Abstimmung über Krankenkassenprämien Eilen Linke und Gewerkschaften nun zum nächsten Sieg?

Von Alex Rudolf

4.3.2024

Freude im Ja-Lager: Volk und Stände haben der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente deutlich zugestimmt.
Freude im Ja-Lager: Volk und Stände haben der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente deutlich zugestimmt.
Quelle: Keystone

Nach dem Abstimmungskampf ist vor dem Abstimmungskampf: Dieses Jahr kommen noch weitere sozialpolitische Vorlagen an die Urne. Welche Chancen dürfen sich die Linken und Gewerkschaften dabei ausrechnen?

Von Alex Rudolf

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Sommer entscheidet das Stimmvolk über die Kostenbremse-Initiative und die Prämienentlastungsinitiative. Zudem kommt im Herbst das Referendum zur BVG-Reform an die Urne.
  • Kann die Linke den Schwung aus dem Sieg in der Abstimmung zur 13. AHV-Rente mitnehmen?
  • Experten und Medien ordnen ein, wie die Schweiz im kommenden Abstimmungsjahr entscheiden wird.

Das deutliche Ja zur 13. AHV-Rente ist eine schallende Ohrfeige für bürgerliche Parteien und die Arbeitgeber-Verbände sowie Economiesuisse. Mit 58,2 Prozent sagte das Schweizer Stimmvolk Ja zu einer zusätzlichen AHV-Rente für Seniorinnen und Senioren.

Und in diesem Jahr geht es gleich weiter mit sozialpolitischen Vorlagen. Am 9. Juni stimmt die Bevölkerung über die Prämienentlastungsinitiative der SP wie auch über die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei ab.

Erstere fordert, dass nicht mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgegeben werden sollen. Erreicht werden soll dies mit einer Deckelung der Krankenkassenprämien. «Das schützt nicht nur Personen mit kleinen Löhnen vor Kaufkraftverlust, sondern vor allem auch Familien, Rentner-Paare und Personen mit durchschnittlichen Einkommen», heisst es auf der Webseite der Initiant*innen.

Im Herbst kommt die Vorlage zur BVG an die Urne

Auch die Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei fordert weniger Gesundheitskosten. So sollen Bundesrat, Parlament und Kantone eingreifen, wenn die Gesundheitskosten im Vergleich zur Lohnentwicklung zu stark steigen. «Damit werden die längst bekannten und guten Sparvorschläge endlich umgesetzt und dem Prämienwachstum ein Riegel vorgeschoben», so schreibt es das Initiativ-Komitee.

In der zweiten Säule, der beruflichen Vorsorge, tut sich ebenfalls etwas. Das Parlament beschloss im März 2023 eine Reform, die eine Senkung des Umwandlungssatzes, eine Verstärkung der Sparprozesse und einen Rentenzuschlag für Übergangsgenerationen vorsieht. Hier ergriffen die Linken erfolgreich das Referendum – im Herbst soll darüber abgestimmt werden.

Wird nun der Wille der Linken und der Gewerkschaften auch bei den aufgelisteten Vorlagen umgesetzt? Dies, obwohl sie ebenfalls Milliarden kosten dürften?

«Die Chancen der Prämienentlastungsinitiative sind durchaus intakt. Der grosse Effekt dieses Abstimmungssonntags für die kommenden Jahre wird wohl sein, dass die Bürgerlichen im Parlament mehr Kompromisse mit den Linken eingehen werden müssen», sagte Politologe Oliver Strijbis am Abstimmungssonntag zu blue News.

Hohe Kosten schrecken dennoch ab

Auch bei den kommenden Vorlagen werde das klassische Links-Rechts-Schema durchbrochen, wie etwa der «Blick» schreibt. Dennoch bleiben die Hürden hoch, da die hohen Kosten der Prämienentlastungsinitiative viele abschrecken würden.

Darüber hinaus liege ein indirekter Gegenvorschlag vor, der zusätzliche 350 Millionen Franken für die Prämienverbilligungen vorsieht. «Und diesmal werden sich Wirtschaft und Bürgerliche auch kampagnenmässig nicht auf dem falschen Fuss erwischen lassen», schreibt der «Blick» weiter.

Die Initiative greife bei jenem Thema an, das den Leuten besonders unter den Nägeln brennt, konstatiert «Watson». Nämlich den stetig steigenden Krankenkassenprämien. «Ein weiteres Ja ist deshalb realistisch.» So würden die pensionierten Babyboomer die Schweizer Politik auf Jahre hinaus prägen.

Im Podcast des «Tages-Anzeigers» geht man davon aus, dass nun dieselbe Diskussion nochmals geführt werden könne. Nachdem die ältere Generation einen Zustupf erhalten hat, könnten nun die jungen Familien, die alleinerziehenden Mütter und die Jungen mit der Prämienentlastungsinitiative an der Reihe sein.

Unheilige Allianz bei der Pensionskasse?

Bei der Pensionskassen-Reform würden die Linken und Gewerkschaften die besseren Karten in der Hand halten, wie eine Sotomo-Umfrage zeigt. Hier votieren 56 Prozent für ein Nein und 33 Prozent für ein Ja – der Rest ist noch unentschlossen.

Hier könne sich eine «unheilige Allianz» zwischen den Gewerkschaften und Teilen des Gewerbes formen, schreibt der «Blick». Denn während die Gewerkschaften kritisieren, dass zusätzliche Abgaben tiefere Renten bewirken würden, befürchtet das Tieflohn-Gewerbe zusätzliche Lohnkosten.