Gesetzeslücken genutztMit diesen dreisten Tricks treiben Spitäler die Prämien in die Höhe
Dominik Müller
16.12.2024
Die Krankenkassenprämien steigen erneut um sechs Prozent. Derweil nutzen Spitäler legale Schlupflöcher, um enorme Gewinne einzufahren – auf Kosten der Versicherten.
Dominik Müller
16.12.2024, 14:45
Dominik Müller
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Spitäler bedienen sich bei steigenden Gesundheitskosten mehrerer Tricks, um ihre Gewinne zu maximieren.
So nutzen einige Kliniken Listen- statt Nettopreise und behalten hohe Rabatte ein.
Zudem lassen Radiologie-Praxen Röntgenbilder günstig im Ausland auswerten, verrechnen aber Schweizer Tarife.
Die Ausgaben für das Schweizer Gesundheitswesen sind in den letzten drei Jahrzehnten anscheinend unaufhaltsam gestiegen. Die Krankenkassenprämien steigen 2025 bereits das dritte Mal in Folge mit einem überdurchschnittlichen Anstieg. Im Schnitt müssen Versicherte nächstes Jahr sechs Prozent mehr bezahlen.
Die Politik sucht seit geraumer Zeit nach Lösungen. Reformen waren aber bisher schwierig. Dass Kosten gespart werden müssen, ist in allen politischen Lagern unbestritten. Doch nun zeigen Medienberichte: Spitäler und Praxen wenden verschiedene Tricks an, um möglichst viel Geld zu verdienen, und lassen die Gesundheitskosten damit weiter explodieren.
So stellen etwa gewisse Spitäler Krankenkassen seit ein paar Monaten massiv überhöhte Rechnungen für Medizinprodukte, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Dabei berechnen die Spitäler den Kassen viel höhere Preise, als sie den Lieferanten im Einkauf bezahlen.
Listen- statt Nettopreise
Mehrere Akteure im Gesundheitswesen nutzen eine Gesetzesänderung aus, die eigentlich erlassen wurde, um Kosten zu senken: Bei Rabatten auf Medizinprodukte dürfen Spitäler und Praxen seit 2022 im ambulanten Bereich bis zu 49 Prozent selber behalten, wenn sie mit diesem Geld die Qualität der Behandlungen verbessern. Der Rest muss an die Krankenkasse weitergegeben werden.
Bei Medizinprodukten ist das Preissystem anders als bei Medikamenten intransparent. Zudem wird zwischen dem Listen- und dem Nettopreis unterschieden. Ersterer wird festgelegt, wenn ein Produkt erstmals auf den Markt kommt. Der tatsächlich bezahlte Preis, sprich der Nettopreis, liegt in den meisten Fällen aber deutlich darunter.
Seitdem sie offiziell 49 Prozent der Rabatte behalten dürfen, tauchen auf Lieferscheinen von Spitälern nun vermehrt Listenpreise auf. Das ergibt schnell enorme Rabatte, obwohl in Wirklichkeit nur der oftmals um ein Vielfaches tiefere Nettopreis bezahlt wurde.
Gemäss «Tages-Anzeiger» bediene sich insbesondere die Hirslanden-Gruppe dieses Kniffs. So habe eine Klinik etwa für einen Ballon zur Öffnung verengter Blutgefässe, der eigentlich 60 Franken kostet, fast 1500 Franken verlangt. Ein Herzschrittmacher, der für 3700 Franken eingekauft wurde, sei für über 14’500 Franken verrechnet worden.
Ausländische Leitung zu Schweizer Tarif
Mit einem anderen Trick nutzen hiesige Radiologie-Firmen das hiesige Gesundheitssystem aus, berichten die Zeitungen von CH Media. Der Kniff ist simpel: Spitäler und Praxen lassen Röntgenbilder im Ausland auswerten – rechnen aber mit Schweizer Tarifen ab.
Demnach nutzen einige Privatspitäler die Dienste von Unternehmen in deutlich günstigeren Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Ungarn. Auch in diesem Zusammenhang wird die Hirslanden-Gruppe genannt.
Die Unternehmen verrechnen die Tarife für die Diagnosen aber nach Schweizer Standard, obwohl sie den im Ausland angestellten Ärzten viel weniger zahlen müssen. Auf diese Weise bleibt für die Spitäler mehr Profit übrig.
Hirslanden-Gruppe nimmt Stellung
Die Praxis ist nicht illegal. «Vom Strahlenschutzrecht her gibt es dafür keine Auflagen», sagt Daniel Dauwalder, Sprecher des Bundesamts für Gesundheit, zu CH Media. Die internationale Teleradiologie sei rechtlich nicht geregelt.
Die Hirslanden-Gruppe gibt sich bedeckt. Man habe in zwei von 17 Radiologie-Instituten externe Partner angestellt, bei denen nicht ausgeschlossen sei, dass sie auf internationale Teleradiologie setzen.
Zum ersten Kniff sagt die Gruppe, die Listenpreise würden von den Lieferanten ohne Einfluss von Hirslanden bestimmt. Man habe Anfang Dezember eine externe, spezialisierte Kanzlei mit einer Untersuchung beauftragt.
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