SAC kämpft mit ungehobelten Touristen «Immer mehr Hütten werden zu Hotels. Das wollen wir nicht»

Dominik Müller

10.9.2024

Die Oberaarjochhütte hängt wie an den Fels geklebt über dem Abgrund.
Die Oberaarjochhütte hängt wie an den Fels geklebt über dem Abgrund.
Bild: zVg

Ungehobelte Touristen machen manchen Berghütten zu schaffen: Ein Hüttenwart widerspricht diesem Narrativ und sieht auch seine Berufskolleg*innen in der Verantwortung. Er hofft auf einen Runden Tisch.

Dominik Müller

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  • Zwei Hüttenwartinnen haben sich zuletzt öffentlich über zunehmende Respektlosigkeit der Gäste beklagt.
  • Gemäss Corsin Flepp, Hüttenwart der Oberaarjochhütte, besteht indes kein generelles Touristen-Problem bei Berghütten.
  • Er sieht die Verantwortung auch bei den Betreibern, die mit Ausbauten und teuren Preisen die Ansprüche der Besucher*innen steigen lassen.

«Die Respektlosigkeit ist teilweise unfassbar», wird Edith Lehner, Hüttenwartin der Hörnlihütte am Fusse des Matterhorns, kürzlich in einem Medienbericht zitiert. Claudia Freitag, Hüttenwartin der Muttseehütte oberhalb von Linthal GL, hat wegen überhöhten Ansprüchen von Touristen nach vierjähriger Tätigkeit gar den Hut genommen.

Mangelnder Respekt und falsches Verhalten einiger Gäste als generelles Problem von Berghütten? «Nein, das darf man so nicht verallgemeinern», relativiert Corsin Flepp. Zusammen mit seiner Frau und einer Mitarbeiterin bewartet Flepp seit rund einem Jahr die SAC-Oberaarjochhütte auf 3258 Metern über Meer – noch auf Walliser Boden, aber haarscharf an der Grenze zu Bern. Seine Frau war zuvor jahrelang in der Walliser Bordierhütte tätig.

«Die vielen alpinen Berghütten in der Schweiz sind aufgrund grosser Unterschiede bei der Lage, dem Zustieg und der Grösse gar nicht miteinander vergleichbar», sagt Flepp. Dass andere Hütten unter dem Massentourismus leiden, sei durchaus ein Problem, das man angehen müsse. «Aber es gibt ganz viele Hütten, die absolut keinen Ärger mit ihren Gästen haben».

Dankbarkeit statt WLAN

Die Leute würden das ursprüngliche und einfache Flair der Oberaarjochhütte schätzen, erklärt Corsin Flepp. «Bei uns hat dieses Jahr beispielsweise kein einziger Gast nach WLAN gefragt.» Man habe fast ausschliesslich dankbare und freundliche Besucher*innen erlebt.

Dass die Situation bei anderen Berghütten weitaus angespannter ist, liegt gemäss Flepp nicht nur an den Touristen. «In den letzten Jahren wurden durch den Ausbau vieler Hütten hotelähnliche Verhältnisse geschaffen.» Das gelte auch für das Preissegment: «Wenn für viel Geld andere Standards gesetzt werden und dafür auch mehr verlangt wird, steigen natürlich auch die Ansprüche der Gäste.»

So würden auch Leute angezogen, die über keine oder wenig Bergerfahrung verfügen und nicht wissen, wie man sich in einer Hütte benimmt. «Der Massentourismus mit all seinen negativen Auswüchsen wird in die Berge geholt», sagt Flepp. Der Sinn und Zweck der alpinen Schutzhütten gingen verloren.

«Viele Hütten werden zu Hotels»

Eine Schutzhütte diente ursprünglich in unbebautem Gebiet dem Schutz vor Unwetter und starkem Schneefall und bot die Möglichkeit zur Rast. «Je länger, je mehr werden viele Hütten zu Hotels», sagt Flepp. Und zwar solche, die gleich aussehen würden wie im Tal. «Das brauchen wir in den Bergen nicht.»

Corsin Flepp hofft, dass man beim Schweizer Alpen-Club (SAC) zeitnah zu einem Runden Tisch lädt und die Herausforderungen gemeinsam debattiert. Ein möglicher Ansatz wäre für ihn die Unterscheidung zwischen Berghütten und hochalpinen Hütten. So könne besser darauf hingewiesen werden, was Gäste von ihrem Besuch und der Infrastruktur vor Ort erwarten dürfen.


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