Late Night USA Trump nicht willkommen – El Paso wehrt sich gegen Präsidentenbesuch

Von Philipp Dahm

7.8.2019

Ein Präsident bringt Stephen Colbert zum Heulen – aber Trump ist es nicht.
Ein Präsident bringt Stephen Colbert zum Heulen – aber Trump ist es nicht.

Donald Trump besucht am heutigen Mittwoch Dayton und El Paso. Doch gerade an der Grenze zu Mexiko wird der Präsident mit einem frostigen Empfang rechnen müssen, weiss das Late-Night-TV.

«Das Land, man kann es da draussen fühlen, ist immer noch geschockt von den Schiessereien vom Wochenende», leitet Stephen Colbert den Monolog seiner «Late Show» ein.

«Einer der entmutigenden Aspekte jeder dieser Tragödien, von denen es viel zu viele gibt, ist, wie vorhersehbar jede Phase sein wird. Es gibt einem das Gefühl, man erlebe dieselbe Tragödie immer wieder.»

Worauf der Moderator hinaus will?

«Eine der Phasen in diesem tragischen Kreislauf ist diejenige, in der der Präsident die Gemeinschaft besucht, die von der Gewalt zerrüttet worden ist. Zum Beispiel fährt der Präsident [am Mittwoch] nach El Paso, aber hier ist etwas anders: Man denkt, er sollte nicht kommen», sagt Colbert und zeigt ab Minute 0:45 einen Ausschnitt, in dem die demokratische Abgeordnete Veronica Escobar aus El Paso erklärt, Donald Trump sei in der Stadt nicht willkommen: «Weil wir trauern.»

Colbert kommentiert bissig: «Es sagt schon viel über Führungsqualitäten aus, wenn eine Stadt, die nach einer entsetzlichen Tat trauert, denkt, man zieht die Stimmung runter.»

Escobar begründet ihre Aussage mit der rassistischen Rhetorik des Präsidenten. «Ich möchte die Mitarbeiter des Präsidenten ermutigen, ihm nahezulegen, mal ein wenig in sich zu gehen.» Colbert zeigt ab Minute 1:20, wie er sich das bei Donald Trump vorstellt: «Hey, was hat zwei Daumen und ist bereit, ein paar Immigranten zu dämonisieren???»

Fleischig: Colbert macht auf Trump.
Fleischig: Colbert macht auf Trump.

Es sei aber auch kein Wunder, dass Trump in El Paso nicht willkommen ist, findet Colbert: Im Manifest des Amokläufers spiegelt sich laut «New York Times» die Sprache des Präsidenten wider. «Das ist empörend», wirft der gebürtige Washingtoner ein, «dass man das, was Trump redet, eine Sprache nennt.»

Einer, der Trump keine Steine in den Weg legen kann, ist El Pasos (republikanischer) Bürgermeister Dee Margo – aber den roten Teppich ausrollen, das tut auch dieser nicht gerade, wie der Ausschnitt ab Minute 2:02 beweist: «Das Büro des Bürgermeisters von El Pasos heisst als offizielles Amt das Büro des Präsidenten der Vereinigten Staaten willkommen. Das betrachte ich als meine formale Pflicht.»

Die demokratische Abgeordnete Escobar sagt, Trump sei in El Paso nicht willkommen.
Die demokratische Abgeordnete Escobar sagt, Trump sei in El Paso nicht willkommen.

Trump und sein Team nehmen es mit der Pflicht dagegen scheinbar nicht so genau: Man schuldet der Stadt noch viel Geld wegen einer Wahlkampfveranstaltung vom Februar. Aus 470'000 Dollar sind mit Zinsen schon über 500'000 Dollar geworden, doch die Anrufe der Stadtväter werden bisher einfach überhört. Auch höfliche Briefzeilen helfen nicht: «Wir kontaktieren Sie wegen der unbeantworteten, oben aufgeführten Anrufe. Wir verstehen, dass es sich um ein Versehen Ihrerseits handeln könnte.»

Colberts Reaktion: «Nope! Trump ist bekannt dafür, niemanden zu bezahlen. Doch es ist nicht so, dass er kein Geld hat: Im zweiten Quartal dieses Jahres haben er und sein Team 105 Millionen Dollar Spenden gesammelt. Als Trump das letzte Mal so viel Geld hatte, kam es von einem nebulösen Spender namens Papa. »

Wenn die «Late Show» Bilder einblendet, versieht Colbert sie stets mit lustigen Beinamen. Hier Barack Obama oder der Typ, der vor vor drei Minuten deinen Namen vergessden hat u
Wenn die «Late Show» Bilder einblendet, versieht Colbert sie stets mit lustigen Beinamen. Hier Barack Obama oder der Typ, der vor vor drei Minuten deinen Namen vergessden hat u

Als Colbert daraufhin auch noch auf Barack Obama zu sprechen kommt, bricht das Publikum in Jubel aus. «Ich weiss, ich weiss …», lacht der Moderator sodann, «Ihr erinnert euch an ihn, nehme ich an?!» Dann tut Colbert so, als müsse er weinen: «Papa, komm zurück, lass mich nicht mit dem bösen Mann allein.»

Warum der Rückgriff auf Obama? Ohne Namen zu nennen, hatte der Ex-Präsident in Reaktion auf die Attentate auf Twitter den Ton in der Politik kritisiert – dieser befördere solche Taten. 

Colbert an Obama: «Papa, komm zurück!»
Colbert an Obama: «Papa, komm zurück!»

«Um wen geht es wohl?», fragt Colbert rhetorisch und zeigt ab Minute 6:40, wie beim Sender «Fox» über Obamas Tweet geredet wird. Da sagt der Moderator, dass Obama von seinen Vorgängern auch nicht angegriffen worden sei, als in dessen Amtszeit an der Sandy Hook Grundschule (Newtown, Connnecticut) ein Amoklauf passiert wäre. «Jetzt sagen viele Leute: Wow, Präsident Obama ist ausser Kontrolle», endet die «Fox»-Szene.

«Moment, warum tut Ihr so beleidigt?», fragt wiederum Colbert. «Obama hat nicht gesagt, dass Trump der Rassist ist.» Triumphierend fügt er hinzu: «Ihr habt das gerade getan! Es war eines der wenigen Male, dass Ihr vor laufender Kamera Fakten benannt habt.»

Colbert: Obama nennt keine Namen, aber Ihr, «Fox», nennt Trump vor laufender Kamera Rassist.
Colbert: Obama nennt keine Namen, aber Ihr, «Fox», nennt Trump vor laufender Kamera Rassist.

Trump selbst hat zuletzt andere Prioritäten gesetzt: Nachdem «Fox» zwei Google-kritische Sendungen zeigte, tweetete der Präsident gleich entsprechende Tiraden, die Colbert ab Minute 7:55 aufs Korn nimmt.

Doch Donald Trumps jüngster Tweet kam wohl zu spät, um noch in Colberts  Show abgehandelt zu werden. Der Präsident äusserte sich doch noch mal zu El Paso – notabene nur im Zusammenhang mit einem Angriff auf den politischen Gegner.

Beto O'Rourke hatte zuvor deutlich Zusammenhänge zwischen der Rhetorik aus dem Weissen Haus und den Amokläufen in Dayton und El Paso Stellung hergestellt – und dies hat Trump ganz offensichtlich sehr wütend gemacht.

Der Tweet des 73-Jährigen hat dann auch einen gänzlich anderen Stil als jener Obamas: «Beto (Schein-Name, um spanische Wurzeln anzudeuten), der blamiert wurde, weil ich ihn bei meinem letzten Besuch im grossartigen Staate Texas zurechtgewiesen habe, und der jetzt noch mehr blamiert wird, weil er bei den demokratischen Vorwahlen unter einem Prozent liegt, sollte die Opfer & Einsatzkräfte ehren – und still sein!»

Late Night USA – Amerika verstehen

50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

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