WEF im Zeichen der Ukraine «Ich erinnere mich lebhaft an die opulenten Russenpartys»

Von Gabriela Beck

20.5.2022

Letztes Jahr noch virtuell, diesen Mai wieder live in Davos: Das Weltwirtschaftsforum mit dem Themenschwerpunkt Ukraine.
Letztes Jahr noch virtuell, diesen Mai wieder live in Davos: Das Weltwirtschaftsforum mit dem Themenschwerpunkt Ukraine.
Photo Illustration by Pavlo Gonchar/SOPA Images/LightRocket via Getty Images

Vom 22. bis 26. Mai treffen sich in Davos wieder die Mächtigen aus Politik und Wirtschaft zum Weltwirtschaftsforum. Themenschwerpunkt ist der Ukraine-Konflikt. Das stösst auf Kritik.

Von Gabriela Beck

20.5.2022

Im Mai steht Davos für kurze Zeit wieder im Mittelpunkt der globalen Wirtschaftspolitik, wenn sich rund 2500 Konzernlenker, Unternehmer, Politikerinnen und Politiker aus allen Herren Ländern in der 10'000-Einwohner-Gemeinde zum Weltwirtschaftsforum (WEF) treffen. 

Als Diskussionspunkte stehen neben dem Klima insbesondere die knappe Energieversorgung, die Teuerung und die schlechte Ernährungslage der Welt auf dem Programm – alles unmittelbare Folgen des Ukraine-Kriegs. Dieser wird dieses Jahr denn auch eines der beherrschenden Themen sein. «Wir werden in Davos tun, was wir können, um die Ukraine zu unterstützen», sagte WEF-Gründer Klaus Schwab an der Medienkonferenz.

Da ist «Public Eye»-Sprecher Oliver Classen skeptisch in Anbetracht der guten Verbindungen der Schweizer Wirtschaft nach Russland: «Ich möchte Herrn Schwab keinen Zynismus unterstellen, aber ich erinnere mich lebhaft an die opulenten Russenpartys in Davos und die Verflechtungen seiner Stiftung mit russischen Staatsunternehmen, die jetzt auf Sanktionslisten stehen». Man dürfe nicht vergessen, dass das WEF eine private Lobbyorganisation der weltgrössten Konzerne sei, die keine demokratische Legitimation habe.

Problematisch, wenn Wirtschaftsführer Politik machen

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) «Public Eye» findet es per se problematisch, wenn führende Persönlichkeiten aus der Privatwirtschaft Politik machen. Die Kritik ist nicht neu. Das WEF steht in den Augen von Kritiker*innen auch für ein Treffen der globalen Elite, das wenig dafür tut, die breite Gesellschaft einzubinden. Zugang haben nur die Reichen und Mächtigen, der normale Bürger darf nicht teilnehmen. «Konzernchefs werden auch während des Ukraine-Konflikts im eigenen Interesse handeln», prognostiziert Classen.

Nichtsdestotrotz hat Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, seine Präsenz zugesagt. Erwartet werden auch der stellvertretende Ministerpräsident Mychajlo Fedorow sowie fünf Parlamentsabgeordnete aus der Ukraine. Präsident Wolodymyr Selenskyj wird sich virtuell zuschalten.

Classen kann dafür ein gewisses Verständnis aufbringen: «In Davos geht es in erster Linie um Wirtschaftsförderung. Deswegen kann ich nachvollziehen, dass ukrainische Politiker auf dem WEF um Investitionen in ihr vom russischen Angriffskrieg zerrüttetes Land werben.»

Zwei Protestmärsche schon am Sonntag

Die Gemeinde Davos hat vor dem Beginn des World Economic Forums (WEF) vier Kundgebungen bewilligt. Die ersten beiden finden schon zum Auftakt am Sonntag statt.

Los geht es mit einer «Strike WEF»-Wanderung von Klosters auf den Davoser Postplatz, wie die Gemeindekanzlei auf Anfrage mitteilte. Dort treffen sich die Streikenden mit den Jungsozialisten (Juso) Schweiz zu einer gemeinsamen Demonstration. Die Organisierenden verfügen aber über separate Bewilligungen. Die Anzahl der Teilnehmenden darf an beiden Aktionen 500 Personen nicht überschreiten.