Mutter verliert Prozess Obergericht: Bub (10) darf selbst über Beschneidung entscheiden

tafi

24.9.2019

Der Eingriff sei eine unzumutbare Belastung für den Knaben: Das Obergericht Zürich verbot einer muslimischen Mutter, ihren Sohn beschneiden zu lassen. Der Bub hat panische Angst vor Spritzen und ärztlichen Eingriffen. (Symbolbild)
Der Eingriff sei eine unzumutbare Belastung für den Knaben: Das Obergericht Zürich verbot einer muslimischen Mutter, ihren Sohn beschneiden zu lassen. Der Bub hat panische Angst vor Spritzen und ärztlichen Eingriffen. (Symbolbild)
Keystone

Eine muslimische Mutter will ihren Sohn unbedingt beschneiden lassen – obwohl der Zehnjährige panische Angst vor Spritzen und ärztlichen Eingriffen hat. Das Zürcher Obergericht hat nun entschieden, dass ihm dieser Eingriff erspart bleibt.

Eltern können zwar über die religiöse Erziehung ihrer Kinder entscheiden. Jedoch immer unter dem Vorbehalt, dass dabei das Wohl des Kindes nicht gefährdet wird. Eine solche Gefährdung erkannte das Zürcher Obergericht bei einem zehnjährigen muslimischen Knaben, der beschnitten werden sollte.

Er hatte in der Vergangenheit schon mehrmals geradezu panisch auf Spritzen und Ärzte reagiert. Aus diesem Grund musste sogar das Anpassen seiner Zahnspange abgebrochen werden. Der Knabe hatte Praxis-Mobiliar zerstört.

Ein Kinderpsychiater, der im Urteil zitiert wird, riet deshalb von einem «nicht notwendigen medizinischen Eingriff dringend ab». Das sei eine unzumutbare Belastung. Das Gericht folgte nun dieser Einschätzung und verbietet der Mutter, ihren Sohn dem Eingriff auszusetzen.

Beschneidung in den Sommerferien

Auslöser für den Gerichtsfall war die Ankündigung der Mutter im Frühling 2017, sie werde ihren Sohn in den Sommerferien beschneiden lassen. Als Grund gab sie an, dass ein weiteres Abwarten schlecht für seine Entwicklung sei. Sie fürchte zudem, er werde von anderen muslimischen Knaben gemobbt, weil sein Penis anders aussehe.

Aus welchem Land die Familie stammt, geht aus dem kürzlich publizierten Urteil nicht hervor. Der Knabe lebt schon seit mehreren Jahren in einem Kinderheim, die Eltern sind geschieden.

Die Beiständin des Knaben fand eine Beschneidung angesichts seiner Panik vor ärztlichen Behandlungen falsch. Die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) teilte diese Meinung und schränkte das Sorgerecht der Mutter entsprechend ein.

Gegen diesen Entscheid erhob die Mutter Beschwerde beim Bezirksrat. Ihr Sohn habe sein Trauma längst überwunden, argumentierte sie. Zudem sei der Kesb-Entscheid diskriminierend, weil er die Religionsfreiheit einschränke.

Auf eigene Urteilsfähigkeit warten

Doch auch der Bezirksrat untersagte die Beschneidung. Daraufhin zog die Mutter vor Obergericht und blitzte nun ein weiteres Mal ab. Es müsse abgewartet haben, bis der Knabe selber die nötige Urteilsfähigkeit habe, heisst es im Urteil. Er soll also in ein paar Jahren selber entscheiden dürfen, ob er beschnitten wird oder nicht.

Obwohl die Mutter den Fall verloren hat, muss sie keine Gerichtskosten zahlen. Sie lebt seit Jahren von Sozialhilfe und könnte sie ohnehin nicht begleichen. Die Gerichtskosten gehen deshalb zu Lasten der Staatskasse. Das Urteil ist rechtskräftig.

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