Maskenpflicht und Homeoffice Kantone lehnen die meisten Vorschläge des Bundesrats ab

Von Lukas Meyer

2.12.2021

Bundesrat will Zertifikatspflicht auf privaten Bereich ausdehnen

Bundesrat will Zertifikatspflicht auf privaten Bereich ausdehnen

Nach wochenlangem Zögern ist eine Verschärfung der nationalen Corona-Regeln für den Bundesrat nun doch kein Tabu mehr: Er schickt verschiedene Massnahmen in die Konsultation – darunter eine ausgedehnte Zertifikatspflicht im Privaten und eine generelle Maskenpflicht.

02.12.2021

Eine ausgedehnte Zertifikatspflicht, kürzere Gültigkeit von Tests und Homeoffice: Der Bundesrat hat diverse Vorschläge in die Vernehmlassung geschickt. Die Kantone begrüssen die Initiative, sind aber bei den Einzelheiten skeptisch.

Von Lukas Meyer

Der Bundesrat hat am Dienstag eine ausserordentliche Sitzung abgehalten und Vorschläge zur Bekämpfung der steigenden Corona-Zahlen in die Vernehmlassung geschickt. Morgen Freitag will die Regierung entscheiden.

Die Kantone unterstützen grundsätzlich, dass der Bundesrat das Heft in die Hand nimmt und landesweite Massnahmen vorschlägt. Der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf bezeichnet das Vorgehen in der «Luzerner Zeitung» allerdings als «befremdlich», nachdem der Bundesrat lange nichts getan und nun überraschend kommuniziert habe.

Einige Massnahmen sind unbestritten, andere werden einhellig abgelehnt. Die Ausweitung der Maskenpflicht etwa begrüssen die Kantone, auch eine Ausweitung der Zertifikatspflicht können sich viele vorstellen. An privaten Anlässen halten sie diese dagegen nicht für umsetzbar. Auch Reihentests an Schulen und eine generelle Homeoffice-Pflicht stossen auf Ablehnung.

Die Kantone haben in den letzten Tagen auch selber die Massnahmen verschärft, wie vom Bundesrat vergangene Woche gefordert. Dies betrifft etwa die Maskenpflicht an Schulen wie auch Reihentests dort und eine Ausweitung der Maskenpflicht auch bei Anlässen mit Zertifikatspflicht.



Doch wie kommen die Vorschläge des Bundesrats im Einzelnen an? Die Übersicht.

Ausdehnung der Zertifikatspflicht

Die Zertifikatspflicht soll auf alle öffentlich zugänglichen Innenbereiche und Veranstaltungen sowie alle sportlichen und kulturellen Aktivitäten von Laien in Innenräumen ausgeweitet werden. Die bestehende Ausnahme für beständige Gruppen von unter 30 Personen würde wegfallen. Auch Veranstaltungen im Freien mit mehr als 300 Teilnehmenden sollen einer Zertifikatspflicht unterliegen, diese Grenze liegt momentan bei 1'000 Teilnehmenden.

Diese Massnahme ist ziemlich unumstritten, die meisten Kantone halten sie für sinnvoll. Die Bündner Regierung fordert zusätzlich, dass sie auch bei Veranstaltungen im Freien ab 100 Personen angewendet wird.

Zertifikatskontrolle beim Hallenstadion Zürich: Diese Massnahme könnte noch öfter zum Zug kommen.
Zertifikatskontrolle beim Hallenstadion Zürich: Diese Massnahme könnte noch öfter zum Zug kommen.
KEYSTONE

Ausweitung der Maskenpflicht

Für alle Innenbereiche von öffentlich zugänglichen Betrieben und Einrichtungen mit Zertifikatspflicht einschliesslich der zertifikatspflichtigen Veranstaltungen im Innern soll zusätzlich eine Maskenpflicht eingeführt werden.

Auch diese Massnahme ist unumstritten, viele Kantone haben sie schon selber eingeführt. Nur Glarus will die Maskenpflicht bei Veranstaltungen mit Zertifikatspflicht auf grosse Veranstaltungen beschränken.

Sitzpflicht in Gastronomie

Mehr Widerstand gibt es bei einer Massnahme für die Gastronomie: Dort soll eine Sitzpflicht für Konsumenten gelten. Der Verband Gastrosuisse stellt sich klar gegen «kapazitätseinschränkende Massnahmen» – ansonsten seien viele Betriebe wieder in ihrer Existenz bedroht. Er fordert Entschädigungen, sollte diese Sitzpflicht umgesetzt werden, einige Kantone wie etwa Waadt sind auf der gleichen Linie. Freiburg ist grundsätzlich dagegen.

In Solothurn dagegen gilt die Sitzpflicht bereits, Aargau führt sie ab Samstag ein. Auch die Ostschweizer Kantone begrüssen sie. Graubünden schlägt vor, die Sitzpflicht durch eine Tischpflicht zu ersetzen.



Zertifikatspflicht bei privaten Treffen

Der Bundesrat schlägt auch bei privaten Treffen ab elf Personen eine Zertifikatspflicht vor. Doch das kommt nicht gut an – fast alle Kantone lehnen ihn ab. Die Umsetzung sei unmöglich zu kontrollieren und könnte die Spaltung in vielen Familien noch vorantreiben, meinen sie.

Der Aargauer Gesundheitsdirektor fragte an einer Medienkonferenz am Donnerstag: «Wollen Sie dann in der Stube kontrollieren, ob die Schwiegermutter wirklich ein Zertifikat hat?» Zudem würde diese Massnahme vor den Festtagen die Testkapazitäten überfordern.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates empfiehlt dem Bundesrat, Zertifikate für private Treffen dringend zu empfehlen, aber sie sollen nicht verpflichtend sein.

Gültigkeit der Zertifikate

Die Gültigkeit der Zertifikate soll angepasst werden. Neu sollen PCR-Tests nicht mehr 72, sondern nur noch 48 Stunden gültig sein. Die Gültigkeitsdauer der Antigentests soll von 48 auf 24 Stunden reduziert werden.

Gemäss der Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren spricht sich eine Mehrheit der Kantone für diese Massnahme aus. Einige lehnen sie dagegen ab, weil sie die Testzentren weiter belasten würde.

Sicherheit am Arbeitsplatz

Der Bundesrat macht hier drei Vorschläge zum Arbeitsplatz: Variante 1 sieht eine Maskenpflicht für Mitarbeitende in Innenräumen vor, in denen sich mehrere Personen aufhalten. Variante 2 sieht eine Homeoffice-Pflicht für Mitarbeitende vor, die weder geimpft noch genesen sind. Variante 3 sieht eine generelle Homeoffice-Pflicht vor.

Die meisten Kantone sprechen sich für die erste Variante aus und stellen sich klar gegen eine generelle Homeoffice-Pflicht. Einige haben die Arbeitgeber aber dazu aufgerufen, wieder mehr Homeoffice zu machen.



Auch die Wirtschaftsverbände lehnen die Massnahmen ab, vor allem die generelle Homeoffice-Pflicht. Der Bundesrat sollte anerkennen, dass die Arbeitgebenden ihre Verantwortung wahrnähmen und nicht weitere Vorschriften erlassen, teilt etwa Economiesuisse mit.

Der Kaufmännische Verband Schweiz unterstützt die Wiedereinführung einer vorübergehenden Homeoffice-Pflicht. Zudem müssten der Gesundheitsschutz, die Verfügbarkeit und die Kostenübernahme von Ausrüstung und Verbrauchsmaterial für die Arbeit im Homeoffice klar zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden geregelt sein.

Repetitive Tests an Schulen

Alle Schulen der obligatorischen Schule und der Sekundarstufe II sollen repetitive Tests anbieten, schlägt der Bundesrat vor – das kommt nicht gut an. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren ist dagegen, wie auch die meisten Kantone.

Ein flächendeckendes Testobligatorium an Schulen in der ganzen Schweiz würde zu einer Überlastung der Logistik und der Labors führen, teilen etwa die Ostschweizer Kantone mit. Die Folge wären längere Bearbeitungszeiten und damit weniger aussagekräftige Testresultate, weil der Zeitraum zwischen Test und Resultat zu gross wird.

Weitere Vorschläge

Die Kantone Luzern und Graubünden wie auch die Schweizerische Bar und Club Kommission plädieren für eine 2G-Regel. Als Alternative zur Maskenpflicht soll den betroffenen Einrichtungen und Betrieben sowie Veranstaltungen die freiwillige Möglichkeit der Anwendung der 2G-Regel mit Erhebung von Kontaktdaten und Beschränkung der Personenzahl angeboten werden, so Luzern. Der Nationalrat hat dies heute Donnerstag allerdings grundsätzlich abgelehnt.

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