Renten-KürzungTausende erhalten keine Ergänzungsleistungen mehr
smi
28.1.2024
Auf 2024 hin haben die Kantone die Ansprüche auf Ergänzungsleistungen neu beurteilt. Zehntausende mit niedriger Rente erhalten weniger oder keinen Zustupf mehr. Grund ist eine Reform von 2019.
smi
28.01.2024, 15:15
smi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Am 1. Januar 2024 ist eine Reform der Ergänzungsleistungen in Kraft getreten.
Die Hürden für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen sind gestiegen.
Das hat zur Folge, dass Zehntausende in der Schweiz weniger oder keine Ergänzungsleistungen mehr beziehen können.
Ergänzungsleistungen haben jene zugute, deren AHV- oder IV-Rente nicht für ein würdiges Leben reicht.
Die Gegner der 13. AHV-Rente verweisen regelmässig auf die Ergänzungsleistungen. Diese sollen jenen Rentner*innen ein würdiges Leben ermöglichen, deren AHV-Renten zu tief dafür sind. Das sei effizienter, als allen eine 13. Rate auszuzahlen, also auch jenen Pensionierten, die finanziell gut gestellt sind.
Doch just Anfang 2024, drei Monate bevor die Schweiz über die 13. AHV-Rente abstimmt, haben Tausende ihren Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL) verloren, Zehntausende erhalten weniger als bisher. Grund ist die Reform der EL von 2019, in Kraft getreten 2021, aber vom Bundesrat mit einer Übergangsfrist erst 2024 wirksam gemacht.
Eine der gewichtigsten Neuerungen ist, dass bei einem Vermögen von 100'000 Franken oder mehr, der Anspruch auf Ergänzungsleistungen erlischt – unabhängig davon, wie tief die AHV-Rente der Betroffenen ist. Bei Ehepaaren liegt die Schwelle bei 200'000 Franken.
Keine Ergänzungsleistungen ab 100'000 Franken Vermögen
Erst wenn das Vermögen unter den Grenzwert gefallen ist, können AHV-Beziehende wieder EL anfordern. Dabei reiche es nicht, Geld zu verschenken. Die zuständige Stelle wolle Belege sehen, wofür das Geld ausgegeben wurde, bevor sie erneut eine Aufstockung der Rente gewährt, erklärt «Der Beobachter» auf Anfrage einer Betroffenen.
Zudem gelten höhere maximale Mieten, bis zu denen die kantonalen Ausgleichskasse EL zusprechen. Wo die Grenze liegt, hängt davon ab, in welcher von drei Mietzins-Regionen jemand wohnt.
Die Reform bringe sowohl zusätzliche Ausgaben als auch Einsparungen, schreibt der Bund auf seiner Website. Den Bund koste die Reform 28 Millionen Franken, die Kantone sparten aber 429 Millionen Franken bis 2030.
Betroffen von der Kürzung sind Zehntausende. Viele erhalten ab 2024 weniger Ergänzungsleistungen, einige gar nichts mehr. Der Kanton Bern hat 1000 Rentner*innen die EL gestrichen und 11'000 gekürzt, wie der «Blick» zusammengetragen hat.
4000 Bezüger*innen dürfen sich hingegen über eine Erhöhung freuen. Dies weil bei gewissen Ausgabenposten genauer hingeschaut wird. So werden bei den Krankenkassen-Prämien die effektiven Kosten erhoben und nicht mehr eine Pauschale eingesetzt.
Im Aargau erhalten demnach rund 700 Personen keine EL mehr, im Kanton Freiburg sind es 405, im Wallis 301 und in Basel-Stadt 253. Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe prognostiziert, dass in der ganzen Schweiz 70'000 Menschen weniger Ergänzungsleistungen überwiesen erhalten. Rund 8000 verlieren ihren Anspruch komplett, zwei Drittel von ihnen seien AHV-Rentner*innen, ein Drittel IV-Bezüger*innen.
Ergänzungsleistungen als Mittel gegen 13. AHV-Rente
Die finanzielle Einbusse beträgt bei einigen bloss ein paar Franken. Bei anderen kann sie aber 200 bis 300 Franken im Monat betragen.
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat bekräftigt, sich für ausreichende Ergänzungsleistungen einzusetzen, sollte die Initiative für eine 13. AHV-Rente abgelehnt werden. Auch verschiedene bürgerliche Politiker äussern sich in diesem Sinn.
Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (Mitte/TG), Nationalrat Olivier Feller (FDP/VD), SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) und Melanie Mettler (GLP/BE) haben dies an einem Medienanlass kundgetan. Wichtig ist ihnen aber auch, dass die Stimmberechtigten am 3. März die 13. AHV-Rente ablehnen.