Weil der Kanton Aargau Wohnungen für Asylsuchende benötigt, haben 49 Mieterinnen und Mieter in Windisch die Kündigung erhalten.
Der Gemeinderat gab sich «zutiefst schockiert» wegen des Vorgehens des Kantons und des Vermieters. Er wehrt sich laut eigenen Angaben «vehement gegen den Rauswurf» der Personen.
Geplante Asylunterkunft Windisch AG
Weil der Kanton Aargau Wohnungen für Asylsuchende benötigt, haben 49 Mieterinnen und Mieter in Windisch die Kündigung erhalten.
Der Gemeinderat gab sich «zutiefst schockiert» wegen des Vorgehens des Kantons und des Vermieters. Er wehrt sich laut eigenen Angaben «vehement gegen den Rauswurf» der Personen.
Der Fall Windisch schlägt hohe Wellen: Auch der Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz versteht nicht, wieso Bewohner*innen dreier Liegenschaften ausziehen müssen, um eine Asylunterkunft einzurichten.
Unverständnis, Kritik und Kopfschütteln: Es sind fast durchs Band negative Reaktionen, die der Entscheid des Kantons Aargau bezüglich einer Asylunterkunft auslöst. Der Kanton will in Windisch eine Unterkunft für rund 100 Personen eröffnen. Der private Eigentümer der drei Liegenschaften hat nach Angaben der Gemeinde den 49 Mietenden per Ende Juni gekündigt.
Kritik hagelte es bereits aus der Politik. Sowohl Vertrer*innen linker wie auch bürgerlicher Parteien verurteilen den Entscheid. Nun äussert sich der Mieterinnen- und Mieterverband – und stösst ins gleiche Horn.
Es sei absolut nicht legitim, verschiedene Gruppen von eventuell sogar vulnerablen Mieterinnen und Mietern gegeneinander auszuspielen, sagt Linda Rosenkranz, Generalsekretärin des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz (MV), im Gespräch mit blue News. Und fügt hinzu: «Das geht einfach nicht. Wohnen ist ein Menschenrecht.»
«Skandalöse Hauruckaktion»
Ihre Kritik gilt den Aargauer Behörden. Der Kanton habe es verschlafen, sich rechtzeitig um eine geeignete Unterbringung für Asylsuchende zu kümmern. Dabei sei das Problem schon lange bekannt gewesen. Es gebe zu wenig bezahlbaren Wohnraum, gleichzeitig nehme die Migration zu. «Dass man jetzt mit solch skandalösen Hauruckaktionen auf Alarmismus macht und den sozialen Frieden in der Schweiz gefährdet, ist mehr als fragwürdig», findet Rosenkranz.
Andere Kantone seien überlegter vorgegangen
Mitte Januar hatte der Aargauer Regierungsrat die Notlage im Asylwesen ausgerufen. Er schuf so die rechtliche Grundlage für zusätzliche Unterkunftsplätze.
Andere Kantone hätten gezeigt, dass es bessere und interessantere Lösungen gebe, die nachhaltig seien und den Wohnfrieden nicht aufs Spiel setzen würden, sagt Rosenkranz. In Zürich beispielsweise wurde eine alte Polizeikaserne umgenutzt. Das brauche zwar etwas Vorlauf. Auch der Kanton Aargau habe diesen gehabt. «Zuerst die Hausaufgaben nicht erledigen und dann so handeln, das ist ein Armutszeugnis.»
Ein weiterer Punkt, der für den Mieterinnen- und Mieterverband gegen das Vorgehen des Kantons spricht, ist die mögliche Verzögerung im Falle einer Einsprache. Wehren sich die betroffenen Mieterinnen und Mieter gegen die Kündigung, daure es mindestens ein Jahr, bis sie endgültig ausziehen müssen, so Rosenkranz. Das bedeute, dass während dieses gesamten Zeitraums keine Lösung für die Unterbringung der Asylsuchenden gefunden werden könne.
Die Gemeinde Windisch hat bereits angekündigt, sich «vehement gegen den Rauswurf» der Personen zu wehren. Sie will sich «mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass die Mieterinnen und Mieter in ihren Wohnungen bleiben können». Der Gemeinderat erwarte vom Kanton, dass dieser auf die Mieteinnahmen der betroffenen Liegenschaften verzichte.
Kanton will Konflikt «nicht über die Medien austragen»
Das Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau teilte am Montagabend auf Anfrage von blue News mit, dass es um eine reguläre Anmietung zweier Altliegenschaften gehe, deren Sanierung in nächster Zeit bevorstehe und nicht um eine Beschlagnahmung. Weiter wolle man die Differenzen zwischen dem Kantonalen Sozialdienst (KSD) und der Gemeinde Windisch «nicht über die Medien austragen», hiess es in einer kurzen Stellungnahme.
Trotzdem dürfte der politische Druck, auf die geplante Asylunterkunft zu verzichten, weiter zunehmen. Für den Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz ist jedenfalls klar: «Den einen kündigen, um den anderen Wohnraum zu verschaffen, ist alles andere als nachhaltig.»
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.