Parallelen zur UBS-Pleite Muss am Ende der Bund die Credit Suisse retten?

Von Stefan Michel

3.10.2022

Die Beteuerungen der Credit Suisse, sie stehe auf sicherem Fundament, überzeugen die Anleger*innen weniger und weniger.
Die Beteuerungen der Credit Suisse, sie stehe auf sicherem Fundament, überzeugen die Anleger*innen weniger und weniger.
KEYSTONE

Die Credit Suisse ist in Schieflage, die Aktie fällt weiter. Expert*innen vermuten, dass die Grossbank bald in Zahlungsnot geraten könnte. Die Parallelen zur UBS in der Finanzkrise seien unverkennbar.

Von Stefan Michel

Die Credit Suisse liefert seit Monaten mehrheitlich schlechte Nachrichten. Und jede weitere erhöht die Sorge der Anleger*innen. Nun macht sich gar die Angst breit, die Credit Suisse könnte zahlungsunfähig werden.

Gemäss «Financial Times» haben ganze Teams der Grossbank das vergangene Wochenende damit verbracht, die wichtigsten Investoren und Kundinnen der Bank zu beschwichtigen und bei der Stange zu halten. Am Montag verlor die CS-Aktie zeitweise mehr als 10 Prozent ihres verbliebenen Werts und erreichte einen Allzeit-Tiefststand.

Ein schlechtes Zeichen ist der Preis für sogenannte Credit Default Swaps (CDS) der CS. Mit diesen Wertpapieren sichern Anleger*innen der Credit Suisse ihr Risiko ab. Das bedeutet: Je teurer diese Papiere gehandelt werden, desto höher schätzen die Investor*innen die Gefahr eines Zahlungsausfalls der CS ein. Und die CDS für die Credit Suisse sind sehr teuer geworden.

Milliarden an faulen Krediten

Vor Kurzem gab Oswald Grübel, der ehemalige CEO der Credit Suisse (2003 bis 2007) und der UBS (2009 bis 2011), der «Handelszeitung» ein Interview. Titel: «Es kann nur noch aufwärts gehen.» Das Branchenportal «Inside Paradeplatz» interpretiert die Schützenhilfe des Ex-CEOs als weiteren Hinweis darauf, wie schlecht es um die Grossbank stehen müsse.

Dann listet das in Bankangelegenheiten gut informierte Medium auf, wo die Probleme der Credit Suisse liegen: Die besten Mitarbeitenden würden kündigen und die Bank sitze auf «Bergen an toxischen Anlagen». Diese seien möglicherweise viel grösser als vermutet.

Die «Financial Times» schreibt zu diesem Punkt, Investor*innen und Anleger*innen fürchteten, die Investmentbank der CS könnte teure Verbindlichkeiten versteckt haben.

Die Credit Suisse macht auch die Börsen im EU-Raum nervös: So fielen die beiden Aktienindizes Dax und Euro Stoxx 50 am Montag um jeweils rund 1 Prozent auf 12'023 respektive 3288 Punkte. Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses Ava-Trade, sagte laut «Frankfurter Allgemeiner Zeitung», dass die Causa CS die Investoren nervös machten. Ihn erinnere die Situation stark an das Jahr 2007, als die ersten Vorzeichen der internationalen Finanzkrise aufzogen.

Die Credit Suisse betont unterdessen, ihre Kapitalbasis und Liquidität seien solide, der Aktienkurs spiegle dies nicht wider. Die Anleger*innen hat das bislang nicht beruhigt, auch wenn sich der Kurs der CS-Aktien im Verlauf des Tages leicht erholt hat. Seit Anfang September haben die Papiere der Grossbank 25 Prozent ihres Werts verloren. Der Wert des Unternehmens ist seit 2019 von 32 Milliarden auf unter 10 Milliarden Franken gefallen.

«Inside Paradeplatz» zieht bereits Parallelen zur Situation der UBS 2008. Zur Erinnerung: Die Grossbank hatte sich damals im US-Hypothekenmarkt massiv verspekuliert. Konkurrentin Credit Suisse habe im grossen Stil Leveraged-Buyout-Geschäfte finanziert, Kredite für Firmenübernahmen, die nun nicht zurückgezahlt werden. Laut «Inside Paradeplatz» sitzt die CS auf Dutzenden Milliarden solcher Kredite, die sie nicht mehr loswerde.

Braucht es eine Bad Bank?

Die «Financial Times» macht nun die Aufspaltung des Investment-Bank-Geschäfts der CS zum Thema. Eine Möglichkeit, die Bank zu stabilisieren, sei, deren faule Kredite an eine «Bad Bank» auszulagern.

Diese Bad Bank war im Fall der UBS 2008 der Bund. Auch «Inside Paradeplatz» sieht die Zeit für eine Bad Bank gekommen, welche die wertlosen Kredite übernimmt.

Die Frage ist, wer für die Ausfälle geradesteht. «Inside Paradeplatz» berichtet, die Grossaktionäre aus den USA und dem Nahen Osten seien nicht bereit dazu. Das Portal prophezeit bereits: «Kommt es zum Äussersten, muss wohl Bern zusammen mit der SNB [der Schweizerischen Nationalbank] die CS stabilisieren.»

Offiziell spricht niemand von der Rettung der CS durch den Bund. Deutlich wird aber, dass die Bank grösste Mühe haben wird, aus eigener Kraft zu einer ausgeglichenen Bilanz zurückzufinden.