Kolumne Welche Nachwahl-Plakate die Parteien liefern sollten

Von Gil Bieler

25.10.2019

Nach dem Wahlsonntag lichtet sich der Wahlplakate-Dickicht zügig. 
Nach dem Wahlsonntag lichtet sich der Wahlplakate-Dickicht zügig. 
Bild: Keystone

Die Wahlen sind für die meisten Politiker gelaufen – dadurch werden auf einmal Tausende Plakatflächen im ganzen Land frei. Was aber, wenn die Parteien einfach neue Plakate aufhängen würden? Ein paar Vorschläge. 

Kaum ist Wahlkampf, lächeln urplötzlich an jeder Ecke die Politikerinnen und Politiker von den Plakaten. Doch die Nationalratswahlen sind seit letztem Sonntag vorüber und wenn erst einmal die zweiten Wahlgänge um die noch offenen Ständeratssitze gelaufen sind, lichtet sich das Köpfe-Dickicht schneller als eine Baumkrone im Spätherbst. Dabei könnten die Parteien doch ihren Platz im öffentlichen Raum weiterhin beanspruchen – und neue Plakatsujets anbringen.

«Bluewin» zwinkert mit den Augen und hätte folgende Vorschläge:

Grüne: Nach ihrem historischen Wahlsieg müssen die Grünen – und ihre Wählerinnen und Wähler – aufpassen, dass ihnen der Erfolg nicht zu Kopfe steigt. Wieso also nicht eine Mahnung auf den nun frei werdenden Plakatflächen platzieren? «Bluewin» empfiehlt die Geschichte von Ikarus: Der Überflieger aus der griechischen Mythologie kam bekanntlich der Sonne zu nahe, was seine Flügel zerstörte und zu seinem Absturz führte. Nette Notiz am Rande: Ikarus flog unseres Wissens nach völlig CO2-neutral.

GLP: Die Grünliberalen fassen als zweite grosse Wahlsieger denselben Vorsatz – gönnen aber dem Ikraus auf ihren Plakaten einen wirtschaftsfreundlichen Touch. Und sei es nur, dass er im Sturzflug noch ruft: «Bürokratie für KMU abbauen!»

Biblisches Loblied auf die Mittepartei

CVP: Die Christdemokraten dürften auf Plakate mit Bibelzitaten setzen – das «C» im Parteinamen verpflichtet ja dazu. Und im Buch der Bücher finden sich passende Textstellen für jede Lebenslage. Wie wär’s mit dem ersten Brief an die Korinther?

«Ich bitte euch aber, liebe Brüder und Schwestern, beim Namen unseres Herrn Jesus Christus: Sprecht alle mit einer Stimme und lasst keine Spaltungen unter euch zu, seid vielmehr miteinander verbunden in derselben Gesinnung und Meinung!» Wenn das nicht nach einem Loblied auf die Mittepartei klingt, was sonst?



FDP: Die Liberalen ziehen sich als einzige Partei diskret zurück und überlassen ihre Plakatwände dem freien Markt. Irgendwann merken sie jedoch, dass die Grünen mit ihren Ikarus-Plakaten anzukommen scheinen – und setzen flugs auf dasselbe Sujet. Erklärung für diese Kehrtwende: Das Thema griechische Mythologie gehöre schon lange zur DNA der FDP, also nix mit Trends hinterherlaufen, gällen Sie.

Kapitalismuskritk mit «Meh Dräck»

SP: Die Sozialdemokraten mussten Federn lassen. Neue Ideen müssen her, um die Leute für die soziale Sache zu gewinnen. Marx, Ziegler, alle ausgelutscht. Wie wär’s stattdessen mit Chris von Rohr? Ja, im Ernst: Der Rocker ist zwar alles andere als eine linke Socke, haut in seinen Kolumnen für die «Schweizer Illustrierte» aber trotzdem immer wieder Zeilen raus, die das Übel des kapitalistischen Systems auf erfrischende Art entlarven. Kostprobe?

«Das berufliche Verfallsdatum ist erreicht, sobald die Vier vor dem Zig verschwindet.» Oder: «Dem charakterlichen Horizont wäre es dienlicher, wenn man schon in der Jugend Einblick in gewisse Nöte erhielte und auch mal dreckige Arbeiten erledigen müsste. Manch ein seelen- und rücksichtsloser Karrierist (...) ist bedauerlicherweise um solche Erfahrungen herumgekommen.»

Wäre doch ein tipptopper SPler: Rockmusik-Urgestein Chris von Rohr.  
Wäre doch ein tipptopper SPler: Rockmusik-Urgestein Chris von Rohr.  
Bild: Keystone


SVP: Hier gilt genau das Umgekehrte: Bitte nur Altbewährtes! Nach diesem Motto hat sich die SVP schliesslich zur wählerstärksten Partei gemausert. Mit ihren frei werdenden Plakatwänden sollte sie daher Auszüge aus der Blocher-Biografie von 2009 unters Volk bringen. Für die finanzstarke Partei ist es ja ein Klacks, 480 Plakatwände zu mieten – eine für jede Buchseite. Und weil noch Budget übrig bleibt (logo), kann man ja auch gleich noch Plakate mit Bauernweisheiten drucken lassen. So etwas wie: «Schwappt die grüne Welle durch das Land, einfach den Kopf in den Sand.» Oder so.

Papa Moll muss es für die BDP richten

BDP: Mit dem Wahlslogan «Langweilig, aber gut» waren der BDP leider keine Erfolge vergönnt. Trotzdem sollte sich die Partei treu bleiben. «Bluewin» empfiehlt: Papa-Moll-Comics an die Plakatwände! Auch der rundliche Comic-Biedermann ist nicht eben ein ausgeflippter Geselle –typisch schweizerisch.

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