Streit um TherapienBund will bei Gesundheit sparen – Hersteller stellen sich quer
Sven Ziegler
14.1.2025
Das Schweizer HTA-Programm, das unnötige medizinische Leistungen aus der Grundversicherung streichen soll, erfüllt die Erwartungen nicht. Das liegt auch am Widerstand der Hersteller.
Sven Ziegler
14.01.2025, 07:40
14.01.2025, 08:35
Sven Ziegler
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Das HTA-Programm erzielt jährlich nur 25 Millionen Franken Einsparungen statt der geplanten 180 bis 220 Millionen Franken.
Widerstand von Herstellerfirmen und Fachgesellschaften verzögert oder verwässert die Massnahmen erheblich.
Die Eidgenössische Finanzkontrolle fordert eine stärkere Fokussierung auf Massnahmen mit hohem Sparpotenzial.
Das Schweizer Gesundheitswesen hat ein enormes Sparpotenzial, doch ein zentrales Instrument zur Kostendämpfung wird nur unzureichend genutzt.
Das sogenannte HTA-Programm (Health Technology Assessment), das seit 2015 im Bundesamt für Gesundheit (BAG) läuft, sollte unnötige medizinische Leistungen aus der Grundversicherung streichen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Doch wie eine Untersuchung der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zeigt, bleiben die erzielten Einsparungen weit hinter den Erwartungen zurück.
Internationale Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent der Gesundheitsausgaben westlicher Länder eingespart werden könnten, ohne die medizinische Versorgung zu verschlechtern. In der Schweiz hoffte man, mit dem HTA-Programm jährliche Einsparungen von 180 bis 220 Millionen Franken zu erzielen. Tatsächlich wurden in den letzten vier Jahren jedoch durchschnittlich nur 25 Millionen Franken pro Jahr eingespart – ein Bruchteil der ursprünglichen Prognosen.
Laut der EFK liegt dies vor allem daran, dass zu wenige Verfahren durchgeführt werden und der Widerstand von Stakeholdern wie Herstellerfirmen, Fachgesellschaften oder Patientenorganisationen hoch ist. Statt der geplanten 18 bis 22 Prüfungen pro Jahr gab es zuletzt nur 5 bis 11. Zudem verzögern Einsprachen und Gerichtsverfahren die Umsetzung.
Streit um unwirksame Therapien
Die grössten Einsparungen wurden bisher bei medizinischem Cannabis und Vitamin-D-Tests erzielt, wo der Widerstand der Akteure geringer war. Beide Massnahmen brachten zusammen über 80 Millionen Franken ein.
Dagegen blockieren laufende Beschwerdeverfahren Projekte wie die Eisentherapie bei Eisenmangel ohne Blutarmut. Eine Umstellung auf Tabletten statt Infusionen könnte bis zu 102 Millionen Franken jährlich sparen, bleibt jedoch seit zehn Jahren ohne Ergebnis.
Ein weiteres langjähriges Problem ist die Kniearthroskopie, eine oft unnötige Behandlung bei nicht unfallbedingten Beschwerden. Während der Eingriff in Ländern wie Deutschland längst eingeschränkt wurde, kostet er das Schweizer Gesundheitssystem weiterhin bis zu 70 Millionen Franken jährlich.
Bedarf an Optimierung
Die EFK erkennt Fortschritte im Vergleich zu 2019, etwa schnellere Prozesse und die stärkere Einbeziehung ausländischer Erkenntnisse. Dennoch bleibt die Anzahl der Verfahren zu gering, und das Potenzial des HTA-Programms wird nicht ausgeschöpft. «Wir werden die Entwicklung in drei bis vier Jahren erneut überprüfen», kündigt Martin Köhli von der EFK an.
Um die Gesundheitsausgaben tatsächlich einzudämmen, müsse das BAG mehr Themen für HTA-Verfahren identifizieren und den Output steigern. Denn angesichts der jährlich über 40 Milliarden Franken in der Grundversicherung und eines Kostenwachstums von bis zu zwei Milliarden Franken pro Jahr bleibt der bisherige Erfolg des HTA-Programms marginal.
Kampf gegen die Wüste – So wollen China und Afrika ihr Land vor dem Sand retten
China steht vor einer gigantischen Aufgabe: Bis 2050 will es seine Wüsten mit einem Grüngürtel aus Bäumen umgeben haben. Ende November 2024 feierte das Projekt einen Teilerfolg. Und in Afrika ist die Sahara angezählt.