Late Night USAWie Trump in meiner Abwesenheit die Welt unterhalten hat
Von Philipp Dahm
10.9.2019
«Late Night USA» ist zurück: Seth Meyers nimmt für uns die jüngsten Fauxpas von Donald Trump auseinander – und überhaupt ist jede Menge Material angefallen, über das es sich zu lästern lohnt.
Irgendwie haben alle Pause gemacht. Erst waren die Late-Night-Talker offline, dann hatte der Verfasser dieser Zeilen Ferien – und Donald Trump? Machte natürlich nahtlos weiter, so wie man ihn kennt.
Insofern wird es Zeit, dass die amerikanischen Showmaster (und Schweizer Schreiberlinge) versuchen, den ganz normalen Wahnsinn im Weissen Haus in Form zu bringen und ihn aufzubereiten: Willkommen (zurück) bei «Late Night USA»! «Der anhaltende präsidiale Urlaub von der Realität hat sich heute Morgen auf Twitter fortgesetzt», beginnt Seth Meyers seinen Monolog in seiner «Late Night»-Show beim Sender NBC. Beispiele liefert Meyers gleich mit:
«In den letzten Tagen hat der Präsident einen gestörten Streit mit [Musiker] John Legend und [Model] Chrissy Teigen angezettelt, ein Gremium des Repräsentantenhauses untersucht die Anmietung von Trump-Immobilien in Schottland durch das US-Militär, und der Präsident hat überparteilichen Zorn erregt, als er die Taliban wenige Tage vor dem 9/11-Jahrestag nach Camp David eingeladen hat, [nur um] die monatelangen Verhandlungen dann doch abzubrechen und das Treffen abzusagen.»
....A man named @VanJones68, and many others, were profusely grateful (at that time!). I SIGNED IT INTO LAW, no one else did, & Republicans deserve much credit. But now that it is passed, people that had virtually nothing to do with it are taking the praise. Guys like boring.....
.....the importance or passage of Criminal Justice Reform. They only talk about the minor players, or people that had nothing to do with it...And the people that so desperately sought my help when everyone else had failed, all they talk about now is Impeaching President Trump!
Meyers fährt fort: «Er hat den früheren Gouverneur von South Carolina, Mark Sanford, angegriffen, der in den Vorwahlen [der Republikaner] gegen ihn antreten will, indem er die Leute daran erinnert hat, dass Sanford eine Affäre mit einer Frau aus Argentinien hatte.» Dabei tweetet Trump etwas über eine «flammende Tänzerin», was laut Seth Meyers eigentlich «Flamingo Tänzerin» hätte heissen sollen, was irgendwo zumindest in der Nähe des Wortes «Flamenco Tänzerin ist». Nur leider ist jene Geliebte auch das nicht – aber was kümmern den Präsidenten auch die Details?
Zumal Donald Trump diese Geschichte nicht zum ersten Mal falsch wiedergibt: Als Sanford 2009 – also vor sage und schreibe ZEHN JAHREN – seine Affäre kaschieren wollte, redete sich der Republikaner damit heraus, dass er den Appalachen-Weg, jene Fernwander-Route im Osten der USA, abgelaufen sei. Darauf reitet Trump gern herum, nur haut er dabei immer genauso gern etwas durcheinander. Die Ausschnitte ab Minute 1:53 zeigen, wie er immer wieder vom Tallahassee-Wanderweg spricht.
Deutlich zielgerichteter ist der betagte New Yorker, wenn es um das eigene Portemonnaie geht. Erst wurde bekannt, dass Trump seinem Vize Mike Pence «vorgeschlagen» hat, während dessen Irland-Visite in einem Trump-Hotel zu übernachten, obwohl dieses 290 Kilometer von Dublin entfernt liegt – dort hatte Pence die Gespräche zu führen.
Und am Freitag folgte dann ein Bericht, laut dem Air-Force-Angehörige in einem Trump-Hotel nahe Glasgow genächtigt hätten: Sie seien auf einem Flug mit einer C-17 mit dem Ziel Naher Osten gewesen und ein solcher Zwischenstopp sei eigentlich überhaupt nicht eingeplant gewesen. Als die Demokraten daraufhin prompt eine Untersuchung ankündigten, dementierte der Präsident natürlich: via Twitter.
I had nothing to do with the decision of our great @VP Mike Pence to stay overnight at one of the Trump owned resorts in Doonbeg, Ireland. Mike’s family has lived in Doonbeg for many years, and he thought that during his very busy European visit, he would stop and see his family!
I know nothing about an Air Force plane landing at an airport (which I do not own and have nothing to do with) near Turnberry Resort (which I do own) in Scotland, and filling up with fuel, with the crew staying overnight at Turnberry (they have good taste!). NOTHING TO DO WITH ME
«Du kannst nicht in Grossbuchstaben twittern ‹DAS HAT NICHTS MIT MIR ZU TUN›, wenn du gerade zugegeben hast, dass sie in deinem Hotel waren und dann noch in Klammern dazuschreiben, ‹Sie haben guten Geschmack›. Das ist, als wenn man dabei gefilmt wird, wie man einen Laden überfällt und sagt: ‹Das bin nicht ich, aber wer auch immer das ist: Er sieht sehr gut aus›.»
Und jetzt kommt's knüppeldick – denn: Nicht einmal Justizminister William Barr scheint die Trennung von Amt und Geschäft ernst zu nehmen: Jener William Barr hat nämlich eine 30'000 Dollar teure Party in einem Trump-Hotel in Washington DC geschmissen. Und wie reagiert Trump, der 73-Jährige? Lässt die Kritik einfach an seinem prallen Körper abprallen: Ab Minute 4.42 bekundet er einerseits, er sei in die Buchungen nicht involviert, andererseits sagt er: «Nur insofern, als dass es ein grossartiger Ort ist.»
Oder: «Es ist wunderschön [dort], es ist wundervoll.» Oder: «Ich habe viele Hotels überall auf der Welt, und die Leute gehen hin, weil es die besten sind. Es sind die Besten. Die Leute mögen meine Produkte. Was soll ich sagen? Ich kann nichts dagegen tun. Ich denke, sie sagen: ‹Wir wollen an einem Ort übernachten, der besser ist als anderswo.›»
Dann schneidet Meyers ein Thema an, «über das wir nicht weiter reden wollen». Denn schon die ganze vergangene Woche hat sich der US-Präsident zum Affen gemacht, als er fälschlicherweise sagte, der Hurrikan Dorian bedrohe auch den US-Bundesstaat Alabama.
Prompt widersprach der nationale Wetterdienst, dort bestünde keine Gefahr. Stellen Sie sich einfach einmal vor, in Ihrem Heimatort wird die Nachricht verbreitet, die Welt ginge unter – und dann passiert das gar nicht.
Doch statt es auf sich beruhen zu lassen, gab Trump Pressekonferenzen und behauptete dort steif und fest, erste Vorhersagen hätten sehr wohl auch Gefahr für Alabama gesehen – Trump unterstrich seine Eingebung, indem er eine Wetterkarte dilettantisch mit einem Edding-Filzstift manipulierte.
«Wir wären happy, wenn wir das einfach als eine von Millionen dummer Sachen, die Trump gemacht hat, unter den Tisch hätten fallen lassen können. Wir haben am Donnerstag drüber gesprochen, hatten ein paar Tage frei und dachten, wir wachen [am Montag] auf, und es gibt einen neuen Tag mit frischen Verbrechen und flammenden Tänzern, doch Trump redet weiter drüber.» Der «schwitzende Spinner» bestehe einfach immer darauf, recht zu haben, indem er permanent tweete oder mit dem Finger auf seinen Kopf deute, um zu zeigen, wie klug er sei.
Der Wetterdienst in Alabama habe ebenfalls auf Twitter gegenhalten müssen, weil sich viele besorgte Bürger gemeldet hätten – doch anstatt diese endlich zu beruhigen, habe Trump an seiner Version festgehalten, so Meyers. «Es ist, als würde er in einem Theater in einer Menge stehen und ‹Feuer› brüllen. Dann sagt ein Angestellter des Theaters: ‹Beruhigt euch, es gibt kein Feuer›. Anstatt sich zu entschuldigen, nimmt er Benzinkanister, Streichholz und sagt: ‹Nun, jetzt gibt es eins!›»
Gefährlich sei vor allem, dass nun auch andere Ministerien Trumpsche Fabel erzählten: Wetterdienst-Angestellten wurde mit Entlassung gedroht, sie dürften zudem nichts tweeten, was dem Präsidenten und seiner Edding-Karte widerspräche.
Lügen ist inzwischen einfach Usus geworden im Weissen Haus: Bezeichnend ist der Ausschnitt ab Minute 9.09, als der Republikaner Roy Blount im TV über Trumps Glaubwürdigkeit spricht – eine kurze Sprechpause sagt mitunter wirklich mehr als tausend Worte.
Zur Not deuten Anhänger wie der «Fox»-Moderator im Ausschnitt ab Minute 10.20 das Offensichtliche einfach um: Trump lügt? Nein, sagt der Mann vom Lieblingssender des Präsidenten. «Er übertreibt und dreht [die Sachen ein wenig].»
Das seien aber bloss andere Ausdrücke fürs Lügen, findet Meyers. Er verweist darauf, dass zumindest auch die Briten ein Faible dafür hätten, Trottel ins Amt zu hieven. Ab Minute 11.10 wird das mit lustigen Boris-Johnson-Ausschnitten belegt.
Meyers schliesst mit einem Satz, der einem den Ernst der Lage in Erinnerung ruft: «Trumps Krieg gegen die Realität hat für reale Menschen reale Konsequenzen.»
Late Night USA – Amerika verstehen
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