SVP fordert mehr als nur Franchisen-Erhöhung Zahlen Ältere bald mehr für die Krankenkasse?

Sven Ziegler

13.1.2025

Diana Gutjahr, Thurgauer SVP-Nationalrätin und Metallbau-Unternehmerin. (Archivbild)
Diana Gutjahr, Thurgauer SVP-Nationalrätin und Metallbau-Unternehmerin. (Archivbild)
Bild: Keystone/Peter Klaunzer

In diesem Jahr soll die Mindestfranchise zum ersten Mal seit 20 Jahren steigen. Doch dabei soll es nicht bleiben, sagt die SVP – und will weitere Veränderungen. Die Gegenseite ist wenig begeistert.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das bürgerliche Lager will die Mindestfranchise erhöhen. 
  • Letztmals ist dies vor 20 Jahren geschehen.
  • SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr fordert darüber hinaus, dass Ältere mehr für die Krankenkasse bezahlen.

300 Franken Mindest- und 2500 Franken Höchstfranchise. Dieses Modell gilt für Schweizer Krankenversicherte unverändert seit 2004. Nun aber soll sich das ändern. Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, die Mindestfranchise zu erhöhen. 

Eingereicht haben den Vorstoss bürgerliche Politiker. SVP-Nationalrätin und Gesundheitspolitikerin Diana Gutjahr sagt im Gespräch mit blue News: «Die letzte Anpassung gab es vor rund 20 Jahren. Es ist an der Zeit, die Mindestfranchise auf die heutigen Begebenheiten anzupassen.» 

Eine konkrete Mindestfranchise schwebt Gutjahr nicht vor. Die SVP-Nationalrätin bringt im Gespräch mit blue News aber gleich noch weitere mögliche Anpassungen ins Spiel. «Man kann sich etwa überlegen, ob man beispielsweise die Versicherungsmodelle anpasst. Zum Beispiel könnten nur noch Versicherte Zugang zur tiefsten Franchise haben, die in einem alternativen Modell wie der Telemedizin versichert sind. Wer eine freie Arztwahl will, soll dann keinen Zugang mehr zur tiefsten Franchise haben.» 

Anders sieht das der Konsumentenschutz. Hier hat man für eine eventuelle Erhöhung der Mindestfranchise oder gar eine Abänderung der Modelle kein Verständnis. «Besonders für Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen sind die Prämien eine starke Belastung», sagt Sarah Lengyel, Leiterin Gesundheit bei der Stiftung für Konsumentenschutz. «Mit der Erhöhung der Mindestfranchise dürfte der Anteil, welcher schon jetzt auf medizinische Leistungen verzichtet, weiter steigen.»

Jede fünfte Person in der Schweiz habe im vergangenen Jahr aus finanziellen Gründen auf einen Arztbesuch verzichtet. «Mit der Erhöhung der Mindestfranchise dürfte dieser Anteil weiter steigen. Betroffen sind vor allem junge Menschen und Personen mit tieferem Einkommen, welche sich medizinische Unterstützung schlicht nicht leisten können», sagt Lengyel.

Entscheidet letztlich das Volk?

SVP-Nationalrätin Gutjahr bringt noch einen weiteren Vorschlag ins Spiel: Sie will, dass Ältere stärker zur Kasse gebeten werden als Familien. «Junge und Familien haben generell weniger Geld als ältere Leute. Ich finde es darum wichtig, dass auch diese Diskussion geführt wird. Die Generationengerechtigkeit muss man auch bei der Krankenkasse spüren. Deshalb ssoll geprüft werden, Ältere mehr für die Krankenkasse zahlen sollen als Jüngere.»  

SP-Nationalrätin Barbara Gysi findet dafür klare Worte. «Insbesondere Menschen mit tiefem Einkommen, ältere Personen und chronisch Kranke müssen bei solchen Änderungen zukünftig noch mehr selber bezahlen. Das ist total unsozial.»

Barbara Gysi (SP) will keine Erhöhung der Mindestfranchise. (Archivbild)
Barbara Gysi (SP) will keine Erhöhung der Mindestfranchise. (Archivbild)
Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller

Sie schlägt daher andere Änderungen vor, etwa bei den Medikamentenpreisen. «Durch bessere Beratung könnten auch unnötige Behandlungen eingespart werden, oft gibt es günstigere Methoden, die aber aufgrund von Fehlanreizen im Finanzierungssystem nicht gewählt werden.» So fordert Gysi etwa ein Verbot von Rückzahlungen an Ärzt*innen, sogenannte Kickbacks bei Medikamenten oder Medizinalprodukten. 

Der Bundesrat und das Parlament sollen in den kommenden Monaten über eine neue, höhere Mindestfranchise entscheiden. Je nach Verlauf könnte sich Gysi auch ein Referendum vorstellen. Die Chancen dafür seien intakt, sagt sie. «Ob eines ergriffen werden kann, hängt jetzt aber davon ab, ob die Franchise neu auf Gesetzesstufe geregelt oder weiterhin in der Kompetenz des Bundesrates bleibt und in einer Verordnung geregelt wird.»

Für SVP-Nationalrätin Gutjahr ist dennoch klar: Es braucht die höhere Mindestfranchise. Denn: «Wir sehen heute, dass rund 45 Prozent der Bevölkerung die Franchise von 300 Franken wählt, 60 Prozent dieser Personen schöpft sie aber gar nicht aus. Würde die Franchise erhöht, würden auch die Prämienerhöhungen etwas ausgebremst. Leute, welche ihre Franchise heute schon nicht ausschöpfen, könnten in Zukunft Geld sparen – aber auch alle anderen, da die Prämien generell weniger stark steigen würden. Und das ist am Ende im Portemonnaie jedes Einzelnen spürbar.»

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11.11.2024