Netz als Flaschenhals Darum soll die Einspeisung von Solarstrom gebremst werden 

Von Stefan Michel

10.11.2024

Die Solarfläche wächst in der Schweiz stark. Im Sommer kann das Stromnetz nicht die ganze Strommenge aufnehmen. Darum sollen PV-Anlagen aus der Ferne gedrosselt werden können.
Die Solarfläche wächst in der Schweiz stark. Im Sommer kann das Stromnetz nicht die ganze Strommenge aufnehmen. Darum sollen PV-Anlagen aus der Ferne gedrosselt werden können.
Bild: Keystone

An sonnigen Sommertagen liefern Solarstrom-Anlagen mehr Energie, als das Netz aufnehmen kann. Darum sollen diese Kleinkraftwerke aus der Ferne gedrosselt werden können. Für die Besitzer*innen ist das ein Verlust. 

Stefan Michel

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  • Die Solarstrom-Anlagen in der Schweiz generieren in Spitzenzeiten mehr Strom, als das Netz aufnehmen kann.
  • Darum sollen Solaranlagen jetzt durch den Netzbetreiber gedrosselt werden können, wenn sie zu viel Strom liefern. 
  • Das bedeutet für die betroffenen Besitzer*innen einen Verlust, weil sie dann keine Einspeise-Vergütung erhalten.
  • Weil aktuell aus der Ferne noch nicht gedrosselt werden kann, werden neue Anlagen wohl zunächst gar nicht angeschlossen.

Für die Energiewende ist es eine gute Nachricht: Die Solaranlagen in der Schweiz generieren gleich viel Energie wie das AKW Beznau und werden dieses voraussichtlich 2025 überholen. Für das Stromnetz ist die Menge an Solarstrom jedoch eine grosse Herausforderung. Denn dieser fliesst nicht gleichmässig, sondern schwankt je nach Sonneneinstrahlung. 

In den Mittagsstunden bringen die Solaranlagen das Stromnetz gebietsweise an den Anschlag. Dies, weil die Leitungen in Quartieren oder Dörfern nicht auf solche Strommengen ausgelegt. Auch Trafostationen müssen leistungsfähig genug sein, um die Menge an Solarstrom an langen Sommertagen aufnehmen und weiterleiten zu können. 

Der Ausbau des Stromnetzes ist deshalb Teil der Energiewende. 30 bis 45 Milliarden Franken könne dieser kosten, rechnet das Bundesamt für Energie in einer Studie von 2022 vor.

Im Sommer überlasten PV-Anlagen das Netz

Die Kosten hängen stark damit zusammen, wie viel das Netz an Strom zu einem gegebenen Zeitpunkt aufnehmen können soll. Sprich: Ob es der Einspeise-Spitze an Mittagen im Sommer gewachsen sein soll. Würde es so dimensioniert, würde während eines grossen Teils des Jahres Netzkapazität brach liegen, weil dann sehr viel weniger Strom aus den PV-Anlagen ins Netz fliesst.

Ein kosteneffizientes Netz hingegen ist nicht auf die absolute Spitze ausgelegt, sondern auf das Optimum im Jahresverlauf. Wenn Solaranlagen aber nicht mehr ihre volle Leistung abgeben können, muss der Strom entweder lokal gespeichert oder heruntergeregelt werden können.

Für die Besitzer*innen der Anlagen bedeutet das, dass sie Strom, für den sie in weniger ergiebigen Zeiten Geld erhalten, nicht abgeben können. Die gesetzliche Grundlage dafür haben die Stimmenden mit dem Mantelerlass geschaffen. Die Details regelt das neue Stromgesetz, das voraussichtlich am 1. Januar 2025 in Kraft tritt.

Manche PV-Anlagen werden jahrelang nicht angeschlossen

Beim Netzausbau geht es auch darum, wie schnell es mit der steigenden Solarstrommenge mitwächst. Indem Anlagen gedrosselt werden, sinkt der Druck auf jene, die den Ausbau des Verteilnetzes vorantreiben und finanzieren, wie ein Vertreter der BKW dem SRF erklärt.

Die Alternative zum Drosseln ist, dass neue Anlagen gar nicht an das Netz angeschlossen werden, weil dieses nicht noch mehr Strom aufnehmen kann, als es an Spitzentagen bereits tut. Manche warten deshalb jahrelang darauf, dass ihre Anlage ans Netz geht und sie für ihren eingespeisten Strom vergütet werden, wie die NZZ schreibt.

Weitere Lösungsvorschläge sehen flexible Tarife vor. In Zeiten des Solarstromüberschusses würde dieser dann kaum noch oder gar nicht mehr vergütet. Wollen die Anlagen-Betreiber*innen darauf reagieren, brauchen sie ebenfalls eine technische Lösung.

Besitzer*innen von PV-Anlagen, die immer deren volle Leistungen nutzen wollen, müssen den Strom zu gewissen Zeiten speichern. Diese Batterien sind aber noch sehr kostspielig. Dennoch kommuniziert etwa der Branchenverband Swissolar seit Jahren, dass Anlagen-Besitzer*innen finanziell umso mehr profitieren, je mehr sie von ihrem selbst generierten Solarstrom selber verbrauchen.

Deutliches Ja zum Stromgesetz

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Die Schweiz erhält Regeln, um mehr einheimische Energie aus Solar- und Windenergie zu gewinnen, und die Planung von 16 Wasserkraftanlagen wird vereinfacht. Das Stimmvolk Stromgesetz deutlich angenommen. Die Fondation Franz Weber hatte die Vorlage mit dem Referendum bekämpft, zusammen mit einem Bündnis um den Neuenburger Pierre-Alain Bruchez und dem Verband Freie Landschaft Schweiz. Auch die SVP-Basis war dagegen.

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