Nach Hin und Her Räte einigen sich beim Covid-19-Gesetz

gg, sda

18.3.2021 - 10:40

Nach hart geführten Debatten hat der Nationalrat beim Covid-19-Gesetz dem Antrag der Einigungskonferenz zugestimmt. Für Härtefälle bei Unternehmen werden nun zehn Milliarden Franken eingesetzt.

Nach intensiven, teils gehässigen Monster-Debatten und grosser Uneinigkeit zwischen den Räten hat das Parlament bei der Revision des Covid-19-Gesetzes im letzten Moment doch noch eine Lösung gefunden. Es setzte sich weitgehend der Ständerat durch – zur Freude des Bundesrats. (Hier unsere Ticker aus dem Stände- und Nationalrat zum Nachlesen.)

Die Regierung hatte Anfang Jahr weitere Änderungen und einen damit verbundenen Zusatzkredit zuhanden des Parlaments verabschiedet. Zentraler Pfeiler der Vorlage des Bundesrats war die Aufstockung des Härtefallprogramms von heute 2,5 auf neu 10 Milliarden Franken. Zusätzlich präzisierte der Bundesrat die Regeln zur Kurzarbeit, zur Kita-Hilfe oder für Kulturschaffende.



Im Parlament gaben zunächst aber andere Sachen zu reden. National- und Ständerat kritisierten – teilweise ungewohnt scharf – die Corona-Politik des Bundesrats. Insbesondere die bürgerlichen Fraktionen forderten raschere Lockerungen der drastischen Corona-Massnahmen und bessere Perspektiven für geschlossene Betriebe.

Die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N) wollte den 22. März als verbindliches Öffnungsdatum für Gastro- und Freizeitbetriebe im Gesetz verankern. SVP, FDP und die Mitte erhöhten im Vorfeld der parlamentarischen Debatte den Druck auf den Bundesrat. Nach einer «Chropfleerete» in beiden Kammern verzichtete die Mehrheit der FDP- und der Mitte-Fraktion schliesslich aber auf ein fix verankertes Öffnungsdatum im Covid-19-Gesetz.

Drastische Ausweitung letztlich chancenlos

In der zweiten Sessionshälfte verlagerte sich die Diskussion in beiden Räten zu den Corona-Finanzhilfen des Bundes. Im Zentrum stand die Frage, welchen Unternehmen und Personen geholfen werden soll. Es ging um Regeln für Härtefälle, À-fonds-perdu-Beiträge, Kurzarbeits- und Erwerbsersatzentschädigungen.

Nach einem dreiwöchigen Zickzack-Kurs spurte das Parlament schliesslich weitgehend auf die Linie des Bundesrats ein. Zur Unterstützung von Härtefällen stehen maximal 10 Milliarden Franken zur Verfügung. In der Einigungskonferenz setzten sich bei den wichtigsten Punkten die vorsichtiger agierenden Ständerätinnen und Ständeräte durch.

An der Definition von Härtefällen wurde nichts Entscheidendes geändert. Wie heute gilt ein Unternehmen als Härtefall, wenn es einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent verzeichnet oder während mehr als 40 Tage behördlich geschlossen wurde.



Der Nationalrat wollte in den letzten Tagen und Wochen an dieser Schwelle schrauben. In der ersten Beratungsrunde stockte die grosse Kammer die Finanzhilfen sogar auf beinahe 20 Milliarden Franken auf. Der Ständerat lehnte das jeweils ab – mit dem Verweis, dass die Spielregeln nicht während des Spiels geändert werden sollten.

Kein Auffangnetz für alle

Bei den Finanzhilfen für grosse Unternehmen erliess das Parlament zusätzliche Bedingungen. Grundsätzlich werden hohe Ausschüttungen von Härtefallgeldern an zusätzliche Bedingungen geknüpft und die Unternehmen werden verpflichtet, im Falle eines Gewinns die Summe zurückzuerstatten. Wenn der À-fonds-perdu-Beitrag 5 Millionen Franken übersteigt, muss das Unternehmen eine Eigenleistung nachweisen.

Die letztlich getroffene Lösung bei den Härtefällen ist auch im Sinne des Bundesrats. Finanzminister Ueli Maurer warnte in der Frühjahrssession mehrmals davor, die Vorlage finanziell zu überladen und die Corona-Schulden weiter zu erhöhen. Es könne nicht jedes Unternehmen gerettet, jedes Einzelschicksal berücksichtigt werden. Sonst würden happige Sparprogramme drohen.

Schutzschirm für Veranstaltungen

Eine neue Lösung wurde für abgesagte grosse Veranstaltungen gefunden. Das Parlament will Festivals, Messen und weitere Publikumsanlässe zusätzlich unterstützen. Sie können mit einem Gesuch beim Bund die Abgeltung ungedeckter Kosten verlangen für Veranstaltungen, die zwischen dem 1. Juni 2021 und dem 30. April 2022 hätten stattfinden sollen.



Der Bund entschädigt jedoch nur Veranstaltungen «von überkantonaler Bedeutung». Sofern die Kantone die Hälfte des Ausfalls übernehmen, ist der Bund bereit, die andere Hälfte zu bezahlen. Der Nationalrat wollte auch Publikumsanlässe «von regionaler Bedeutung» berücksichtigen. Die Unterstützung von regionalen und lokalen Veranstaltungen ist nun aber Sache der Kantone.

Mehr Selbstständige berücksichtigt

Bereits früher einen Kompromiss gefunden hatten die Räte bei der Hilfe für Selbstständigerwerbende. Demnach gelten künftig Personen als massgeblich eingeschränkt, die in ihrer Unternehmung eine Umsatzeinbusse von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Umsatz in den Jahren 2015 bis 2019 haben. Heute ist ein Umsatzminus von mindestens 40 Prozent massgebend.

Finanzminister Maurer warnte auch hier davor, die Spielregeln zu ändern. «Die Kantone werden damit an ihre Grenzen kommen.» In diesem Punkt blieben seine Worte aber ungehört.

Neue Regeln gelten auch bei der Unterstützung von Profisportklubs. Sie müssen nicht mehr zwingend Lohnkürzungen vornehmen, um an À-fonds-perdu-Beiträge zu kommen. Wer die Regeln für Lohnkürzungen nicht einhält, erhält immer noch die Hälfte der Ausfälle der Ticketeinnahmen zurück.

Vorlage ist 12 Milliarden Franken schwer

Weiter entschied das Parlament, dass Personen mit tiefen Löhnen bei Kurzarbeit bis Ende Juni 2021 den vollen Lohn entschädigt erhalten. Der Nationalrat wollte die Bestimmung bis Ende Jahr ausweiten. Im aktuellen Gesetz wäre die Massnahme Ende März ausgelaufen.

Finanzminister Maurer bilanzierte zum Abschluss der Debatte, dass das Parlament mit seinen Entscheiden die Vorlage um rund 2 Milliarden auf 12 Milliarden Franken aufgestockt habe. Ende Jahr rechne der Bund mit einem ausserordentlichen Defizit von rund 30 Milliarden Franken. «Das ist höher als der Schuldenabbau der letzten 15 Jahre.»

Der Vorschlag der Einigungskonferenz wurde am Donnerstag von National- und Ständerat gutgeheissen – insbesondere von der Ratslinken zähneknirschend. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Die Revision soll bereits am Samstag in Kraft treten. Die dazugehörige Verordnung wird laut Maurer am 31. März vom Bundesrat verabschiedet.

Würde das Covid-19-Gesetz in der Referendumsabstimmung am 13. Juni abgelehnt, wäre es noch bis 25. September gültig. Es könnte nicht mehr erneuert werden.

gg, sda