Nach erzwungener LandungAuch die Swiss macht jetzt einen Bogen um Belarus
tmxh / dpa
26.5.2021
Die erzwungene Landung einer Ryanair-Maschine in Belarus hat nicht nur für einen politischen Aufschrei gesorgt. Auch die Luftfahrt reagiert: Zahlreiche Airlines ändern ihre Routen, so auch die Swiss.
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26.05.2021, 12:15
26.05.2021, 12:29
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Gähnende Leere am Himmel über Belarus. Laut Liveradar der Seite Flightradar24 überfliegen derzeit nur vereinzelte Maschinen den osteuropäischen Staat, dessen Führung am Sonntag einen Ryanair-Flug zur Zwischenlandung gezwungen hatte. Ziel der Aktion war es, den oppositionellen Blogger Roman Protassewitsch zu verhaften.
Seit dem Zwischenfall, auf den der Westen mit massiver Kritik reagierte, machen immer mehr Fluggesellschaften einen Bogen um Belarus. So auch die Swiss.
«Aufgrund der aktuell dynamischen politischen Lage umfliegt Swiss als Teil der Lufthansa Group den Luftraum über Weissrussland momentan ebenfalls», bestätigte Mediensprecherin Sonja Ptassek «blue News» auf Anfrage: «Wir bewerten die Lage bezüglich Weissrussland fortlaufend».
Man beschränke «die Benutzung von Lufträumen aufgrund von eigenen, systematischen Sicherheitseinschätzungen und der Empfehlungen der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA)».
Eine interne Sicherheitsabteilung der Swiss befasse sich «rund um die Uhr mit der Sicherheitslage in Bezug auf unsere Flugzeuge, Angestellten, Passagiere und Fracht», so die Swiss-Sprecherin. Konkret würden dabei die angeflogenen Destinationen und die überflogenen Länder betrachtet.
Die aktuellen Risiken stützten sich auf «eine Vielzahl von Informationsquellen, darunter auch von schweizerischen und ausländischen Sicherheitsbehörden». Zudem fände ein regelmässiger Austausch zwischen den Sicherheitsabteilungen der Airlines der Lufthansa Group statt. Der Entscheid über sicherheitsbedingte Einschränkungen werde laut Ptassek vom Flugbetriebsmanagement gefällt.
Routenplanung täglich neu
Hinsichtlich der Ersatzrouten, etwa der betroffenen Strecken Zürich–Dubai und Zürich–Bangkok, teilte das Unternehmen mit: «Die genaue Routenplanung erfolgt täglich neu und wird aufgrund der Wetter- und Windlage sowie weiteren operationellen Faktoren (Verfügbarkeit Luftraum- und Bodeninfrastruktur, Überflugrestriktionen, usw.) optimiert.»
Bei der Lufthansa sind nach Angaben eines Sprechers hauptsächlich die Verbindungen nach Moskau betroffen. Die Fluggesellschaft verwies aber darauf, dass ohnehin nicht alle Flüge Richtung Moskau über Belarus gingen. Am Dienstag strich die Airline die Flüge von Frankfurt nach Minsk bis einschliesslich 3. Juni 2021. Air France, Finnair und die polnische Lot weichen sicherheitshalber ebenso auf andere Strecken aus.
Auch in umgekehrter Richtung geht nichts mehr: Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten beschlossen, dass belarussische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen. Derweil wird in der Schweiz ein Überflugverbot noch geprüft.
Nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol gibt es normalerweise täglich mehr als 300 Flüge von und nach Europa über Belarus. Die Behörden in Minsk behaupteten, der Flugausfall sei nicht besonders gross. Zu finanziellen Verlusten machten sie gar keine Angaben. Flüge nach Russland laufen ganz normal weiter.
Staatliche Fluglinie streicht Routen nach London und Paris
Die staatliche belarussische Fluglinie Belavia hat bis Ende Oktober alle Verbindungen nach London und Paris gestrichen. Viele Menschen in Belarus dürften es nun schwerer haben, ihr Land zu verlassen. Wichtig waren die Verbindungen ins Nachbarland Ukraine. Kiew hat alle Flüge ausgesetzt. Belarus protestierte dagegen.
Die Behörden des autoritär geführten Landes hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mithilfe eines Kampfjets zur Landung in Minsk gezwungen – angeblich wegen einer Bombendrohung. Die Maschine flog später weiter nach Vilnius.
Nicht mehr an Bord waren der regierungskritische Blogger Roman Protassewitsch und seine Freundin. Beide wurden festgenommen. Dem 26-Jährigen, der zuletzt im Ausland lebte, drohen mehrere Jahre Haft. Der Kreml in Moskau hofft, dass zumindest Sofia Sapega in naher Zukunft freigelassen wird.
Protassewitsch meldete sich am Montagabend mit einem Video zu Wort. Seine Unterstützer gehen davon aus, dass er zu den Aussagen gezwungen und zuvor gefoltert wurde.