Damenbinden an der Wand Hüttenpersonal hat die Nase voll von ungehobelten Touristen

Samuel Walder

9.9.2024

Edith Lehner, Hüttenwartin der Zermatter Hörnlihütte, muss sich tagtäglich mit respektlosen Gästen herumschlagen.
Edith Lehner, Hüttenwartin der Zermatter Hörnlihütte, muss sich tagtäglich mit respektlosen Gästen herumschlagen.
Keystone

Die Hüttenwart*innen haben genug von den Touristen. Viele benehmen sich nämlich daneben. Deswegen schliessen vermehrt Hütten. 

Samuel Walder

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Hüttenwartin Edith Lehner klagt über zunehmende Respektlosigkeit der Gäste.
  • Vermehrt bezahlen Gäste die Rechnungen nicht und verdrecken die Hütte.
  • Hüttenpersonal sorgt sich um die Schweizer Hüttentradition. 

Edith Lehner (58) aus Zermatt VS hat die Nase voll. Sie bewirtschaftet seit sechs Jahren zusammen mit ihrem Mann und einem Team von 14 Personen die Hörnlihütte, am Fusse des Matterhorns. Obwohl sie ihren Beruf liebt, klagt sie über den mangelnden Respekt einiger Gäste. «Die Respektlosigkeit ist teilweise unfassbar», sagt sie zu «Blick»

Lehner ist nicht die Einzige, die immer mehr schlechte Erfahrungen mit Gästen macht. Auch Claudia Freitag, Hüttenwartin auf der Muttseehütte über Linthal GL, hatte die Nase voll und macht kurzerhand nach vier Jahren Ende der Saison Schluss. Gegenüber den «Glarner Nachrichten» sagt sie, dass die Gäste den Unterschied zwischen einer Beiz im Tal und einer Hütte nicht kennen würden.

Die Hütten in der Schweiz versuchen den Gästen möglichst viel Komfort zu bieten. Zum Beispiel sei die Hörnlihütte (3260 m. ü. M.) mit WLAN, Duschen und gemütlichen Zimmern ausgestattet. Die Hütte kann 150 Besucher*innen beherbergen. «Wir lieben unsere Gäste, tun alles, damit sie sich so wohl wie möglich fühlen, gegebenenfalls den Gipfel des Matterhorns erreichen», sagt Lehner. Sie unterstütze die Gäste sogar bei speziellen Essenswünschen wie veganen oder glutenfreien Mahlzeiten. Bis zu 400 Mahlzeiten werden pro Tag serviert, was eine hohe Arbeitsbelastung bedeutet.

Üble Zustände in den Schweizer Berghütten

Trotz dieser Bemühungen gibt es immer wieder Gäste, die den Aufwand nicht wertschätzen. «Jeden Tag gibt es Gäste, die ohne zu zahlen verschwinden», so die Hüttenwartin. Andere hinterlassen Toiletten in einem unschönen Zustand. So muss das Hüttenteam immer wieder Exkremente neben den Toiletten putzen oder Damenbinden, die an der Wand kleben, entfernen. «Klar gehört Putzen zum Job, aber mutwillig Dreck zu machen, muss einfach nicht sein», sagt Lehner.

Auch in den Zimmern herrscht nach einem Aufenthalt Chaos. Abfall wird nicht in die Abfalleimer entsorgt, obwohl es Pflicht ist und einige Gäste benutzten den Hüttenschlafsack nicht. «Die lügen uns ins Gesicht, wenn wir nachfragen.» Dabei hat der Hüttenschlafsack gute Gründe: Er dient einerseits der Hygiene und andererseits dem Schutz der Bettwäsche, da auf den Hütten keine Waschmöglichkeit besteht.

Schweizer Hüttentradition ist gefährdet

Auch nach den Mahlzeiten muss sich Lehner über manche Gäste und ihre Sitten ärgern. Gäste sollten ihre Tische selbstständig abräumen. «Vielfach wird das Geschirr aber ganz selbstverständlich stehengelassen. Das macht dem Personal das Leben sehr schwer. Wir sind eine Berghütte und kein Hotel», sagt die Hüttenwartin. Dabei sei der Job auch schon ohne respektlose Gäste herausfordernd. 

Lehner befürchtet, dass dieser negative Trend zunehmen und langfristig dazu führen wird, dass immer mehr Hüttenwarte schliessen werden – so wie Claudia Freitag im Kanton Glarus. «Weitere werden das Handtuch schmeissen, oder es lassen sich keine Nachfolger mehr finden», sagt Lehner. Damit könnte eine lange Tradition der Schweizer Berghütten gefährdet sein.