150 Milliarden FrankenVerschleppt die Schweiz die Suche nach Oligarchen-Geldern?
Von Alex Rudolf
8.6.2023
Rund 150 Milliarden Franken an Oligarchen-Geld sollen auf Schweizer Bankkonten lagern. Die Schweiz gerät zusehends unter Druck, noch aktiver zu werden. In Bern bleiben die Verantwortlichen gelassen.
Von Alex Rudolf
08.06.2023, 00:00
08.06.2023, 08:23
Alex Rudolf
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der internationale Druck auf die Schweiz wächst, Oligarchen-Gelder zu sperren und für den Wiederaufbau der Ukraine einzusetzen.
Kommende Woche berät der Ständerat gleich zwei Vorstösse, wonach eine Taskforce eingesetzt werden soll.
Was aber den Einsatz der gesperrten Gelder als Wiederaufbauhilfe angeht, würde eine solche Taskforce ein Papiertiger bleiben.
Kanada verabschiedete bereits ein Gesetz, wonach das beschlagnahmte Oligarchen-Geld für den Wiederaufbau der Ukraine eingesetzt werden soll. Die USA bereiten ein solches vor.
Laut Schätzungen der Weltbank braucht es rund 2000 Milliarden, um die Ukraine wieder aufzubauen nach dem russischen Angriffskrieg. Die Schweiz gerät zusehends unter Druck aus dem Ausland: Sie muss erneut entscheiden, was mit den hierzulande eingefrorenen Geldern geschehen soll.
In der Schweiz sind rund 7,5 Milliarden Franken an Oligarchen-Geld eingefroren. Viel zu wenig, sagen die G-7-Staaten und kritisieren die Schweiz aufs Schärfste. Die Schweiz sei desinteressiert, Gelder aufzuspüren und die 7,5 Milliarden sind im Vergleich zu den hierzulande gelagerten Russen-Geldern von 150 Milliarden Franken eher gering.
Wie sehr sich die eidgenössischen Räte dem internationalen Druck beugen, zeigt sich wohl in der nächsten Woche. Dann nämlich werden gleich zwei Vorstösse im Ständerat beraten, die sich mit dem Thema befassen. Sie fordern beide die Schaffung einer Taskforce, die sich auf die Jagd nach Oligarchen-Geldern macht.
Zweifelsfreie Klärung gefordert
Was soll die Taskforce tun? Sie soll die internationalen Sanktionen gegen Russland und Belarus umsetzen. Das Augenmerk soll dabei auf den in der Schweiz gelagerten Vermögen reicher russischer und belarussischer Oligarchen liegen, die auf der Liste der sanktionierten Personen stehen. Bis zur zweifelsfreien Klärung sollen diese Gelder gesperrt werden.
Die Sterne für ein Ja stehen nicht sonderlich gut. Denn die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats empfahl der kleinen Kammer bereits ein Nein zu den beiden vorhandenen Motionen. So habe sie der Bundesrat darüber informiert, dass erst kürzlich zehn zusätzliche Stellen im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) geschaffen wurden und die interne und externe Zusammenarbeit gut funktioniere.
Die Idee nach einer solchen Taskforce ist keineswegs neu. Sie wurde bereits an der Sommersession vom vergangenen Jahr behandelt, scheiterte dort aber im Nationalrat wegen eines Punktes: der Verwendung der Gelder für den Ukraine-Wiederaufbau. Laut Nationalrat ist dies aber rechtsstaatlich problematisch ist.
Die beiden Vorstösse, die nun behandelt werden, kommen nun also ohne Passus aus, wonach Gelder eingezogen werden sollen. Dies, obwohl sich Aussenminister Ignazio Cassis bereits vor Monaten grundsätzlich positiv gegenüber der Idee geäussert hat, beschlagnahmte Gelder für den Wiederaufbau zu verwenden. Jedoch nur unter der Bedingung, dass eine solche Massnahme international koordiniert vonstattengeht.
Würde eine solche Taskforce also ohnehin ein zahnloser Papiertiger bleiben?
Was will der Bundesrat?
Der Bundesrat will keine eigene Taskforce einstellen. «Die hohe Zahl an Meldungen und die – auch im internationalen Vergleich – hohe Summe an eingefrorenen Vermögenswerten zeigen, dass die Prozesse funktionieren», schreibt er in seiner Antwort. Man sei zudem in ständigem Austausch mit allen wichtigen Akteuren im In- und Ausland.
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