrieden mit Gelassenheit und Humor auf sich zukommen lassen.

Es gibt keine Ausweispflicht

Eine andere Frage ist, ob die Menschen, die zwischen Albisriederplatz und Kappeli wohnen – und das sind nicht wenige – nun darauf achten müssen, ihren Ausweis immer dabei zu haben, um sich als Quartierbewohner*innen auszuweisen. «Es gibt in der Schweiz keine Ausweis-Mitführpflicht und daran ändert sich auch während dieser zwei Konzerte nichts», korrigiert Walker. Die Beamten würden an aber im Bedarfsfall nach Name und Adresse fragen und diese Angaben überprüfen.

Es ist also alles erst mal nicht so dramatisch, wie es die rot auf der Stadtkarte markierte Sperrzone glauben macht. Wenn da nur die unberechenbaren Swifties nicht wären. «Wir wissen nicht, wie viele kommen und wo sie sich aufhalten. Darum können wir heute nicht sagen ob, wann und wo gesperrt wird», sagt die Stapo-Vertreterin immer wieder.

Um sich ein Bild zu machen, hätten Polizeibeamte mehrere Konzerte in anderen europäischen Städten besucht, sagt sie im Gespräch mit einem Anwohner. Welche Erkenntnisse sie dort gewonnen haben, gibt die Stadtpolizei nicht preis.

Ihre Vertreterin am Anwohner*innen-Anlass lässt immerhin durchblicken: Das sei mit Abstand der grösste Polizeieinsatz im Zusammenhang mit einer Konzert-Veranstaltung im Letzigrund. Walker stimmt dem am folgenden Tag zu, sagt aber auch: «Es ist der grösste Einsatz im Zusammenhang mit einem Konzert. Die Spiele der Fussball EM 2008 waren für die Polizei noch grösser.»

Wenig Raum für Zaungäste

Die EM gastierte vor 16 Jahren in Zürich. Die Menschen in Albisrieden und Altstetten aber wollen wissen, was in der kommenden Woche und besonders Dienstag und Mittwoch gilt, wenn der Superstar im Letzigrund singt. Die Eckdaten sind inzwischen klar. Welche Massnahmen tatsächlich umgesetzt werden, hängt von den nach Zürich reisenden Swifties ab. «Es wird zu Sperrungen kommen, möglicherweise werden diese aber kürzer sein als angekündigt», beschwichtigt Walker.

Definitiv gesperrt werden die Abschnitte der Herdern- und der Baslerstrasse, die direkt am Stadion liegen. Diese Zone werden nur die Ticket-Inhaber*innen betreten können. Dies im Unterschied zu den anderen Konzerten, während denen jeweils hunderte bis wenige tausend Zaungäste die Show von aussen hören.

Auch dafür ist der Aufmarsch der Swifties ohne Ticket verantwortlich. Strömen sie tatsächlich zu Zehntausenden zum Letzigrund, bestünde die Gefahr, dass die Notausgänge zugestellt würden.

Sicher ist zudem: Nach dem zweiten Konzert von Taylor Swift ist Sommerpause im Letzigrund. Nächster Eintrag ist der 27. Juli: Die Grasshoppers spielen gegen den FC Luzern. Die Prophezeiung sei gewagt: Die Anwohner*innen werden es kaum bemerken.


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