Wahlprozedere am Pranger Und Lauber sitzt auf der Tribüne und sieht, wer ihn wählt und wer nicht

Von Anna Kappeler

25.9.2019

Eine Kamera hat Bundesanwalt Lauber im Fokus, der auf der Tribüne des Nationalrates seiner Wahl zuschaut.
Eine Kamera hat Bundesanwalt Lauber im Fokus, der auf der Tribüne des Nationalrates seiner Wahl zuschaut.
Bild: Keystone

Die Wiederwahl von Bundesanwalt Lauber fiel denkbar knapp aus, entsprechend gespalten sind die Parlamentarier. Was sie eint: ihre harsche Kritik am Wahlprozedere. 

Die Causa Lauber hat mit der heutigen Wiederwahl durch das Parlament einen vorläufigen Schlusspunkt erreicht. Doch Bundesanwalt Michael Lauber bekam nur gerade sieben Stimmen mehr als zur Wiederwahl unbedingt nötig waren.

Ständerat Raphael Comte (FDP/NE) etwa empfahl Laubers Wiederwahl «nicht aus Enthusiasmus, sondern aus Respekt vor den Institutionen, der Gewaltentrennung und der Unabhängigkeit der Justiz», wie er im Rat sagte.



Anderer Ansicht ist Nationalrat Christian Imark (SVP/SO). «Unsäglich» findet er Laubers Wiederwahl. «Ich frage mich schon, warum so viele Parlamentarier gekippt sind und ihn wiedergewählt haben. Es wurde wohl gut für ihn lobbyiert», sagt Imark «Bluewin». Er habe Lauber nicht gewählt, «weil ich ihm nicht mehr vertraue». Imark: «Und wenn ich als Teil einer Wahlbehörde ein Vertrauensproblem habe, wähle ich eine Person nicht.»

Harsche Kritik am Prozedere

Harsche Kritik übt Imark auch am Wahlprozedere. Er ist überzeugt, dass ein anderes Prozedere das ganze Ergebnis ins Gegenteil hätte kippen können. Imark: «Wäre das Wahlprozedere neutral verlaufen, wäre Lauber ziemlich sicher abgewählt.»

Der Hintergrund dieser Aussage: Auf den Wahlzetteln stand Laubers Name. Wer ihn also nicht wählen wollte, musste Laubers Name aktiv mit einem Stift durchstreichen. Wer ihn wählen wollte, musste dagegen: gar nichts tun. So war für alle Zuschauer – auch für Bundesanwalt Lauber selber, der auf der Zuschauertribüne sass – sichtbar, wer seinen Namen durchstrich. Und wer nicht. Darüber berichtete der «Blick».

Nationalrat Imark sagt «Bluewin»: «Auch das Büro des Nationalrates hat das Problem erkannt. Es prüft nun eine Gesetzesänderung, damit das Wahlgeheimnis bei künftigen Wahlen gewahrt ist.» Vorstellbar wären dabei laut Imark etwa zwei leere Felder auf dem Wahlzettel. Jeder Parlamentarier könnte dann entweder «Wahl» oder «Nicht-Wahl» ankreuzen.

«Fast unmöglich, geheim zu wählen»

Das Wahlprozedere wird auch von anderen Parlamentariern kritisiert. Nationalrat Fabian Molina (SP/ZH) etwa findet dieses «dumm», wie er «Bluewin» sagt. Warum? «Damit ist es fast unmöglich, geheim zu wählen.»

Bei den Parlamentsdiensten heisst es auf Anfrage, dass das Thema Wahlprozedere an der nächsten Sitzung des Büros im November thematisiert werde. Ohne Gesetzesänderung kann das Wahlprozedere nicht verändert werden.

Ex-Bundesrichter Nay hält Wahl für richtig

Doch wie beurteilt ein ehemaliger Bundesrichter die Wahl von Lauber? Dazu sagt Giusep Nay «Bluewin»: «Die Wiederwahl des Bundesanwaltes ist richtig.» Er erinnert daran, dass eine Beschwerde ans Bundesgericht hängig sei, ebenso wie eine Disziplinaruntersuchung der parlamentarischen Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft.

Hätte eine Abwahl Laubers durch das Parlament zum jetzigen Zeitpunkt die Gewaltenteilung also beschnitten? Diese Frage bejaht Nay: «Die Verletzung der Unabhängigkeit der Justiz verstösst gegen die Gewaltenteilung.» Eine Nichtwiederwahl hätte vorgegriffen und in unzulässiger Weise in die Unabhängigkeit der Justiz eingegriffen.

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